Filmkritik: „Papillon“ von Michael Noer

Christopher Hechler 13. August 2018 0
Filmkritik: „Papillon“ von Michael Noer

Verurteilt für einen Mord, den er nicht begangen hat, erhält der Dieb Henri Charrière eine grausame Strafe: Lebenslange Haft in der Strafkolonie von Französich-Guyana. Flucht ist von nun an sein einziges Ziel, dafür ist er jedoch auf die Hilfe von Louis Dega, einem reichen Fälscher und Mitsträfling, angewiesen. Gemeinsam gilt es nun, diese Odyssee zu überstehen und lebend wieder nach Hause zu kommen.

Der französische Schriftsteller Henri Charrière veröffentlichte 1969 mit „Papillon“ den ersten von zwei Romanen („Banco“ ist der zweite),  die seine Lebensgeschichte in einer Mischung aus biografischen, als auch fiktiven Elementen erzählen. Nur wenige Jahre später, 1973, folgte unter der Regie von Franklin J. Schaffner die Verfilmung, welche mit Steve McQueen und Dustin Hoffman in den beiden Hauptrollen auch heute noch zu den großen Film- und Genreklassikern gezählt werden kann.

Um zu verstehen, warum eine Geschichte die in den 1930er Jahren spielt und bereits vor rund 45 Jahren erfolgreich verfilmt wurde, nun nochmal für eine neue Generation Kinogänger aufgelegt wird, sollte man sich überlegen, was ebenjene Geschichte so gut macht, dass sie auch heute noch relevant ist. Ohne zu tief in die Materie einzutauchen, lässt es sich wohl festhalten, dass eine wahrlich gute Geschichte eine solche ist, die dem Zahn der Zeit dank ihrer vom Schicksal gebeutelten Figuren, welche dem rezipierenden die Identifikation ermöglichen, zu trotzen vermag.

Sich mit der Person des Papillon genannten Charrière, der diesmal von einem in Höchstform spielendem Charlie Hunnam („Sons of Anarchy“) verkörpert wird, zu identifizieren, ist auch in Micheal Noer’s („Northwest“) Neuauflage ein leichtes. Inszenatorisch glücklicherweise nur in maßen modernisiert, blieben die grundlegenden und zutiefst humanistischen Bedürfnisse der beiden Protagonisten – der Wille zum Überleben und der Wunsch nach Freiheit – unangetastet. Sie sind das, was in dieser martialisch sadistischen Welt an Menschlichkeit bleibt. Gepaart mit dem stetig wichtiger und ehrlicher werdendem Aspekt der Freundschaft, die Papillon und Louis Dega (großartig: Remi Malek) vereint, entsteht im Film eine ganz eigene Dynamik des persönlichen involviert seins.

Das diese damit hervorgerufene Grundspannung so gut funktioniert, liegt neben den Darstellern auch zu großen Teilen an der authentischen Inselszenerie, sowie dem weitgehenden Verzicht auf CGI-Effekte. Der Film wirkt in jeder Szene handgemacht und mit einem Auge für Details inszeniert. Über etwaige kleinere Mäkel, wie das auch nach den ärgsten Momenten noch zu Hollywood-schöne Gesicht von Hunnam, kann man getrost hinwegsehen. Schwieriger macht es einem der eigentliche Rhythmus des Films. Zwar sollte man Regisseur Noer zugute halten das er sich für die Charakterzeichnung viel Zeit nimmt, einige der daraus entstehenden Szenen drücken in ihrer Stille aber doch merklich das Tempo der ohnehin über viele Jahre andauernden Handlung.

„Papillon“ ist ein spannendes und greifbares Überlebensdrama, das zwar nicht ganz an die Klasse des Originals heranreicht, in jedem Falle aber eine klare Empfehlung wert ist. Dank seiner im Kern humanistischen und zeitlosen Geschichte, avanciert der Film zum Exoten im derzeitigen Unterhaltungskino.

Kinostart: 26. Juli 2018

Beitragsbild: (c) Constantin Film

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