«Der Himmel über Berlin» Kritik : Ein Kultfilm in besserer Bildqualität

Eugen Zentner 1. Juni 2018 0
«Der Himmel über Berlin» Kritik : Ein Kultfilm in besserer Bildqualität

Vor mehr als dreißig Jahren feierte «Der Himmel über Berlin» seine Kinopremiere. Jetzt ist der Film in einer restaurierten Fassung auf DVD und Blu-ray erschienen.

Als « Der Himmel über Berlin » 1987 das erste Mal in Cannes lief, ahnte keiner, am allerwenigsten sein Schöpfer selbst, dass der Arthouse-Streifen dreißig Jahre später längst zum Kultfilm geworden sein  würde. Auszeichnungen regnete es zwar noch während und nach dem Festival,  doch  der langjährige Erfolg überwältigte sogar einen so erfahrenen Regisseur wie Wim Wenders.

Der  Film  entstand,  wie  der  Altmeister  in  einem  Interview  sagt,  aus  dem  Bauch  heraus,  ohne Drehbuch, ohne Fahrplan. Es war die Stadt selbst, die den Takt vorgab. Wenders hatte damals nur die Plätze im Kopf, an denen er drehen wollte. Was er dort drehen wollte, wusste er nicht. Und so begann  eine  Reise  mit  offenem  Ausgang,  eine  Reise  wie  ein  Gedicht,  poetisch,  assoziativ  und bildgewaltig.

Am 29. Oktober 2017 feierte der  Film sein 30. Kinojubiläum. Für die Wim Wenders Stiftung war die runde Zahl Grund genug, ein umfangreiches Restaurierungsprojekt zu starten. Wenig später war « Der Himmel über Berlin »  in 4K auf der großen Leinwand zu sehen. „Die Filmgeschichte hat es verdient, dass historische Streifen in guter Qualität gezeigt werden“, sagt Wenders in einem der Interviews, die zum Bonusmaterial der nun erschienenen Special, Digital und Collector ̕ s Edition gehören.

Was gibt es in der überarbeiteten Fassung zu sehen? Noch immer die beiden Engel Damiel (Bruno Ganz)  und  Cassiel  (Otto  Sander),  wie  sie  durch  das  damals  geteilte  Berlin  wandern,  Menschen beobachten und ihren Gedanken lauschen – nur in einer besseren Bildqualität. Noch immer einen Streifzug durch die Großstadt, bei dem sich Damiel in die Trapezkünstlerin Marion verliebt und den Wunsch  entwickelt,  selber  Mensch  zu  werden  –  nur  ohne  Risse  und  Kratzer.  Noch  immer  den Übergang von Schwarz-Weiß zu Farbe, als ihm das tatsächlich gelingt – nur feiner und natürlicher.

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So bekannt die Geschichte ist, so exklusiv sind die geschnittenen Szenen, die es zwar nicht in den Film,  dafür  aber  in  das  knapp  150-minütige  Bonusmaterial  geschafft  haben.  Sie  sind  ein Schmankerl  für  alle  Fans,  die « Der Himmel über Berlin » lieben und gerne noch mehr von ihm gesehen hätten. Wenders kommentiert die einzelnen Szenen und erklärt, warum er sie nicht in den Film aufgenommen hat. Angehende Regisseure können dabei viel über das Handwerk lernen, weil überaus  deutlich  wird,  anhand  welcher  Kriterien  ein  Profi  seine  Entscheidungen  trifft.  Die Aufnahmen  enthüllen  aber  auch,  dass  Wenders  während  des  Drehs  mit  dem  Gedanken  spielte, Cassiel ein ähnliches Schicksal wie Damiel widerfahren zu lassen.

Neben  diesen  kommentierten  Szenen  enthält  das  Bonusmaterial  eine  kurze  Dokumentation  und zwei Interviews, darunter eines von Roger Willemsen, in dem der mittlerweile verstorbene Publizist etwas artifiziell und bemüht, Wenders indes gewohnt spröde und ein wenig professoral wirkt. Die Liebe zu Berlin ist dem großen Regisseur deutlich anzumerken. Immer und immer wieder erwähnt er  begeistert,  wie  sehr  sich  die  Stadt  von  allen  anderen  unterscheidet,  welcher  Zauber  von  ihr ausgeht, was sie auszeichnet, was sie so faszinierend macht und wie sie sich seit « Der Himmel über Berlin » verändert hat.

Das Highlight bildet jedoch eine englische Wenders-Masterclass zu den Restaurierungsarbeiten, die der  Regisseur  im  Rahmen  der  Berlinale  2018  gehalten  hat.  Filmschaffende,  die  sich  für  die technischen  Aspekte  interessieren,  werden  an  dem  halbstündigen  Vortrag  ihre  Freude  haben. Wenders, sichtlich unausgeschlafen, nennt zunächst den Grund für seine Müdigkeit: Am Abend zuvor hätten er und seine Frau Donata die Party als letzte verlassen. Drei Stunden Schlaf – mehr sei ihnen  nicht  vergönnt  gewesen.  Als  er  dann  über  die  Restaurierungsarbeiten  spricht,  wirkt  er plötzlich sehr frisch – seine Frau ebenfalls. Donata, eine Expertin für Schwarz-Weiß-Fotografie, erklärt,  was  die  überarbeitete  4K-Fassung  von « Der  Himmel  über  Berlin » auszeichnet.  Die erstklassige  Qualität  verdanke  sich  einem  logarithmischen  Scan,  mit  dem  es  zum  ersten  Mal möglich  war,  zwischen  Schwarz  und  Weiß  feine  Abstufungen  zu  finden  und  den  Filmkorn  so darzustellen wie niemals zuvor. Das Ergebnis demonstrieren die Wenders dann anhand einer Szene aus beiden Fassungen. So viel sei schon mal verraten: Die Arbeit hat sich gelohnt.

«Der Himmel über Berlin» in der restaurierten 4K-Variante ist seit dem 17. Mai 2018 erhältlich.

Beitragsbild (c) STUDIOCANAL / *= AffiliateLink

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