Filmkritik zu Tully – Jenseits des Mutterglücks

Anja Werth 27. Mai 2018 0
Filmkritik zu Tully – Jenseits des Mutterglücks

Marlo (Charlize Theron) ist mit ihrem dritten Kind schwanger und mit ihren beiden anderen Kindern Sarah und Jonah, der verhaltensauffällig ist und deshalb die Privatschule verlassen muss, recht überfordert. Ihr Mann Drew (Ron Livingston), der den ganzen Tag arbeitet und abends lieber Computer spielt, ist keine große Hilfe für sie. Marlos reicher und von ihrem Mann deshalb verachtete Bruder Craig bemerkt, dass seine Schwester überfordert ist, und schickt ihr nach der dritten Geburt eine Night Nanny, die dafür sorgen soll, dass Marlo wieder ruhigere Nächte hat und ihren Schlafmangel ausgleicht. Anfangs steht Marlo dem Ganzen skeptisch gegenüber, vor allem, weil Tully ganz anders ist, als sie selbst. Bald schon entwickelt sich jedoch zwischen der 26-Jährigen, witzigen und lebendigen Tully (Mackenzie Davis) und der an einer postnatalen Depression leidenden Marlo eine enge Freundschaft.

Es ist offensichtlich, dass sie Marlo an ihre eigene Jugend erinnert. Vor allem der gemeinsame nächtliche Ausbruch aus dem Alltag – Barhopping in Brooklyn – gibt Aufschluss darüber, dass Marlo vor ihrer Rolle als Mutter ein völlig anderes Leben geführt hat. Als der Abend für Marlo in einem Krankenaufenthalt endet, von Tully erst einmal keine Spur ist, und ihr Mann der Arztassistentin den richtigen Vornamen seiner Frau buchstabiert, wird deutlich, dass seine Frau doch deutlich schwerer an Depressionen und Schlafmangel leidet, als es ihm klar war.

Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody, die schon für den Film JUNO zusammengearbeitet haben, schaffen in dieser Komödie eine ungewöhnlich spannungsvolle Atmosphäre. Man schwankt zwischen Mitleid für Marlos Überforderung, anfänglicher Genervtheit über die ständige Wiederholung der alltäglichen Handlungen, Wut über Drews Gleichgültigkeit seiner Familie gegenüber, und recht ambivalenten Gefühlen, sobald Tully als Kontrastfigur zu Marlo auftritt. Während Marlo mit ihrer Ehe, und nach den drei Schwangerschaften auch mit ihrem Körper eher unzufrieden wirkt, und hin und wieder sehnsuchtsvoll an ihre Jugend zurückdenkt, verkörpert die junge, witzige, schlanke Tully, die bauchfrei gekleidet ist und von ihrer Freizügigkeit im Umgang mit Männern berichtet, eine unglaubliche Leichtigkeit.

Kinostart ist der 31.05.2018

 

Beitragsbild © DCM

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