Filmkritik: Mary und Max – oder schrumpfen Schafe wenn es regnet? (2009)

Julia 5. Juli 2014 7
Filmkritik: Mary und Max – oder schrumpfen Schafe wenn es regnet? (2009)

Nachdem Max nicht weniger als 18 Stunden aus seinem Fenster starrte, entschied er sich endlich Mary Daisy Dinkles Brief zu beantworten. In diesem fragte die 8-Jährige, wo in Amerika die Babys herkommen, denn in Australien finde man sie laut ihrer Mutter in Biergläsern. Max antwortet, dass Babys in Amerika selbstverständlich nicht in Biergläsern gefunden werden, sondern aus Eiern schlüpfen die von Rabbinern gelegt wurden, bzw. je nach Religionszugehörigkeit von katholischen Nonnen oder dreckigen einsamen Prostituierten. Aus diesen ersten Zeilen entwickelt sich eine unglaublich berührende Brieffreundschaft, welche Höhen und Tiefen durchläuft und garantiert am Ende kein Auge trocken lässt.

Mary und Max war der offizielle Eröffnungsfilm des Sundance Film Festivals im Jahr 2009 und der erste Film in Spielfilmlänge des australischen Regisseurs Adam Elliot. Dieser gewann bereits 2004 einen Oscar für seinen Kurzfilm „Harvie Krumpet“, bei dem es sich auch um einen Knetanimationsfilm handelt.

Mary ist ein 8-Jähriges Mädchen aus Australien. Sie lebt zusammen mit ihrer Mutter, welche Kettenraucherin ist und als einziges Getränk Cherry kennt, und ihrem Vater, der in seiner Freizeit überfahrene Tiere präpariert. Da sie sehr wissbegierig, nachdenklich und auch einsam ist und die Eltern ihre Fragen über die Welt und wie sie funktioniert nicht ausreichend beantworten können, entscheidet sie sich spontan, an eine zufällig im Telefonbuch ausgewählte Person, einen Brief zu schreiben. Der 44-Jährige New Yorker Max Jerry Horowitz ist der „Glückliche“. Auch wenn dieser mit der Situation zunächst überfordert ist, antwortet er dem kleinen Mädchen. Und so erfährt man durch den Briefwechsel immer mehr über die beiden Hauptfiguren. Beide befinden sich in total unterschiedlichen Lebenslagen und doch erschaffen sie eine Verbindung zueinander, die zutiefst berührend ist.

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Max als notorischer Einzelgänger versteht seine Umwelt oft nicht und fürchtet sich deshalb vor ihr. Seine skurrilen Erlebnisse bei denen es sich überwiegend um Missverständnisse handelt, werden wiederholt mit kleinen Nebensequenzen verbildlicht. Wobei sich hier gesprochenes Wort und tatsächliche Darstellung häufig auf grotesk-witzige Art widersprechen.  Hier weiß man oft nicht ob man lachen oder weinen soll und das ist ausnahmslos positiv gemeint! Beide Figuren entwickeln sich während des Films weiter. Bei Mary ist es etwas offensichtlicher, da sie zu einer jungen Frau heranwächst und sich die Welt bald versucht selbst zu erklären. Ihr Einfluss auf Max wächst im Laufe der Brieffreundschaft und hat letztlich auch Konsequenzen für beide.

Man leidet, freut sich und weint mit den Figuren. Der Inhalt der Briefe und ihre Wortwahl ist bewegend, denn hier werden nicht nur Fragen, wie „Wo kommen die Babys her?“ beantwortet. Max spricht schroff und unverblümt z.B. über den Geruch seiner Nachbarin und die Annäherungsversuche einer Bekannten. Die kindliche Mary erzählt dagegen traurig von Hänseleien in der Schule und über den netten Nachbarsjungen. Die Brieffreundschaft verbindet zwei unterschiedlich skurrile Lebensgeschichten miteinander aber der Film beschreibt auch den „alltäglichen schrulligen Wahnsinn“ beider Hauptfiguren, neben den Inhalten der Briefe. Spannende Momente findet man in dieser Tragikomödie genauso wie tiefgründige Dialoge und witzige Szenen mit mehrheitlich schwarzem Humor. Mary und Max ist definitiv eher ein Film für Erwachsene und, trotz der liebevoll gestalteten Knetwelt mit seinen durchaus auch niedlichen Bewohnern, nicht wirklich für Kinder geeignet. Sicherlich sind animierte Knetfilme nicht unbedingt für jeden etwas, da es eine doch recht spezielle und aufwendige Art von Filmproduktion ist. Überzeugend waren allerdings die detaillierten Gesichtszüge bis hin zu den kleinen Falten der Figuren, sowie die Häuserbacksteinfassaden von New York.

Trailer zu Mary und Max

FAZIT

Mary und Max – oder schrumpfen Schafe wenn es regnet? ist ein liebevoll detailliert gestalteter Knetanimationsfilm mit einer unglaublich traurig-schönen Geschichte und nicht wenigen Gänsehautmomenten. Der Film über Freundschaft, Mut und Selbstakzeptanz wird einen auch nach dem besonderen Ende der Geschichte noch beschäftigen und kann zudem durchaus mehrmals angesehen werden. Dies ist definitiv ein filmisches Glanzstück dem mehr Aufmerksamkeit gebührt. Bewertung: 4,5/5


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