„How to Change the World“ (2015) Kritik – David (gegen David) gegen Goliath

Max Christ 14. August 2015 0
„How to Change the World“ (2015) Kritik – David (gegen David) gegen Goliath

„Jeder kann die Welt verändern, ich bin davon überzeugt – auch heute!“ – Brigitte Behrens, Geschäftsführerin von Greenpeace Deutschland

Greenpeace ist nicht nur eine Vereinigung von Aktivisten, eine Organisation, welche sich für den Erhalt unseres Planeten und ihrer Bewohner engagiert, Greenpeace kann im heutigen Sprachgebrauch als ein Synonym für Umweltschutz angesehen werden. Heute beschäftigt Greenpeace ca 2.400 Mitarbeiter und erhält Unterstützung von 3 Mio. Fördermitgliedern, ist in allen 6 Kontinenten mit insgesamt 40 Büros tätig und ist für seine Aktionen gegen unter anderem Kernwaffentests, Walfang, Überfischung und globale Erwärmung bekannt. Wenige wissen jedoch, wer hinter diesen weltumgreifenden, medial-omnipräsenten Kampagnen steht, wie diese international vernetzt sind und in welchen Gebieten sich die Stiftung einsetzt. Die Wurzeln, die Entstehungsgeschichte und die Gründungsväter sind hingegen noch unbekannter.

Dieser Vorhang wird mit der Dokumentation „How to Change the World“ von Jerry Rothwell gelüftet. Der Film wurde mit dem World Documentary Jury Best Editing Awards des Sundance FilmFestival 2015 geehrt und von etlichen Stimmen der Presse als sehr interessant, bewegend und für die heutige Zeit äußerst wichtig erklärt. Auf etwa 1500 16mm-Filmdosen, aus dem Archiv Greenpeaces, konnte der Regisseur zugreifen; eine Zeitreise in die frühen 70er Jahre, in denen eine buntgemischte Mannschaft Geschichte schreiben sollte.

„Geschichte schreiben, das bedeutet zu neunzig Prozent zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.“ – Bob Hunter, Greenpeace Mitbegründer

1971 segelte eine Gruppe von Journalisten, Biologen, Musikern, Fotografen und amerikanischen Wehrdienstverweigerern vor die Küste Alaskas, um einen Atombombentest zu verhindern. Die Bombe wurde jedoch gezündet und die Mannschaft des Fischkutters, die „Greenpeace“, vom amerikanischen Militär verhaftet und zum Hafen zurück begleitet. Auf den ersten Blick ein Fehlschlag, war dieses Unterfangen hingegen ein voller Erfolg. Das Ziel wurde nicht erreicht, die Reise war aber umso wichtiger. Im Fernsehen wurde über die Aktivisten berichtet, die als Dorn im Auge der Regierung deren Pläne behinderten und der Grund für Terminverschiebungen waren. Die Crew an Bord übermittelte stets Sprachnachrichten ans Festland, um die Öffentlichkeit zu informieren. Angekommen am Festland erfuhr die Mannschaft von etlichen Protestaktionen inspiriert durch ihre mitreißende Mission. Es bildete sich eine Folgschaft. Der Atomtest Amchitkas wurde der letzte seiner Art; die scheinbar misslungene Aktion trug Früchte. Es war die Geburtsstunde der Bemühungen für einen grünen Frieden auf Erden und der Beginn der modernen Umweltbewegung. Entscheidend für die Entwicklung zum Greenpeace der Gegenwart, war jedoch ein anderes Kapitel während dieser Odyssee.

„Auf den ersten Blick sah es fast wie eine kleine, mit Treibholz überhäufte Bucht aus. In Wirklichkeit waren es Knochen.“ – Bob Hunter

Am Beginn der Reise war der Schutz von Menschenleben die höchste Prioriät. Eine Tatsache, die sich ändern sollte. Bei einer ihrer Landgänge ging die Gruppe in der Nähe einer Walfangstation an Land. Was sie vorfanden, berührte speziell Bob Hunter, der aus diesem Erlebnis schöpfend die zukünftige Richtung von Greenpeace prägte: Artenschutz, speziell der von Walen. Aufnahmen über ihre Aktionen zum Schutz der Wale sind heute weltbekannt.

„Jahrelang war es unsere größte Sorge gewesen, dass sich die Menschheit mit ihre atomaren Waffen selbst vernichten könnte. Nun schien es, als ob der Schutz des menschlichen Lebens allein nicht ausreichte.“ – Bob Hunter

Protagonist der Handlung ist der Anführer wider Willen, Journalist Bob Hunter. Aus dessen Texte und Tagebücher, der Schauspieler Barry Pepper, als Stimme aus dem Off, vorliest. Bereichert wird dies mit animierten Comiczeichnungen von Hunter. Hauptsächlich wird auf das umfassende Material aus dem Archiv zurückgegriffen. Hinzu kommen Aufnahmen aus der Gegenwart und Interviews mit Zeitzeugen.

„How to Change the World“ ist eine Dokumentation über Entwicklung und Veränderung: Die Anfänge, der Werdegang und die gegenwärtige Situation von Greenpeace. Die menschlichen Höhen und Tiefen, die Kämpfe untereinander und mit sich selbst, der Mitglieder. Der gesellschaftliche und persönliche Druck für die damals, planlos, mit einer kleinen Mission in See gestochenen, die bald die Gallionsfigur einer ganzen Bewegung wurden und daran fast zerbrachen. Aber auch die Entwicklung der Gesellschaft, die immer umweltbewusster wurde, von Atombombentests von damals bis zu weltweiten Umweltbewegungen von heute.

Der Film ist eine Aufnahme von/über damals, für heute. Er lässt den Zuschauer innehalten und realisieren, dass der Kampf gegen die Atombombe der 70er, dem Aufbegehren gegen die Klimabombe von heute gleichkommt. Aber nicht nur das Thema Umwelt ist so aktuell, sondern auch die Verwendung der Medien. Von Anfang an war den noch unerfahrenen Aktivisten, die Relevanz und Wirkung der Medien bekannt. An Bord ständig präsent war eine Filmcrew, die das Leben auf dem Schiff und alle Ereignisse dokumentierten. Weiterhin wurden Fotos geschossen und Artikel verfasst. Der von Bob Hunter geprägte Begriff „Mindbomb“, mit Bild, Ton und Film die Wahrnehmung der Gesellschaft zu wecken und die Mission in das Zentrum der Massen zu katapultieren, ist der Vater von Petitionen und Online-Kampagnen der jungen Facebook/Twitter-Generation.

„How to Change the World“ ist ein wichtiger und lehrreicher Film, der berührt und schockiert, die Thematik aber auch mit einer guten Portion Unterhaltung, Humor und Skurrilität auflockert.

„Der Film HOW TO CHANGE THE WORLD ist möglicherweiße die letzte „Mind-Bomb“ meines Vaters. Aber was er uns vermitteln wollte, gilt heute noch genauso wie damals.“ – Emily Hunter

In den deutschen Kinos ab 10. September 2015!

Beitragsbild: NFP marketing / Zitate aus dem Presseheft entnommen

„How to Change the World“ (2015) Kritik – David (gegen David) gegen Goliath

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