The Walking Dead Staffel 5 Folge 13 – „Forget“ (Spoiler-Alarm!)

Tommy 10. März 2015 1

Nachdem sich die letzte Folge noch um das Erinnern drehte, soll jetzt das Vergessen in den Mittelpunkt rücken. Doch die Hölle hinter sich zu lassen ist nicht leicht, auch wenn man im Paradies ist. Die Neuankömmlinge in Alexandria haben ihre Traumata nicht vor den Toren der Siedlung ablegen können; sie begleiten sie, wie ein belastender Schatten.

Nostalgie und Selbstmord

Die ersten Eindrücke vor dem Titellied sollen dies erneut verdeutlichen und die Kluft zwischen den Überlebenden vor und hinter der Mauer aufzeigen. Sascha will sich für einen Ausgang Waffen ausleihen, die von Olivia beaufsichtigt werden. Die Übergabe lässt sie stumm über sich ergehen, allerdings spürt man regelrecht, wie sehr sie die Nähe zu Olivia verlassen will. Diese quasselt nämlich in einer Tour über belanglose Nichtigkeiten aus ihrem früheren Leben. Dass sie frühes Aufstehen durch ihren Beruf gewöhnt sei, immer noch ihr Handy bei sich trage und sich bestimmt zu Tode erschrecken würde, wenn es doch einmal klingelt. Als sie Sascha beiläufig fragt, ob sie ihr bei Gelegenheit eine Wildschweinkeule mitbringen könnte, entgleisen ihr kurz die Gesichtszüge. Dass Olivia derart fröhlich ist, versetzt sie offenkundig in Erstaunen. Die anschließende Szene bestätigt den Kontrast zwischen beiden Frauen. Sascha nutzt Fotos von glücklichen Familien als Zielscheibe und scheint mit ihren Schießübungen Beißer anlocken zu wollen. Resigniert sitzt sie in der letzten Einstellung auf einem Baumstumpf und fordert in die Stille hinein, dass die Untoten sie holen sollen. Ihre Bitte bleibt zwar unerhört, doch führt es die Problematik nochmals vor Augen: Die Erfahrungen der Gruppen könnten unterschiedlicher kaum sein. Die einen mussten ums Überleben kämpfen und dabei ihre Menschlichkeit opfern, während die anderen in Sicherheit eine vergleichsweise ruhige Zeit verbrachten. Eine Annäherung wird ihre Zeit brauchen; soviel ist klar.

Carol – Das Chamäleon

„Forget“ konzentriert sich im weiteren Verlauf auf Carol, Rick und Daryl, die sich auf einen möglichen Untergang von Alexandria vorbereiten wollen. Und was benötigt man, wenn es wieder hart auf hart kommt? Natürlich, Waffen. Diese werden wie erwähnt überwacht, weswegen Carol ihr Image als „harmlose Hausfrau“ nutzen soll. Ihr wird ein solch abgebrühtes Verhalten nicht zugetraut, weswegen sie in ihren Bewegungen und Aktionen nicht kritisch beäugt wird. Zumindest nicht so kritisch wie Daryl. Es wird einmal mehr deutlich, wie klug ihre Scharade ist, die sie inzwischen scheinbar perfektioniert hat. Ganz beiläufig redet sie mit anderen Damen über Kochrezepte, nur um einige Sekunden später wieder kühl und analytisch mit Rick das weitere Vorgehen abzusprechen. Wer genau hinhört, erkennt sogar, dass sich ihre Stimme in den unterschiedlichen Umgebungen verändert.

Carol scheint diese zwei Seiten ihrer selbst gut trennen zu können und hat keine Probleme, zwischen ihnen zu wechseln. Deanna veranstaltet eine Willkommensfeier für Rick und seine Leute, die Carol als Gelegenheit nutzt, um sich unbemerkt ein paar Waffen zu organisieren. Bei ihrer Raubtour wird sie jedoch vom Jungen Sam überrascht. Zuerst versucht Carol ihn mit ihren bereits berühmten Keksen zum Schweigen zu überreden. Als dies nicht funktioniert, zeigt sie ihr skrupelloses Gesicht. Sie droht dem Jungen damit, ihn nachts zu entführen und in der Wildnis an einen Baum zu fesseln. Weit entfernt vom Lager, wo ihn niemand schreien hört. Jedenfalls niemand, der ihm helfen könnte…

Es wirkte anfangs, als hätte Carol die wenigsten Schwierigkeiten, sich anzupassen. Sie plaudert locker mit anderen, ist betont freundlich und sogar erste Flirtavancen meistert sie. „Forget“ zeigt auf, dass ihre Täuschung das Gegenteil bewirkt. Sie zeigt nicht ihr wahres Ich, weswegen sie niemanden der Fremden an sich heranlässt. Sie baut keine Verbindungen zu den Menschen von Alexandria auf, wodurch sie ihnen gegenüber weniger Hemmung hat. Dies wird deutlich, als gegen Ende der Folge die Waffen verteilt werden sollen und sowohl Rick als auch Daryl die Notwendigkeit hinterfragen. Sie haben ihre eigenen Erfahrungen gesammelt, sich geöffnet und dabei zu einigen Personen etwas aufgebaut, das man fast Beziehung nennen könnte.

