„What Happened to Monday“ Kritik: actionreiche Dystopie mit Noomi Rapace in gleich sieben Rollen

Eugen Zentner 15. Oktober 2017 0
„What Happened to Monday“ Kritik: actionreiche Dystopie mit Noomi Rapace in gleich sieben Rollen

Die Zahl der Menschen auf der Welt wächst kontinuierlich. Mit diesem Thema beschäftigt sich der dystopische Film «What Happened to Monday», in dem eine staatliche Behörde rigoros ihre Ein-Kind-Politik durchdrückt. Für die sieben gleichgeborenen Schwestern Settman wird das zum Problem.

Die ersten Bilder von «What Happened to Monday» sind durchaus spektakulär. Zu sehen sind überfüllte Straßen, volle Strände und riesige Menschentrauben an Bahnhöfen, wo sich Passagiere in die Züge hineinpferchen müssen. Schnell wird klar, dass Tommy Wirkola («Dead Snow», «Hänsel und Gretel: Hexenjäger») ein pessimistisches Zukunftsszenario entwirft, indem er auf das gegenwärtige Problem der Überbevölkerung anspielt. Doch dann macht sich gleich der erste Logikfehler bemerkbar: Der Regisseur verortet die Handlung ins Europa des Jahres 2073.

Nun haben die Industrieländer auf dem Kontinent wahrlich nicht wenige Probleme verursacht, doch keines von ihnen ist auf die Geburtenrate zurückzuführen. Diese fällt im Vergleich zu anderen Nationen noch immer am niedrigsten aus. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird. Diese Unstimmigkeit kann man dem dystopischen Film leicht verzeihen, zumal die Geschichte vielversprechend beginnt. Damit die Welt an den Folgen der Überbevölkerung nicht untergeht, hat die Regierung eine strenge Ein-Kind-Politik eingeführt. Jeder Verstoß dagegen wird hart bestraft. Dafür sorgt das Kinder-Zuteilungsbüro unter der Leitung der gnadenlosen Nicolette Cayman (Glenn Close). Die Behörde nimmt den Eltern jedes weitere Baby weg und friert es mithilfe spezieller Technik ein, bis die Ressourcen wieder zur Ernährung der gesamten Weltbevölkerung reichen. So lautet zumindest das Versprechen. Doch Terrence Settman (Willem Dafoe) hegt Zweifel.

Als seine sieben verwaisten Enkelinnen zur Welt kommen, denkt er einen Plan aus, wie er sie vor der Behörde retten kann. Er baut seine Wohnung zu einem ausgeklügelten Versteck um und benennt jede der gleich aussehenden Schwestern nach einem Wochentag, an dem sie jeweils aus dem Haus gehen können. Wenn sie das tun, nehmen sie alle ein und dieselbe Identität an und handeln als Karen Settman. Ihre eigene Persönlichkeit leben sie innerhalb der eigenen vier Wände aus, die sie sechs Tage die Woche nicht verlassen dürfen. Wie sich die sieben Schwestern unterscheiden, wird allerdings rein äußerlich erkennbar. Da ist die elegante Monday und die New- Age-Träumerin Tuesday, die jede Menge Gras raucht, um sich zu beruhigen. Von ihnen setzt sich Wednesday durch ihre körperliche Fitness ab. Sie treibt viel Sport und wirkt burschikos. Thursday ist hingegen die dominante Rebellin, die Anführerin, während Friday das introvertierte Genie mit Brille verkörpert. Die stets pink gekleidete Saturday tritt mit ihrem blonden Haar und alkoholischem Getränk in der Hand als Partygirl in Erscheinung. Sie ist das genaue Gegenbild zu der zugeknüpften Sunday, die etwas Mütterliches hat.

Dargestellt werden sie alle von einer einzigen Schauspielerin: Noomi Rapace. Was der schwedische Star kann, hat er in der «Millennium»-Trilogie und Filmen wie «Prometheus – Dunkle Zeichen» oder «The Drop – Bargeld» gezeigt. In «What Happened to Monday» bleibt Rapace unter ihren Möglichkeiten, weil Regisseur Tommy Wirkola im Film wenig Zeit dafür lässt, dem Charakter jeder Schwester Tiefe zu verleihen. Stattdessen konzentriert er sich ausschließlich auf die äußere Dimension und begeht dabei einen weiteren Logikfehler: Abgesehen davon, dass es kaum vorstellbar ist, wie zum Beispiel die muskulöse Wednesday oder die blonde und dazu kurzhaarige Saturday im Sommer wie Winter das stets gleiche Bild der schlanken und schwarzhaarigen Karen Settman aufrechterhalten, lassen insbesondere die kommunikativen Herausforderungen enorme Zweifel aufkommen. Da jede der Schwestern nur an einem Tag der Woche mit Nachbarn, Bekannten oder Kollegen spricht, müssen sie sich alle im Informationsrückstand befinden. An einer Stelle macht der Film dieses Problem offensichtlich: Tuesday gerät im Gespräch am Arbeitsplatz ins Straucheln, weil sie nicht weiß, was eine ihrer Schwestern an einem anderen Tag zu dem gleichen Thema gesagt hat.

Solche Situationen verdeutlichen, welche Schwierigkeiten die multiple Identität mit sich bringt. Umso mehr drängt sich dann die Frage auf, wie der jeweilige Tag der so unterschiedlichen Schwestern aussieht und wie sie es schaffen, unentdeckt zu bleiben, obwohl jede von ihnen einen anderen Charakter hat. Dieses Problem umgeht Wirkola elegant, indem er darauf verzichtet, ihren jeweiligen Alltag zu zeigen. Nach einer kurzen Einführung ihrer Lebenssituation bricht auch schon die Katastrophe herein, als Monday nicht nach Hause kommt. Plötzlich werden die restlichen Schwestern zu Gejagten, die gegen ein Killerkommando ankämpfen müssen. So interessant der Film anfängt, so einlullend ist er nach der Exposition, obwohl es an Action nicht mangelt. Gerade darin liegt das Problem. Der zweite und dritte Akt bestehen hauptsächlich aus Prügelorgien, Schusswechseln und Explosionen. Unterbrochen werden diese zähen Passagen von einer kurzen Romanze und einer überraschenden Intrige, die dann wieder im Kugelhagel mündet.

Dass «What Happened to Monday» sein Potential nicht ausschöpft, ist sehr bedauerlich. Denn das Thema bietet alles, was eine gute Dystopie braucht. Überbevölkerung trägt zum Klimawandel bei, zur Ressourcen-, Wohnungsknappheit und Erosion. Sie ist Ursache für Luftverschmutzung, menschliche Konflikte und Flüchtlingsströme. Daher stellt sich angesichts dieser Tendenzen die Frage: Welche sozialen Auswirkungen wird das Bevölkerungswachstum haben? Eine mögliche Antwort darauf bleibt der Film leider schuldig. Immerhin gibt es eine Szene, die man so schnell nicht vergisst. In einer Rückblende wird gezeigt, wie die noch sehr junge Thursday bei einem Unfall einen Finger verliert. Gleiches muss nun den anderen sechs Schwestern widerfahren, damit sie weiterhin in die Identität Karen Settmans schlüpfen können, ohne Verdacht zu erwecken. Also greift der Großvater zum Messer und schneidet der Monday ebenfalls den Finger ab. Das ist hochdramatisch, emotional und logisch plausibel. Davon hätte der Film mehr bieten können.

Kinostart ist der 12. Oktober 2017.

Der Trailer zu „What Happend to Monday“:

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„What Happened to Monday“ Kritik: actionreiche Dystopie mit Noomi Rapace in gleich sieben Rollen

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