Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans (2009): Kritik

Lida Bach 17. September 2016 1
Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans (2009): Kritik

Werner Herzogs packender Hardboiled-Krimi ist kein Remake Abel Ferraras gleichnamigen Films, sondern ein düsteres Vorspiel, inspiriert von dessen Handlung. Sintflutartiger Regen geht über das New Orleans des Films nieder, als stünde eine zweite Hurricankatastrophe bevor. Eine Natter, die sich zu Beginn durch die trüben Gewässer windet, ist ein Verweis auf die höllische Verdammnis, die dem abgehalfterten Cop Terence McDounagh (Nicholas Cage) droht. Einer von vielen. In der ausgefeilten Inszenierung des Kinoautors wirken die diabolischen Allegorien nie plakativ. Stattdessen entwickelt die visuelle Ebene der Erzählung von Verkommenheit und Erlösung einen vielschichtigen schwarzen Humor. Zu Beginn wetten der Hauptcharakter und sein Partner Stevie Pruit (Val Kilmer) auf das Leben eines Häftlings. Da läuft längst eine höhere Wette auf Terence´ Seele.

Terence weiß insgeheim, dass ihm ewige Höllenfeuer, eine berufliche Maßregelung oder etwas ähnlich unangenehmes droht. Er riskiert sein Leben, um den Häftling zu retten und zieht sich dabei bleibende Verletzungen zu. Der Wasserpegel in New Orleans sinkt wieder, Terence unterdessen steht das Wasser bis zum Hals. Er ist süchtig nach Schmerzmitteln und illegalen Drogen und hat Wettschulden. Seine Freundin, die Prostituierte Frankie (Eva Mendes), wird in die Ermittlungen in dem Mordfall an einer Familie illegaler Einwanderer verwickelt, den Terence lösen soll. Herzog interessiert sich für das Verbrechen, um das die Handlung konstruiert ist, ebenso wenig wie sein Protagonist. Sein Film ist mehr Seelendrama als Polizeithriller, eine doppelbödige Geschichte vom Kampf zwischen Gut und Böse in jedem Menschen.

Harter Regen fällt in New Orleans

Subtile Metaphorik transportiert dieses metaphysische Gefecht in das physische Umfeld des Antihelden. Dabei ist die Herangehensweise nicht religiös, sondern existenzialistische. Terence ahnt sein selbst verursachtes böses Schicksal: „Do You know Fate?“, fragt den Lieutenant ein Kleinkrimineller. Fate bezieht sich auf den Drogenbaron Big Fate (Alvin Xzibit Joiner), doch der Name wird zum symbolischen Fingerzeig. Die dramaturgischen Schlüsselmotive und die komplexen Bildkompositionen, die Werner Herzogs Filmen ihre faszinierende Tiefe verleihen, finden sich auch in diesem Werk. In den Schularbeiten eines ermordeten Kindes ließt Terrence über einen Fisch, der über das Kind wache, wenn es schläft. Der Fisch ist ein klassisches Sinnbild für Gott. Doch durch die heruntergekommene Stadt schleichen die in klassischer Malerei mit dem Teufel assoziierten Amphibien.

Bezeichnenderweise scheint nur Terence die Viecher zu sehen: „There ain´t no iguana“, beharrt sein Kollege Pruit, während die Kamera spöttisch dem Leguan eine Großaufnahme widmet. Lässt sich Terence am Ende scheinbar geläutert mit Frankie häuslich nieder, ist das keineswegs ein Happy Ever After. Wie den Gangstern, die Terence in ihren Wohnungen aufsucht, dient ihm seine Familie als Fassade. Terence´ Besuch eines Aquariums greift zwar das Fischmotiv auf, doch die Hoffnung ist trügerisch. Wenn ein sadistischer Gott etwas mit ihm vor hat, dann nichts Gutes. Die eigentliche Prüfung steht Terence erst bevor. Der bittere Humor und die inszenatorische Finesse machen die herrliche Höllenfahrt beim zweiten Ansehen nur noch besser.

OT: Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans

Regie: Werner Herzog

Produktionsland: USA

Produktionsjahr: 2009

Verleih: Splendid Film GmbH

Länge: 122 min.

Kinostart: 25. Februar 2010

Beitragsbild (c) Splendid Film GmbH

Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans (2009): Kritik

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