Under The Skin: Regisseur Jonathan Glazer im Interview

Florian Erbach 26. September 2014 0
Under The Skin: Regisseur Jonathan Glazer im Interview

Under The Skin ist wohl einer der faszinierendsten Filme 2014. Jonathan Glazer schuf mit der Geschichte um ein Alien, welches Männer verführt und schließlich „verschwinden“ lässt, einen visuell wie auch klanglich außergewöhnlichen Film. Scarlett Johansson spielt das kühle Alien und auch wenn sie wenig sagt, ist ihre Präsenz und ihr Spiel ebenso hervorzuheben wie die gesamte Konzeption des Films.

Under The Skin ist kein gewöhnlicher Spielfilm, sondern erinnert in Teilen an eine Performance und hat viel Künstlerisches. Mit wenig Budget und teilweise im dokumentarischen Stil abgedreht, kommt der Science-Fiction-Arthouse-Film am 10. Oktober 2014 endlich auch in Deutschland auf den Markt. Doch leider nicht wie es eigentlich sein sollte, ins Kino, sondern gleich auf DVD und Blu-ray.

Wie gestalteten sich die Dreharbeiten? Waren die vorkommenden Personen wirklich zunächst nicht eingeweiht? Auf diese und andere Fragen antwortet Jonathan Glazer im nachfolgenden Interview.

Jonathan Glazer im Interview

Was hat Sie an diesem Projekt gereizt?

Mir gefiel die Idee, die Welt mit den Augen einer Außerirdischen zu sehen. Das gab für mich den Ausschlag.

Wie sind Sie darauf gekommen, UNDER THE SKIN mit versteckter Kamera zu drehen?

Der zentrale Gedanke war, dass die Schauspielerin nicht als solche erkennbar sein sollte, damit sie sich in der wirklichen Welt frei bewegen konnte. Also haben wir ein eigens darauf zugeschnittenes Kamerasystem entworfen – nämlich klein genug, dass man sie verstecken konnte. Dann mussten wir unsere Kameras nur noch entsprechend positionieren. So konnte sich die Crew tatsächlich zurückziehen, sobald Scarlett Johansson den Schauplatz betrat. Es gab also keinerlei offensichtliche Anzeichen, dass hier ein Film gedreht wird.

In einer Szene fällt sie zum Beispiel auf der Straße hin, Passanten helfen ihr wieder auf die Beine. Normalerweise hätten wir die Straße sperren, Komparsen engagieren und proben müssen, bevor wir drehen können. In diesem Fall richteten wir einfach unsere versteckten Kameras auf den Punkt, an dem Scarlett stolpern sollte, und warteten ab, was passieren würde.

Außerdem verbringt unsere Protagonistin viel Zeit im Auto. Auch das sollte nicht gestellt, sondern ganz authentisch wirken. Ich wollte sie konzentriert bis selbstversunken am Steuer zeigen. Deshalb bauten wir auch im Auto Kameras ein. So konnte sie einfach drauflos fahren. Dabei filmten wir nicht nur Scarlett am Steuer, sondern auch ihre Umgebung. So konnten wir gleichzeitig sie und ihre Perspektive einfangen. Die Kameras wurden praktisch zu ihren Augen.

Wenn Scarlett Johansson im Film ihre Fensterscheibe herunterkurbelt und mit Passanten spricht – sind die zufällig gerade vorbeigekommen?

Ganz genau. Das sind lauter Leute, die einfach ihrem Alltag nachgehen.

Ist sie denn nie erkannt worden?

Doch, gelegentlich schon. Aber das kam selten vor. Zwei Nächte lang filmten wir in einem Club in Glasgow. Scarlett war mittendrin, und nach einer Weile – wenn sie vier, fünf Mal dasselbe gemacht hatte, wie zum Beispiel die Tanzfläche zu überqueren – wurde den Leuten natürlich klar, dass hier etwas vor sich geht. Aber immerhin sieht sie in UNDER THE SKIN ganz anders aus, als das Publikum sie kennt.

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Under The Skin – Scarlett Johansson

Aber wie plant man eine Szene, wenn die meisten Darsteller nicht wissen, dass überhaupt gedreht wird?

Man muss sich genau überlegen, wo man seine Kameras platziert, und dann genauso vorgehen, als hätte man alles unter Kontrolle. Das verleiht den Szenen eine große Spannung. Natürlich riskiert man dabei immer, dass am Ende nicht unbedingt das herauskommt, was man sich vorgestellt hatte. Aber das war mir ja von vornherein klar. Ich glaubte trotzdem, dass die Umsetzung so am besten klappen würde.

Sie waren sicher, dass es funktioniert?

Vom Konzept her, ja.

Es ist schon beeindruckend, dass ein Star wie Scarlett Johansson das mitgemacht hat.

Sie musste sich wirklich bedingungslos darauf einlassen, und das hat sie auch getan – in jeder Hinsicht. Dadurch wirkt ihre Darstellung völlig unverfälscht und lebensnah.

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