Das neunte Leben des Louis Drax: Kritik zum eigenwilligen Genremix

Mirjam Maier 5. Mai 2017 0
Das neunte Leben des Louis Drax: Kritik zum eigenwilligen Genremix

Regisseur Alexandre Aja wagt sich nach Horns erneut an eine Literaturverfilmung und bleibt zumindest in Teilen dem Metier der Fantastik treu. Das neunte Leben des Louis Drax, nach einem Roman von Liz Jensen, gestaltet sich als ein interessanter Mix aus Drama, Fantasy und Thriller.

Der neunjährige Louis Drax (Aiden Longworth) kann in seinem bisherigen Leben auf eine überdurchschnittliche Anzahl von Unfällen zurückblicken. Alle hat er unbeschadet überlebt – bis jetzt. Bei einem Picknick mit seinen Eltern anlässlich seines neunten Geburtstages stürzt Louis eine Klippe hinab und wird nach seiner Bergung für klinisch tot erklärt. Wenig später kehrt das Leben für alle überraschend zurück in den jungen Körper, doch Louis befindet sich in einem komatösen Zustand. Dr. Allan Pascal (Jamie Dornan) nimmt sich dem Jungen an und versucht diesem zu helfen, während die Polizei dabei ist, den Vorfall aufzuklären und herauszufinden, was es mit dem Verschwinden des Vaters, Peter Drax (Aaron Paul), auf sich hat. Denn seit dem Picknick ist dieser spurlos verschollen. Derweil bahnt sich zwischen Dr. Pascal und Louis‘ Mutter Natalie (Sarah Gadon) etwas an, das über eine professionelle Beziehung zwischen Arzt und Angehörige hinausgeht.

Bis dahin klingt alles nach einem typischen Kriminaldrama und tatsächlich ist das, was sich zeitlich in der Gegenwart ereignet, wenig spektakulär. Interessant wird das Ganze durch die anachronische Erzählweise, die sich nicht nur der Perspektive des Dr. Pascal bedient, sondern auch aus Louis‘ Blickwinkel berichtet, der zuweilen als Off-Erzähler agiert. In Flashbacks erfahren wir von seiner Vergangenheit, bekommen die sprachliche Gewandtheit des Jungen vermittelt und bemerken schnell, dass ihn Intelligenz und ein besonderer kindlicher Charme auszeichnen. Wir tauchen in seine Gedanken und Fantasien ein und erfahren durch sie die unheimliche Wirkung, die, wie schon Freud bemerkte, Vertrautes evozieren kann.

Ein großes Manko hat diese Erzählweise leider: Der Film schafft es nicht, Louis‘ Gedanken und Erinnerungen ausgewogen mit den wechselnden Zeitebenen der Geschichte zu verweben. So verliert der Film im letzten Drittel viel von seinem Esprit, der ihn zu Beginn so vielversprechend erfrischend daher kommen lässt, und rückt die Elemente des Kriminaldramas mehr in den Fokus. Der Genremix scheitert somit zu Teilen an seinem Ungleichgewicht.

Schauspieltechnisch brillieren vor allem Aiden Longworth als Louis Drax und Aaron Paul als dessen Vater Peter Drax, der mit viel Engagement in seiner Rolle aufgeht. Dr. Allan Pascal mutet dagegen eher unscheinbar an, was weniger seinem Schauspieler Jamie Dornan, als dem Drehbuch angekreidet werden kann, das dem Charakter wenig Tiefgang verleiht. Eine Mischung aus Femme fatale und labilem Männeropfer verkörpert Sarah Gadon als Natalie und bleibt dabei undurchsichtig, was weniger störend, aber zum Ende hin etwas zu aufgebauscht wirkt.

Alles in allem beginnt das Das neunte Leben des Louis Drax stark, schwächelt dann an manchen Stellen und verliert im Verlauf etwas von dem Fantastischen, was ihm zunächst durch Louis‘ Vorstellungswelt innewohnt. Mag der Genremix auch nicht ganz harmonieren, so hält der Film dennoch den Spannungsbogen durch den Wechsel der Zeitebenen und Perspektiven über einen langen Zeitraum aufrecht und wartet mit gelungenen Höhepunkten auf. Einen Blick ist Das neunte Leben des Louis Drax somit auf jeden Fall Wert.

Beitragsbild (c) Universum Film GmbH

Das neunte Leben des Louis Drax: Kritik zum eigenwilligen Genremix

4 (80%) 1 vote[s]