„The Revenant – Der Rückkehrer“ (2015) Kritik: Schnee von Morgen

Bernhard 11. Januar 2016 3
„The Revenant – Der Rückkehrer“ (2015) Kritik: Schnee von Morgen

Letztes Jahr räumte Birdman von Regisseur Alejandro G. Iñárritu bei der Oscarverleihung ordentlich ab (u. a. bester Film) und fand auch den Weg in die Best-Of-Liste einiger unserer Redakteure.
Kurz vor der Oscar-Verleihung startet jetzt sein neues Werk „The Revanant – Der Rückkehrer“ in die deutschen Kinos. Dabei geht es um Fährtenleser Hugh Glass (Leonardo diCaprio), der eine Gruppe Trapper nach einem Überfall von Arikara-Indianern sicher ins nächstgelegene Fort führen soll. Auf dem Weg durch die unzugänglichen Wälder North Dakotas wird Glass von einem Grizzly angegriffen und entgeht nur knapp dem Tod. Die Gruppe um Captain Andrew Henry (Domhnall Gleeson) beschließt, den Verletzten unter der Obhut seines Sohnes und zwei der Trapper zurückzulassen, bis er wieder zu Kräften kommt. John Fitzgerald (Tom Hardy), der nicht an Glass´ Überleben glaubt, tötet im Affekt dessen Sohn und betrügt den dritten Begeleiter, sodass Glass schwer verwundet in der Wildnis zurückgelassen wird. Von da an hat er nur noch ein Ziel: Rache für den Tod seines Sohnes nehmen.
„The Revenant – Der Rückkehrer“ ist trotzdem keine klassische Rachegeschichte a la „Taken“ oder „Gesetz der Rache“. Zentrales Thema des Films ist nicht der Racheakt selbst, sondern der Weg, den Glass geht, um Rache zu nehmen. Dabei erspart uns Iñárritu kein noch so unbedeutend erscheinendes Detail. Allein während der Szene, in der der Fährtenleser von der wütenden Grizzlymutter fast in Stücke gerissen wird, verspürt der Zuschauer fast physischen Schmerz. Immer wieder wird auf dieses alles verändernde Ereignis zurückverwiesen, wenn man die gewaltigen Narben auf Glass‘ geschundenem Körper langsam verheilen sieht. Mit seiner Darstellung des zielgerichteten, totgeglaubten Fährtenlesers gelingt Leonardo DiCaprio etwas selten zuvor gesehenes. Er spielt, wie schon in „Wolf of Wall Street“, mit solcher Hingabe, dass klar wird: Seine Passion ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Absurde Fieberträume seiner verstorbenen Frau, einer Ureinwohnerin, und seines ermordeten Sohns begleiten seine Reise Richtung Rache ebenso wie wilde Jagdszenen, denn auch die Arikara-Indianer sind ihm noch auf den Fersen. Grenzen kennt Glass anscheinend keine: So verspeist er den ersten gefangenen Fisch fast roh, oder weidet einen von Wölfen getötetes Bison aus.

The Revenant - Der Rückkehrer: John Fitzgerald (Tom Hardy) (c) 20th Century FoxJohn Fitzgerald (Tom Hardy) führt nichts gutes im Schilde (c) 20th Century Fox

Auch der Nebencast kann überzeugen: Sei es Captain Henry als moralischer Misfit in der gesetzlosen Schneewüste Nordamerikas oder der unerfahrene,  leicht zu manipulierende Jim Bridger (Will Poulter). Und eben Tom Hardy, der John Fitzgerald als gerissenen Grobian gibt und dessen dreckiger Proletensprech im Gegensatz zu seinen skrupellos-berechnenden Handlungen steht. Dieser Fitzgerald passt wohl am besten in die lebensfeindliche Welt dieses Westerns, in dem sich jeder am besten der Nächste ist und jegliche Hilfsbereitschaft meist (mit dem Tod) bestraft wird. Neben den amerikanischen Glückssuchern mischen nämlich auch noch französische Banden und die omnipräsenten Arikara mit, wenn es um territoriale Fragen und Pelzhandel geht.
Cinematographisch ist „The Revenant – Der Rückkehrer“ ein Meisterwerk: Vor fast jede handlungsrelevante Szene ist ein Standbild der Wälder, Berge und schneebedeckten Ebenen geschoben, die ebensogut  aus einer bildgewaltigen Naturdoku stammen könnten. Auch ist die Wahl der Drehorte genau durchdacht und extrem abwechslungsreich.
Trotz der Überlänge ist Iñárritus Film nie langweilig, im Gegenteil: Die von ihm geschaffene Welt ist so feindlich, dass man immer und überall mit dem Schimmsten rechnen muss. die Actionszenen sind ebenfalls großartig geschossen: Unkonventionelle Kamerafahrten über Gewehrläufe wechseln sich mit One-Shot-Sequenzen ab und sorgen für atemberaubende Szenen. Fast glaubt man, Glass‘ Begleiter auf der Flucht zu sein, so nah kommt man ihm über die Kamera. Untermalt von der ruhigen, aber tristen Musik, bleibt der Zuschauer mit offenem Mund und dem Gefühl zurück, etwas ganz besonderem beigwohnt zu haben.

Beitragsbild und Video (c) 20th Century Fox

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„The Revenant – Der Rückkehrer“ (2015) Kritik: Schnee von Morgen

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