Wall Street: Geld schläft nicht Kritik: Oliver Stones Film

Lida Bach 9. Dezember 2016 0

Geld gehabt und verloren zu haben, könne schlimmer sein, als nie welches besessen zu haben, hieß es in Oliver Stones zynischem Börsenthriller Wall Street. Vielleicht erinnert sich Gordon Gekko (Michael Douglas) an die Worte, als er im Sequel nach einer 8-jährigen Haftstrafe wegen Insiderhandels aus dem Gefängnis kommt. Niemand wartet auf ihn. Nicht mal Tochter Winnie (Carey Mulligan), die den Kontakt abgebrochen hat. Doch Gekko ist noch der alte Geschäftemacher und hält wenig später lukrative Vorträge zu seinem Buch „Ist Gier gut?“. Dabei trifft er den jungen Finanzprofi Jake Moore (Shia LaBeouf), der mit Winnie liierte ist. Moore will sich an dem skrupellosen Geschäftsmann Bretton James (Josh Brolin) rächen, der seinen Mentor Louis Zabel (Frank Langella) in den Ruin und Selbstmord trieb. Für Gekko die Chance, sich seinerseits James zu revanchieren, der ihn einst ins Gefängnis brachte und sich nebenbei mit Winnie zu versöhnen. Er schlägt Moore einen Deal vor, der dessen Idealismus verpuffen lässt.

Im Gefängnis habe er gelernt, dass es etwas Wertvolleres gebe als Geld, sagt Gekko: Zeit. Familie statt Finanzen? Das klingt nach dem Gegenteil des coolen Finanzgenies aus dem Vorgängerfilm. Doch soweit vom Original entfernt ist der Plot keineswegs. Nicht Gekko hat sich geändert, sondern seine Prioritäten. Wie heißt es so schön? Zeit ist Geld. Für alle läuft sie ab, außer für die, die sie in Reserve haben in Gestalt junger Nachfolger, ob blutsverwandt wie Winnie oder geistesverwandt wie Moore. Die zukünftigen Gewinner sind die Grauen Herren. Sie können warten, bis die Aktien zu ihren Gunsten stehen. „Bears make money. Bulls make money. Pigs? Get slaughtered.“, sinniert Gekko in einem der zahlreichen maliziösen Dialogverweisen auf den ersten Teil. Nur wer weiß, auf welche großen und kleinen Tiere er sich verlassen kann, fährt weiter auf dem Finanzkarussell mit. Der Dollarkurs mag Achterbahn fahren, doch Humankapital ist eine Ressource noch sicherer als die Goldreserven in Fort Knox.

Win-Win

Es geht nicht um Geld. Es geht um das Spiel“, weiß Gekko und darin sind alle Global Player. Wer nicht wie er und Moore die internationale Etikette beherrscht, ist chancenlos. Die Wirtschaft brach in sich zusammen ein wie die Türme des World Trade Centers, die sie symbolisierten. Die Spekulation, laut Stone die Mutter allen Übels, windet sich als Börsenkurse und Zahlenkolonnen um die Spiegelfassaden Manhattans, eine endlose Würgeschlange, die den Finanzmarkt im Griff hält. „Wir könnten genau jetzt in einer Blase sein“, sagte Oliver Stone auf der Pressekonferenz zum Film. Niemand wisse, wann sie zerplatzt. Die letzte Seifenblase, das Ideal vom trauten Heim und Familie, lässt Stone jedoch nicht platzen. „Win“ nennt Gekko seine Tochter einmal. In einer perfiden Wendung erweist sie ich als die lukrativste Langzeitanlage und wirft einen unschätzbaren Gewinn ab: frisches Humankapital. Das trügerische Happy End lässt Großpapa Gordon mit frisch aufgeladenem Zeitaccount ein neues Leben beginnen: das seines Enkelkindes.

OT: Wall Street: Money never sleeps

Regie: Oliver Stone

Produktionsland: USA

Produktionsjahr: 2010

Verleih: Fox

Länge: 133 min.

Kinostart: 21. Oktober 2010

Beitragsbild © Fox

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