„Electric Boogaloo“ Kritik: Trashiges Worst-of

Marco Seiwert 12. April 2015 0
„Electric Boogaloo“ Kritik: Trashiges Worst-of

Trashfilme sind ja ein gern gesehener Gast auf Zusammenkünften von Filmnerds. Es macht Vielen schlichtweg Spaß, sich über die absurden Entgleisungen von schlechten Regisseuren, Cuttern und Schauspielern zu amüsieren und grottige Splattereffekte, hanebüchene Erotikszenen und idiotische Storywendungen zu genießen. Für alle Trashfans dürfte „Electric Boogaloo – The wild, untold Story of Cannon Films“ ein gefundenes Fressen sein: Die knapp 100-minütige Dokumentation von Regisseur Mark Hartley zeigt die kuriose Geschichte von Cannon Films, der Produktionsfirma der israelischen Cousins Menahem Golan und Yoram Globus, die mit solch illustrem Schwachsinn wie „Invasion U.S.A“, „Masters of the Universe“, „Ninja – Die Killermaschine“ und zig weiteren B- und C-Filmen Kultstatus erreichte. Ein kurioses Best-of, das kurzweiligen Spaß und einige Empfehlungen für den nächsten Müllfilmabend bietet.

Ende der 70er-Jahre in Israel: Der erste „Eis am Stiel“-Film wird ein Erfolg und ebnet den Weg für zahlreiche Fortsetzungen der Teeniekomödie. Produziert werden sie von Menahem Golan und Yoram Globus, die damit eine ordentliche Stange Geld erwirtschaften und anschließend nur ein Ziel im Sinn haben: Hollywood. Als leidenschaftliche, impulsive und zuweilen unkontrollierbare Geschäftsmänner veröffentlichen sie dutzende Sexploitation-, Horror- und Action-Filme pro Jahr und erreichen damit einen gewissen Bekanntheitsgrad. Berühmt berüchtigt in der Szene kann alsbald jeder B-Schauspieler was mit ihren Namen anfangen und hat mal mehr, mal weniger gute Erfahrungen mit Cannon Films-Produktionen gemacht. Diese Phase des Aufstiegs und die zahlreichen Probleme in den späteren Jahren werden im Film thematisiert.

Sehr viel zu bestaunen gibt es in „Electric Boogaloo“: Kuriose Ausschnitte der Marke „DAS können die nicht ernst meinen“ reihen sich hier ununterbrochen aneinander und machen Lust auf die kultigen Werke dieser abenteuerlichen Filmschmiede. Neben allerhand nackten Brüsten, schlechten Special Effects, nackten Brüsten, Gewalteskapaden und nackten Brüsten konnte Cannon Films oftmals mit überraschend bekannten Stars aufwarten: Van Damme, Stallone, Lundgren, Bronson und wie sie alle heißen. Sicherlich keine Hollywoodgrößen der ersten Schauspielgarde, aber durchaus berühmte Namen in den 70ern und 80ern, die in den Produktionen der beiden israelischen Cousins die Gatling-Guns rattern und die Muskeln spielen ließen. So gab sich Stallone unter anderem in dem Armwrestling-Film (ja!) „Over the Top“ die Ehre, während Van Damme ordentlich Kicks in „Karate Tiger 3“ verteilte. Neben diesem illustren Lineup und vielen weiteren kleineren Filmen, die hier präsentiert werden, sind es vor allem die etlichen Kommentare und witzigen Anekdoten der zahlreichen Schauspieler und Filmemacher, die „Electric Boogaloo“ beinhaltet, die für allerlei Schmunzelei sorgen. Langweilig wird es hier so schnell jedenfalls nicht.

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Bei all der Freude, die die kleinen Geschichten bereiten, liegt hier auch eine Schwäche dieses kunterbunten Werks: Hier wird von Filmausschnitt zu Filmausschnitt und von lustigem Kommentar zu lustigem Kommentar gehetzt, dass nicht wirklich viel Zeit für die Ausarbeitung einer mitreißenden Dramaturgie bleibt. Zwar folgt man als Zuschauer grob der „Rise and Fall“-Story von Cannon Films, doch im Endeffekt wirkt die Dokumentation über weite Strecken fast wie ein sehr langer, zuweilen etwas eintöniger Best-of-Trailer aus der kuriosen Schaffensphase des Produktionsstudios. Das ist wahrlich kein K.O.-Kriterium, aber für die allerhöchsten Doku-Weihen reicht es letztendlich nicht, wenn der Spannungsbogen zu wünschen übrig lässt.

Im Endeffekt kann aber für „Electric Boogaloo“ eine klare Empfehlung an Trashfreunde und auch zukünftige Filmemacher gegeben werden. Die Passion, mit der Menahem Golan und Yoram Globus am Werke waren und ihre aberwitzigen Filmchen auf die Leinwand brachten, übt eine unverkennbare Faszination und Freude beim Zusehen aus. Man möchte am liebsten direkt in die nächste Videothek rennen und einen „American Fighter“-Marathon einlegen oder sich gar eine Kamera, schlechte Kostüme und Laiendarsteller beiseite nehmen und selbst C-Movies abdrehen. In dieser Hinsicht erreicht die Doku ihre Intention auf nahezu perfekte Art und Weise. Ach, und bevor es untergeht: Mit dem furiosen „Runaway Train“ von 1985 hat Cannon Films sogar einen wirklich packenden, von Genrefans hochgelobten Actionthriller produziert. Für diesen und „Electric Boogaloo“ gilt: Bitte anschauen, es lohnt sich.

„Electric Boogaloo – The wild, untold story of Cannon Films“ ist ab dem 21. April 2015 auf DVD und Blu-Ray erhältlich.

Beitragsbild: (c) ASCOT ELITE Home Entertainment GmbH

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