Daryls neue Aufgabe

Daryl pflegt in der Folge erneut sein Bild des „lonely wolf“. Bei einem Jagdausflug begegnet er wohl nicht zufällig Aaron, der ihn danach begleiten darf – vorausgesetzt, er hält die Klappe. Aus dramaturgischer Sicht hält er sich glücklicherweise nicht daran und redet mit Daryl über seine Rolle als Außenseiter. Aaron ist zwar schon länger in Alexandria, aufgrund seiner Homosexualität wird er trotzdem weiterhin kritisch beäugt. Er mimt den Verständnisvollen, ist in einer ähnlichen Position wie Daryl und versteht deshalb seine Gefühle.

Die beiden Jäger treffen anschließend auf einen Hengst, den Aaron seit einiger Zeit fangen will; bislang vergebens. Das Pferd wird zu einer Analogie für Darly aufgebaut, da es durch seine Zeit in der Natur verwildert ist und sich von der Zivilisation entfernt hat. Es wird seine Zeit brauchen und lediglich unter Schwierigkeiten zu schaffen sein, aber es ist nicht „unzähmbar“. Die Freiheit hat ihre Verlockung, an die man sich gewöhnt, doch im weiteren Verlauf wird deutlich, dass die Sicherheit der Gruppe durchaus Vorteile bietet. Ein erster Versuch, das Pferd zu fangen, wird von einer Bande Streuner unterbrochen. Nachdem sie die Beißer getötet haben, verfolgen Daryl und Aaron den Hengst. Als sie ihn erneut finden, können sie jedoch bloß zusehen, wie es von Untoten ausgeweidet wird. Spinnt man die Analogie weiter, ist die Folge für Daryl ähnlich finster: Wer vor der Zivilisation flieht, den ereilt der Untergang. In einer Art Racheakt töten er und Aaron die Streuner und beenden niedergeschlagen ihren Abstecher.

Die Erfahrung scheint die beiden dennoch einander näher gebracht zu haben, denn Daryl nimmt eine Einladung von Aaron an, mit ihm und Eric Spaghetti zu essen. Dabei eröffnet Aaron ihm das Angebot, ein Rekrutierer zu werden und künftige Bewohner Alexandrias den Weg zur Siedlung zu zeigen. Sein Überlebensinstinkt prädestiniere ihn dafür, aber noch mehr seine gute Menschenkenntnis. Um ihm die Offerte schmackhaft zu machen, bietet Aaron ihm die Motorradteile an, die der Vormieter in seinem Haus hinterlassen hat. Vermutlich hat Daryl das Gefühl gebraucht, gebraucht zu werden, denn er nimmt die Aufgabe an und bedankt sich sogar bei Aaron.

Zwischen Loslassen und Festhalten

Rick macht eine ähnliche Entwicklung durch. Anfangs streitet er sich mit Deanna über die Sicherheit, was bei den beiden zu einem ewigen Konfliktthema wird. Auf der Willkommensfeier schafft er es letztlich lockerer zu werden – wobei sicherlich der Alkohol geholfen hat. Auf der Party redet er die meiste Zeit mit der verheiraten Jessie, die bereits in „Remember“ als sein Objekt der Begierde etabliert wurde. „Forget“ geht einen Schritt weiter, denn Rick versucht Jessie zu küssen. Die Zuneigung basiert nicht auf Gegenseitigkeit, zumindest nicht in dieser Intensität, denn sie lässt ihn alleine zurück und gibt sich am nächsten Tag betont harmlos. Bei dieser Gelegenheit blitzt der Rick auf, den ein paar Drinks und eine entspannte Atmosphäre einen Abend zuvor verdecken konnten. Beim Anblick von Jessies Ehemann geht Ricks Hand zum Revolver und für einen Moment kommt der Rick zum Vorschein, der sich das holt, was er will. Zwar wird der Ehemann diesmal verschont, allerdings ist der nächste Konflikt auf diese Weise einprägsam angedeutet worden.

Gut, aber auch nicht mehr

„Forget“ zeigt ein grundlegendes Problem von „The Walking Dead“ auf: Das Ensemble ist zu groß, um sich auf alle gleichmäßig konzentrieren zu können. Die Serie muss sich zwangsläufig in einer Folge mit wenigen Charaktere beschäftigen, sonst würde die Laufzeit überschritten werden. Wer sich eine Figur als Liebling auserkoren hat, ist gezwungen, sich zu gedulden, bis sie alle paar Folgen wieder mehr zeigen darf. Hier hat es also Carol, Rick und Daryl erwischt, die für sich nette Geschichten erzählen. Insgesamt kann die Folge nicht an die zwei Vorgänger anknüpfen, da die dafür nötige Spannung nicht so recht aufkommen will. Es ist eher ein Innehalten und Vertiefen, das durchaus seine Berechtigung hat, in der nächsten Woche darf es aber bitte wieder etwas dynamischer weitergehen. Die Folge hat einiges getan, um diese Hoffnung zu wecken, da Konflikte aufgebaut wurden, die packend werden können. Wenn man sie richtig anpackt.

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