Florence Foster Jenkins: Kritik zur ohrenbetäubenden Biografie-Verfilmung

Simon Fluck 14. November 2016 0
Florence Foster Jenkins: Kritik zur ohrenbetäubenden Biografie-Verfilmung

Noch nie hat man Meryl Streep so schön quietschen hören!

Madame Florence (Meryl Streep) ist reich. Sogar so reich, dass sie sich um eine negative Außenwahrnehmung ihrer Person keine Gedanken machen muss. Als Sängerin, Musikliebhaberin und gleichzeitig –Förderin wird sie von allen geliebt und bewundert, gefeiert und zum Jubiläum ihres Verdi Clubs beglückwünscht. Diese selbstillusionistisch-heile Welt, in der Madame Florence lebt, ist dabei aber nicht nur Produkt ihrer Großzügigkeit der Musik- und Kulturszene gegenüber, als vielmehr den Anstrengungen ihres Ehemanns St. Clair Bayfield (Hugh Grant) zu verdanken. Mit viel Fingerspitzengefühl, vor allem aber durch die, für einen gelingenden Bestechungsvorgang notwendige, liquide Basis, hält Bayfield den Mikrokosmos der Madame Florence am Leben. Denn eines wird schnell klar: Madame Florence ist eine fürchterlich schlechte Sängerin, die zum Unmut ihres Mannes und der Klavierbegleitung durch Cosmé McMoon (Simon Helberg) vor immer größerem Publikum singen will.

Florence Foster Jenkins ist eine von insgesamt drei unterschiedlichen Verfilmungen über die reale Person der Florence Foster Jenkins, die in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Neben der französisch-belgisch-tschechischen Koproduktion Madame Marguerite oder die Kunst der schiefen Töne, die 2015 Premiere in Venedig feierte, ist seit dem 10. November diesen Jahres auch eine deutsche Dokumentation: Die Florence Foster Jenkins Story im Kino erschienen. Die englisch-französische Produktion Florence Foster Jenkins nähert sich von allen drei Verfilmungen dabei auf die filmisch konventionellste und kommerziellste Art der Biografie: Stephen Frears (The Queen) setzt bewusst auf Schauspielgrößen, wie Meryl Streep oder Hugh Grant und vermeintliche Vorzüge des Kostümfilms innerhalb eines plotbasierten Spielfilms.

Dass Meryl Streep schauspielerisch so ziemlich alles beherrscht, was möglich ist, wissen wir bereits. Dass sie jedoch selbst gesangstechnisch so versiert ist, ohrenbetäubende Töne in (nicht ganz, aber fast) allen Höhenlagen aus ihrem Körper zu quetschen, das ist neu. Von Gesangsstunde zu Gesangsstunde, von Aufritt zu Auftritt – sobald Meryl Streep der Leidenschaft von Madame Florence innewohnt, wird auch der Zuschauer nicht geschont. Krächzen, Quietschen, Heulgesang, und das aufs immer Neue. So ist die Freude groß, wenn der insgeheim erwartete Höhepunkt mit „Der Hölle Rache“ aus Mozarts „Zauberflöte“ endlich angestimmt wird und die Sterne wortwörtlich zu zittern beginnen. Neben diesen wirklich starken Gesangseinlagen, die ordentlich am Zwerchfell zehren, ist es aber auch das gewohnt gute Schauspiel des Ensembles, das den Film trägt. Besonders Simon Helberg als sympathisch schüchterne Klavierbegleitung trägt dazu einen enormen Beitrag. Nicht nur die Figur McMoons an sich, sondern Helbergs empfindsames Auftreten, sein ungekünsteltes, herzerwärmendes Lächeln stehlen Grant gar die Show und bereichern den Film ungemein. Auch die Figur der heimlichen Freundin Bayfields, Kathleen Weatherley, findet in Rebecca Ferguson eine Idealbesetzung und macht einmal mehr deutlich, warum diese in Hollywood derzeit so hoch gehandelt wird.

Abseits des Schauspiels sollen im Besonderen die Kulisse und die Kostümierung für den Mehrwert des Filmes dienen. Oft allerdings wirkt die Oberfläche zu glatt, zu gekünstelt, die Autos und Passanten zu platziert. In Kombination mit den teilweise auftretenden Trickblenden, die schon in der frühen Star Wars-Reihe ihr Comeback feierten, wird man so mitunter – vielleicht auch ganz bewusst – aus der filmischen Immersion heraus zurück in den Kinosessel geworfen. Und man findet sich, wie die Besucher des Verdi Clubs, vor einem weiteren spektakulär schrägen Auftritt Madame Florences wieder. So adressiert der Film bewusst die Ohren des Zuschauers, lässt die Auftritte Streeps bewusst lange und intensiv ausfallen. Das Gute daran: im Kino darf man laut und herzlich lachen. Die Figuren im Zuschauerraum in Florence Foster Jenkins hingegen, kämpfen mit aller Mühe und so lange es geht dagegen an.

Die Figur der Florence Foster Jenkins hebt den Film über ein allzu konventionelles Kostümdrama hinweg und schafft großartige Momente, die Auge und Ohr so schnell nicht vergessen werden.

Florence Foster Jenkins läuft ab dem 24. November in den deutschen Kinos.

 

Regie: Stephen Frears

Länge: 110 Minuten

Kinostart: 24. November 2016

Genre: Biografie/ Drama/ Komödie

Beitragsbild: © CONSTANTIN FILM

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