Okja (2017): Kritik zur Netflixproduktion von Joon-Ho Bong

Mirjam Maier 6. August 2017 0
Okja (2017): Kritik zur Netflixproduktion von Joon-Ho Bong

Joon-Ho Bong, hierzulande manchen vielleicht bekannt durch die Filme Snowpiercer oder The Host, rückt in seinem Ökodrama Okja die Nahrungsmittelindustrie mit ihrer Massentierhaltung in den Mittelpunkt. Hierfür erschafft Joon-Ho Bong eine Metapher in Form einer erfundenen Tierart, die stellvertretend für all die Tiere in Mastbetrieben steht, die ein qualvolles Dasein fristen, damit wir Menschen unseren Fleischhunger stillen können. Zu drastisch? Zu schwarz-weiß? Ihr erfahrt es in diesem Review.

Zehn Jahre lebt Okja, ein gezüchtetes Riesenschwein, mit dem Mädchen Mija (Seo-Hyun Ahn) und ihrem Opa in den Bergen Südkoreas und führt ein Leben in der freien, fast unberührten Natur. Okja ist das Laborexperiment eines großen Nahrungsmittelkonzerns. Aus dem Fleischverkauf dieser Züchtung will Oberhaupt Lucy Mirando (Tilda Swinton) Profit schlagen. Dem ahnungslosen Konsumenten wird vorgegaukelt, dass die Schweine ein gesundes Leben führen – von Massentierhaltung keine Rede. Okja ist von allen Riesenschweinen, die der Nahrungsmittelkonzern an verschiedene Länder verteilt hat, um die Konsumenten über die wahren Haltungsbedingung zu täuschen, das größte und gesündeste. Damit gewinnt Okja den inszenierten Wettbewerb des Konzerns. Ein Fernsehteam rund um den populären Zoologen Johnny Wilcox (Jake Gyllenhaal) holt Okja ab, um sie nach Amerika zu bringen. Was Mija zunächst nicht ahnt: Okja soll dort geschlachtet werden. Ein actiongeladenes Drama beginnt, als Mija ihre Freundin zurückholen will. Dabei wird sie von Tierschutzaktivisten unterstützt, die zu viel riskieren und Okja in Gefahr bringen.

Okja zeigt die dunklen Seiten der Massentierhaltung, die Profitgier der Nahrungsmittelkonzerne und warnt vor unserem Umgang mit der Natur. Dabei ist Joon-Ho Bong schonungslos: Ohne zu beschönigen werden Aufnahmen von Okjas Misshandlung und Bilder aus dem Schlachthof gezeigt. Kritik übt der Film ebenso an den Methoden der Tierschützer und macht in einer kurzen Szene auf die Gefahren von Clean Eating aufmerksam. Was Joon-Ho Bong fantastisch gelungen ist, ist die Gestaltung seiner Figuren. Stellen Tilda Swinton und Jake Gyllenhaal übertrieben exzentrische Charaktere dar, von denen man annehmen könnte, dass sie den Film dominieren, rücken weitere Figuren dennoch nicht in den Hintergrund. Der Zuschauer erhält zwar wenig Informationen über die einzelnen Mitglieder der Tierschutzorganisation, doch schaffen es Drehbuch und Schauspieler – darunter Lily Collins, Paul Dano und Steven Yeun – jeder Figur Charakter zu verleihen, sodass diese nicht beliebig ersetzbar wirken. Auch die Computeranimation von Okja fügt sich, ohne störend zu wirken, in das Filmgeschehen ein.

Okja ist kein Film für zwischendurch – auch wenn er an einigen Stellen durch Humor aufzulockern weiß –, sondern eine Erinnerung, ein Weckruf an uns Menschen über unser Konsumverhalten nachzudenken, die Bedingungen, unter denen Tiere ihr Leben für uns lassen, zu hinterfragen und uns Gedanken über die Grundsätze ökologischen Wirtschaftens zu machen. Gleichzeitig ist es ein Film über das Erwachsenwerden und ein Film darüber, das behütete Nest zu verlassen, den kindlichen Blick abzulegen, den wir uns in unserem Inneren doch bewahren sollten. Diese Botschaften vermittelt der Film mit emotionalem Tiefgang und gehört wohl bislang zu einer der besten Netflix-Produktionen.

Okja ist seit dem 28. Juni 2017 auf Netflix zu sehen.

Beitragsbild (c) Netflix

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