Lommbock: Kritik zum Sequel des deutschen Kiffer-Kultfilmes

Simon Fluck 7. März 2017 1
Lommbock: Kritik zum Sequel des deutschen Kiffer-Kultfilmes

Originalbesetzung, Gras und derbe Komik. Regisseur Christian Zübert nutzt die Erfolgsfaktoren aus Lammbock und erweitert sie um belanglose Zutaten.

Neben der immer wieder aufkommenden Frage, ob es für den Zuschauer sinnvoll, gar erträglich ist, einem Kultfilm nachträglich noch etwas hinzuzufügen – mögen es digitale Nachbesserungen, alternative Enden oder wie im Fall von Lammbock, eine ganze Fortsetzung der Geschichte sein – umkreist den Topos „Kultfilm“ eine weitere Problematik: die Filmkritik. Kann man es wagen, einen Film analytisch-nüchtern zu kritisieren, dessen ikonische Dialoge und Handlungsbrüche über die Jahre eine ganze Fangemeinde entwickelt haben; einen Film, der durch zahlreiche filmische Referenzen schließlich selbst zur Referenz wurde und den es zu guter Letzt eben nicht nüchtern zu konsumieren gilt? Die verstaubten Kritiken zu Lammbock verraten: man kann. Also liebe Sehnsüchtige und Hoffnungsvollen, vielleicht schafft es auch die Fortsetzung Lommbock auf Eure Kultliste – von meiner jedoch, ist sie noch weiter entfernt als ihr Vorgänger.

Vor mehr als 15 Jahren entschied Stefan (Lucas Gregorowicz) sich dafür, sein Jurastudium abzubrechen, um in der Karibik eine Strandbar zu eröffnen, während Kai (Moritz Bleibtreu) sich dafür entschied, nichts zu entscheiden. Vor mehr als 15 Jahren lief der Abspann zum ersten Mal über die Leinwand und der Zuschauer durfte sich seit jeher fragen, was aus beiden geworden ist. Angekommen in der Gegenwart, scheinen beide auf den ersten Blick ihr Ziel erreicht zu haben: Stefan eröffnet eine Bar im Süden und Kai hat neben seinem Restaurant, was sich jetzt „Lommbock“ nennt, auch noch eine Freundin gefunden. Doch erst ein Wiedersehen beider Freunde kann enthüllen: das vermeintliche Glück ist ein Trugbild. Die Strandbar befindet sich nicht etwa an einem verwegenen Strand in der Karibik, sondern auf einem nagelneuen Hochhaus in Dubai. Der Barkeeper, die Stühle und sogar das Gras sind unecht und wirken zusammengenommen wie ein misslungenes Kiffer-Disneyland für arabische Kunden. Stefan verdient kein Geld, sondern lebt – ähnlich wie Kai – auf Kosten seiner Verlobten/Freundin. Die einst, auf ihre Weise erfolgreiche Pizzeria, hat sich zu einem Asia-Lieferdienst entwickelt und verfällt zunehmend. Das einzig unverwüstliche bleibt die Freundschaft zwischen Kai und Stefan und ihr gemeinsamer Hang zum Kiffen.

Wo man das Glück vor 15 Jahren noch in der Ferne suchen musste, findet man es heute bei Lommbock auch zu Hause. Allen Anstrengungen zum Trotz, sind es die nostalgischen Momente, die ewig zu währen scheinenden Freundschaften und die Zwanglosigkeit, die Stefan letztendlich dazu bewegen, zurück in seine Heimatstadt Würzburg zu kommen. Geschickt spielt hier der Film mit der allgegenwärtigen Zerstreuung durch die oft unvermeidbare Globalisierung – auch der eigenen Person – und der utopischen Rückbindung auf das Heimische: wahre Freundschaften, Freiheit und Unverfälschtheit. Und doch wird auch klar, dass es längst nicht mehr möglich ist, ohne Marihuana aus dem Ausland auszukommen. Denn die hiesige Plantage ist längst vergessen und der soziale Status längst zu hoch, um das wertvolle und verbotene Gut selbst regional anzubauen.

Doch auch, wenn Regisseur Zübert versucht, Lommbock durch die internationalen Drehorte und das weltumspannende Handlungsgeflecht größer aussehen zu lassen als er wirklich ist, ändert das nichts am Grundproblem des Filmes: er ist zu unradikal. Hinterfragt man im ersten Teil noch die unfreiwillige Jägermeisterkur, die beinahe schon das gesunde Maß an Komik übersteigt, bleiben die „Gefahren“ in Lommbock stets außerhalb der Reichweite. Ob Sicherheits- und Zollkontrolleure am Flughafen oder vermeintliche Islamisten, die Antagonisten bleiben stets unpersönlich oder unsichtbar, die dramaturgischen Ausschläge zu platt. Vielleicht liegt das Problem aber auch darin, dass Stefans handlungstechnisch verabreichter Marihuana-Verzicht dem Verlauf zu viel Räson einpflanzt und Kais Exzesse deshalb im Rahmen gehalten werden. Der Film entwickelt dadurch eine ernüchternde Fernseh-Dramaturgie, die sich ins Kinogewand kleidet und nur aufgrund ihrer Thematik – Marihuana – und einigen kleineren vulgären Spitzen vom restlichen Programm unterscheidet. Auch Kais Monologe bleiben in der „Substanz“ hinter denen des Vorgängers zurück und schaffen es nicht, ein ähnliches Gedankenvakuum zu hinterlassen, das man neben Zübert fast nur von Tarantino kennt. Vielleicht ist es aber auch gerade der unvermeidbare Vergleich, der die ikonisch gewordenen Szenen immer wieder ins Gedächtnis ruft und den aktuellen Witz hinterfragt, vielleicht der Wunsch, dass man mehr zu sehen verlangt oder ungläubig den Kopf schütteln muss. Regisseur Zübert versucht sich selbst und auch Lammbock mit der Fortsetzung treu zu bleiben, schafft es dabei jedoch weder, neue Reize zu setzen noch alte aufzuwärmen. Lommbock bleibt bis zum Ende viel zu brav und zu gesetzt. Schade.

Lommbock läuft ab dem 23. März 2017 in den deutschen Kinos.

Regie: Christian Zübert
Länge: 105 Minuten
Genre: Komödie
Beitragsbild: © Wild Bunch

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