Attack on Titan Serienkritik: Titanischer Volltreffer

Gastautor 9. April 2017 0
Attack on Titan Serienkritik: Titanischer Volltreffer

Von Bianca Herzberg. „Seid ihr das Essen? Nein, wir sind die Jäger“ schmettert das Serienintro und setzt damit den Ton für den Anime Attack on Titan. Der Anime basiert auf dem gleichnamigen Manga von Hajime Isayama und wird seit 2009 publiziert. In Japan ist Attack on Titan als viertmeistgekaufter Manga 2016 ein riesiger Erfolg. Auch den Westen konnte die Serie erobern – taucht dieser Titel doch immer wieder an der Spitze der New York Times Manga Best Sellers Liste auf. Die Fans freuen sich, denn  seit dem 1.April wird in Japan die zweite Staffel ausgestrahlt. Zeit, einen genauen Blick auf die erste Staffel zu werfen, die seit Oktober 2016 auch in Deutschland im Laden steht.

Die Menschheit ist nahezu ausgelöscht. Die Reste müssen sich hinter drei riesigen, ineinander geschachtelten Mauern vor ihrem Feind verstecken – den Titanen. Die Titanen sind menschenähnliche Wesen, die mitunter die Größe von ganzen Gebäuden erreichen und entsetzliche Gesichtszüge tragen. Ihr einziges Ziel – so scheint es – ist das verschlingen von Menschen. Obwohl wie ein Vogel im Käfig, lebt das Überbleibsel der Menschheit relativ friedlich hinter den Mauern.  Bis zu dem Tag, als zwei Titanen die äußerste Mauer durchbrechen und einen Angriff auf die letzte Bastion der Menschen anführen. In dem nun folgenden Massaker sieht der Hauptprotagonist Eren Jäger mit an, wie seine Mutter verspeist wird und seine Heimatstadt in Schutt und Asche gelegt wird. Dies motiviert ihn und seine Kindheitsfreunde Armin Alert und Mikasa Ackermann, sich dem Militär im Kampf gegen die Titanen anzuschließen, um eines Tages frei zu sein. Diese Freiheit liegt außerhalb der nunmehr zwei verbliebenen Mauern, in einem Dasein ohne die stets präsente und erdrückende Angst vor Titanen.

Abgesehen von seinem traumatischen Erlebnis zeichnet sich Eren durch Dickköpfigkeit und extreme Wut auf die Titanen aus. Mikasas Rolle im Anime ist die der starken Kämpferin. Armin verkörpert den körperlich schwachen, aber überaus intelligenten und taktisch denkenden Charakter. Armin kann mich in diesem Trio am wenigsten als Charakter überzeugen. Er wirkt wie das stereotype körperlich schwache, aber schlaue Kind und trägt wenig individuelle Züge.

Im Serienintro heißt es großspurig „Nein, wir sind die Jäger“, doch die Realität in der Serie sieht anders aus: Es dauert bis zum Finale der ersten Staffel, bis Eren und seine Freunde sich nur annährend zum Jäger emanzipieren und keine kopflos fliehende Beute mehr sind. Doch gerade dieser immense Kräfteunterschied hält die Spannung aufrecht.

Auf die Riege an Nebencharakteren gehe ich nicht weiter ein, da nahezu alle von ihnen auf der Abschussliste stehen können. Die Nebencharaktere sind zudem mein größter Kritikpunkt. Zu viele von ihnen werden als Soldaten in kurzer Zeit auf die Zuschauer geworfen, bloß um noch schneller wieder von den Titanen dezimiert zu werden – und das trotz einer militärischen Ausbildung. Der Schock gelingt durch die hohe Todesrate, aber emotional habe ich wenig mitempfunden, da zu wenig Zeit blieb, um mich mit den Charakteren anzufreunden.

Das Animationsstudio WIT Studio hat sich der Geschichte um Eren Jäger angenommen und in detailreichen, flüssigen Bildern umgesetzt. Insbesondere die Action – und Kampfszenen sind spektakulär animiert! Egal, ob Soldaten in der Manier von Spiderman zwischen Häusern entlangfliegen oder riesige menschliche und doch deformierte Körper aufeinander losgehen. Die Stunts sind gelungen und trotz der rasanten Abfolge verliere ich nicht den Überblick über das (Kampf-)Geschehen.

Wer nun erwartet, die Handlung existiert lediglich, um die Charaktere von einem spektakulären Kampf zum nächsten zu bewegen, irrt sich gewaltig. Isayama legt eine bis ins Detail durchdachte Erzählstruktur vor mit Twists und Cliffhangern, die mich als Zuschauer ungläubig auf den Stuhlrand haben sitzen lassen: Ein Nahtoderlebnis des Protagonisten Eren Jäger gipfelt in einer Wendung, die alles ändert. Für ihn, für die Chancen der Menschheit, aber auch für die Titanen mit ihrem vermeintlichen Ursprung. Zudem sind die Schockmomente äußerst spannend und wirkungsvoll inszeniert. Szenen, in denen ein Titan sichtbar genüsslich lebendige Elite-Soldaten „snackt“, gehören nicht zur Seltenheit. Die begleitende Musik des Anime ist mir insbesondere in diesen Szenen aufgefallen und steigert Spannung und Schock noch weiter. Bleibt die Musik ansonsten eher im Hintergrund, die Serienintros tun es nicht. Insbesondere das erste Intro „Feuerroter Pfeil und Bogen“ der Band Linked Horizon ist episch, düster und vorwärtsdrängend; es fängt die Atmosphäre des Anime gut ein. Kurioserweise besitzt es als japanisches Intro deutsche Liedzeilen.

Wenn ich an die Serie zurückdenke, dann dominiert das Gefühl der Ohnmacht bei der nahezu totalen Übermacht der Titanen. Doch im vollen Bewusstsein der geradezu tödlichen Aussichten, greifen die Protagonisten zum Schwert und stürzen sich in den Kampf. Für die geringe Chance, eines Tages frei zu sein. Mit diesem Rezept hat mich der Anime auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt, die ich nicht so schnell vergessen werde. Attack on Titan tut genau das fabelhaft, was es tun soll: unterhalten.

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