Viel Lärm um nichts (2012): Kritik zu Shakespeare in der Moderne

Ralf 10. März 2015 0
Viel Lärm um nichts (2012): Kritik zu Shakespeare in der Moderne

Normalerweise habe ich die Grundregel, Filme getrennt von ihren jeweiligen Vorlagen (z.B. Bücher oder Comics) zu betrachten und die Treue der Adaption nicht in meine Bewertung einfließen zu lassen. Was macht man jedoch, wenn es sich bei diesem Film um eine Adaption eines über 400 Jahre alten Theaterstücks von William Shakespeare in ein modernes Setting handelt- namentlich die Komödie Viel Lärm um nichts (2012) von Avengers-Regisseur Joss Whedon? Und der Film – trotz seines Settings in die Moderne- sämtliche Dialoge detailgetrau aus der literarischen Vorlage übernimmt? Für mich war nach einigen Minuten innerhalb dieses Filmes klar, dass ich ohne Kenntnis der Vorlage keine zufriedenstellende Kritik abgeben kann. Zum Glück stand diese bei mir noch in einem Regal herum……

Eine Hochzeit und ein Todesfall?

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Zum Verständnis der Handlung ist keine Kenntnis des Stückes selbst notwendig. Ich selbst habe es nur gelesen, um den Detailgrad der Adaption genauer nachvollziehen zu können. Und bis auf einige wenige Änderungen, auf die ich später eingehen werde, wurden Szenen und Dialoge wirklich originalgetreu übernommen. Zuschauern sollte also bewusst sein, dass die Vertonung und Synchronisation des Filmes auf dem shakespeareschen Original beruhen.

Zu Beginn des Filmes kehrt Fürst Don Pedro von einem erfolgreichen „Feldzug“ gegen seinen Stiefbruder Don Juan in das Haus seines Freundes Leonato ein und sucht für sich und seine Begleiter Unterkunft. Zu diesen Begleitern gehören auch der edle Claudio und der Lebemann Benedikt, die sich im vergangenen Feldzug als besonders tüchtig erwiesen hatten. Während ihres Aufenthaltes entwickelt Claudio Gefühle für Hero, die Tochter von Leonato, und hält bei diesem um ihre Hand an. Gleichzeitig befinden sich Benedikt und Beatrice, die Nichte von Leonato, in permanenten Wortgefechten miteinander. Beide genießen ihre Unabhängigkeit und könnten sich niemals eine Heirat vorstellen- wer könnte schon ihren Mundwerken und scharfen Zungen gewachsen sein?

Die Haupthandlungsstränge sind hierbei nun die bevorstehende Hochzeit zwischen Claudio und Hero und die versuchten Manipulationen von Don Juan. Dieser wurde nämlich von seinem Stiefbruder als Gefangener mitgeführt und sieht die anstehende Hochzeit als optimale Gelegenheit für seine Rache an allen Beteiligten seiner Niederlage. Gleichzeitig versuchen Don Pedro, Claudio, Leonato und Hero durch ausgefeilte Pläne eine Beziehung zwischen Beatrice und Benedikt zu arrangieren und sie ihre versteckte, zugrundeliegende Liebe erkennen zu lassen. Doch auch das führt nur zu weiteren Komplikationen……

Man merkt Viel Lärm um nichts (2012) deutlich seine Vorlage an, da sich der Film teilweise sehr abrupt und plötzlich entwickelt und die Charaktere doch oftmals sehr überzeichnet agieren- der Bühnenvorlage sei es geschuldet. Dennoch wirkt das ganze eher wie ein interessantes Experiment, als wie ein schlecht inszenierter Film. Gerade die altertümlichen Dialoge in Kombination mit dem modernen Setting sind zwar am Anfang etwas irritierend, entwickeln mit der Zeit jedoch ihren eigenen Charme. Für mich persönlich war gerade diese Umsetzung in die Moderne das Reizvolle an diesem Film, da es von weiterer Kreativität und Einfallsreichtum zeugt. Unterstützt wird das Ganze dadurch, dass der Film in Schwarz-Weiß präsentiert wird und damit nochmals ein Kontrast zwischen Moderne und Vergangenheit geschaffen wird.

Keine unnötigen Anpassungen

Wie bereits erwähnt hält sich der Film sehr genau an seine literarische Vorlage. Einige Dinge wurden jedoch dennoch abgeändert, sei es aus stilistischen Gründen oder dem Verständnis geschuldet. Sprachen sich beispielsweise im Theaterstück Beatrice und Hero mit dem Begriff „Mume“ an, wurde dies in den Dialogen nun in „Kusine“ abgewandelt, um ein besseres Verständnis zu erzielen. Zudem wurde eine explizite Rückblende zur Beziehung zwischen Beatrice und Benedikt eingebaut, welche im Original bestenfalls nur angedeutet wird.

Die meines Erachtens größte Änderung ist die Neubesetzung der Figur Konrad, eines der Vertrauten von Don Juan. Im Original handelt es sich hierbei um einen Mann, im Film von 2012 wurde diese Figur jedoch in eine Frau umgewandelt, die sich in einer Affäre mit Don Juan befindet. Das ist keine große Veränderung, besonders im Hinblick auf die Bedeutung der Figur, doch wirkt auch diese stimmig. Don Juan kann dadurch noch effektiver sein manipulatives und doch charmantes Wesen beweisen, welches auch als Ausgangspunkt für seine Intrigen fungiert.

Hilfreich ist zudem, dass alle Rollen des Filmes von erstklassigen und zum Großteil bereits etablierten Schauspielern verkörpert werden. Joss Whedon greift hierbei auch auf einige Personen zurück, die er bereits aus vergangenen Projekten kennt. Am markantesten sind hierbei mit Sicherheit Nathan Fillion (Firefly, Castle), Clark Gregg (Avengers, Agents of S.H.I.E.L.D.) und die aus den Serien Buffy bzw. Angel bekannten Amy Acker und Alexis Denisof. Besonders letztgenannter hat mir in der Rolle des Benedikt sehr gut gefallen, da er sowohl den scharfzüngigen Lebemann, als auch den werbenden Romantiker sehr gut verkörpern konnte. Gerade aufgrund der oftmals überzeichneten Aktionen und Reaktionen der Charaktere ist diese glaubhafte Umsetzung sehr wichtig, damit von Seiten des Filmes her kein lächerlicher Eindruck entsteht.

Fazit zu Viel Lärm um nichts (2012)

Ich tue mir schwer, diesen Film als eigenständiges Werk zu sehen und nicht nur als moderne Bühnenadaption. Als solche weiß der Film zu überzeugen und punktet besonders mit einer originellen Umsetzung in die Moderne und hervorragenden Schauspielern. Jedoch sollte sich niemand diesen Film ansehen, der mit der theatralischen Inszenierung von Theaterstücken und besonders Shakespeare nichts anfangen kann. Zu sehr werden Handlung, Dialoge und auch Charaktere von diesen geprägt, als dass man das einfach übersehen könnte.

Ich sehe das ganze ein wenig wie Musical-Filme: Manche Leuten mögen sie, andere nicht. Ich persönlich halte Viel Lärm um nichts (2012) für ein gelungenes Experiment, möchte ihn im Endeffekt aber vorallem Theaterfreunden ans Herz legen.

Video und Beitragsbild: (c) Edel:Motion

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