The Mission (1986) Kritik: Ein sehr unterschätztes Filmdrama

Florian Erbach 24. März 2014 0
The Mission (1986) Kritik: Ein sehr unterschätztes Filmdrama

Unbändige, unberührte, wunderschöne Natur – ein Land, noch voller Wunder und dem edlen Entdeckerdrang unterworfen. So könnte man die romantische Vorstellung der Kolonialzeit vielleicht in wenige Worte fassen. Doch schon im 18. Jahrhundert sah die Realität sehr viel anders aus: Kolonialherren gieren nach Profit, die Kirche, einst geistige und weltliche Macht, versinkt im Korruptionssumpf in Europa und muss um ihren Einfluss bangen, und die einheimische Bevölkerung sieht sich dem Verlust der eigenen Identität gegenübergestellt. In dieser Zeit eingebettet spielt das Drama The Mission – ein wunderschöner, mahnender und von fantastischer Filmmusik getragener Film.

Es stellt sich dem Leser jetzt vielleicht die Frage, weshalb umringt von aktuellen Blockbustern, ausgerechnet dieser Film einen Artikel verdient hat. Die Frage lässt sich ziemlich leicht beantworten: Ich bin selber nur durch Zufall auf The Mission gestoßen und wurde so überraschend gut unterhalten, dass diese nun folgende Filmempfehlung in die Welt hinausgetragen werden muss. Denn trotz der hohen Bewertungen und dem Staraufgebot mit Robert De Niro, Jeremy Irons und Liam Neeson, ist der Film doch eher unbekannt. Dies soll sich hiermit ändern.

Trailer zu The Mission

Das Paradies – jedoch nur für Kolonialherren

The Mission spielt in einer Zeit des politischen und territorialen Umbruchs, kurz vor dem Ende des 18. Jahrhunderts. Der Vertrag von Madrid (1780) regelt die Grenzen der von Portugal und Spanien kolonisierten Gebiete in Südamerika neu. Während in den spanischen Gebieten die Sklaverei verboten ist, darf diese Art des Menschenhandels in portugiesischen Gebieten sehr wohl betrieben werden. Durch die Neuregelung der Grenzen fallen viele Missionen des Jesuitenorden unter portugiesische Flagge und sollen unter Zwang aufgelöst werden. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Missionen dienen als Wohn-, Arbeits- aber auch Zufluchtsstätte der einheimischen Bevölkerung, die versklavt werden soll.

the mission Jeremy Irons

Pater Gabriel – (c) STUDIOCANAL

Pater Gabriel (Jeremy Irons) leitet eine Mission, tief im dichten Urwald, an einem Fluss gelegen und „über den Wasserfällen“. Nach anfänglicher Skepsis der einheimischen Bevölkerung wächst seine Gemeinde und seine Arbeit trägt Früchte. Mit ihm sind noch drei weitere Jesuitenmönche in der Mission tätig, die schließlich durch den geläuterten und reuigen Rodrigo Mendoza (Robert De Niro) Zuwachs gewinnen. Im Spiel um Macht und Geld können die Jesuiten jedoch wenig ausrichten und der Abgesandte aus dem Vatikan scheint die letzte Hoffnung. Doch auch er unterliegt nicht seinem Gewissen, sondern mächtigen Kräften im europäischen Machtgefüge. Die Mission und der Jesuitenorden sind in großer Gefahr.

Liebe als zentrales Motiv

The Mission bedient sich vieler Themen und Elemente: Sei es Bruderliebe, Sühne, Machtbesessenheit, Skrupellosigkeit oder Strebsamkeit. Doch das zentralste Motiv ist die Liebe. Die unerschütterliche Liebe zum Menschen, die Liebe zur Natur, zum Leben und glauben an die Liebe, ja auch die Liebe zu Gott. Gerade mir als jemand, der Religionen eher sehr kritisch gegenüber eingestellt ist, fiel es zunächst schwer zu glauben, dass The Mission mich als Drama packen könnte. Doch trotz der missionarischen Attitüde und der Bekehrung der einheimischen Bevölkerung zum „wahren Glauben“, ist es bei The Mission die unbedingte Liebe zum Menschen vorherrschend. Diese Liebe ist bei Betrachtung von außen auch durch Naivität, ja durch kindliche Naivität gekennzeichnet.

„Wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts. Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war.“ 1 Kor 13

Kirchenkritik passiert nicht in Form von Kritik am missionarischen Eifer, sondern in Form der Organisation der Kirche, die ihre eigenen Grundwerte dem Konstrukt der Macht opfert. Was sind schon ein paar „Wilde“ im Gegensatz zur Macht, zur Erhaltung der Macht? Glaube ist auch hier Auslegungssache, wenn sich die Soldaten bekreuzigen, ehe sie das Feuer auf wehrlose Menschen eröffnen. Ein Motiv, welches in Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft die Ambivalenz von Religion und Glauben offenbart.

the mission robert de niro
Robert De Niro – (c) STUDIOCANAL

Mit Hingabe spielt Jeremy Iron den Pater Gabriel und ihm gelingt es seine Weltsicht dem Betrachter nahbar zu machen. Es ist die Hingabe zu seinem Glauben, die ihn die einheimische Bevölkerung nicht als Wilde oder potentielle Sklaven sehen lässt, sondern als wissbegierige, freundliche und lebensfrohe Menschen. Der Zuschauer nimmt Anteil am Leben und erfreut sich der kleinen Dinge, die die Gemeinschaft ausmachen und trotz der drohenden Gefahr, wird stets das Positive aus der Weltsicht der Jesuiten betrachtet. Auch Robert De Niro trägt seinen Teil zu einem gelungem Drama bei. Seine Rolle des reuigen Söldners fügt sich nahtlos in den gesamten Film ein und die Wandlung vermag angesichts der Schönheit der Natur und Menschen nicht verwundern. Von der Läuterung bis hin zur Erlösung – wundervoll! Ebenso sind der leider schon verstorbene Ray McAnally als Abgesandter des Vatikan, der junge Aidan Quinn oder Liam Neeson unbedingt erwähnenswert. Ein dramaturgisch wie schauspielerisch absolut gelungener Film.

Doch eine Sache muss noch gesondert herausgestellt werden: Der wunderbare Soundtrack von The Mission. Ohne diesen wäre der Film um einiges ärmer gewesen und hätte seine Wirkung wohl kaum derart entfalten können. Ennio Morricone hat 20 wunderbare Musikstücke komponiert und es ist kaum vorstellbar, dass die Szenen am Fluss, im Wald oder in der Kirche eine andere musikalische Untermalung erfahren hätten. Die Musik trägt den Film genauso wie die Schauspieler und die Geschichte. Letztendlich sind es natürlich auch die eigentlichen Einwohner Südamerikas, die Guaraní und die wunderschöne Landschaft, die den Film zusätzlich zu etwas besonderem machen.

Filmmusik aus The Mission: Ennio Morricone – Gabriel’s Oboe / Main Theme

Fazit zu The Mission

Wenn Macht Recht ist, dann hat die Liebe keinen Platz auf dieser Welt.

The Mission ist eindringlich, wundervoll, voller Metaphern und mit einem Soundtrack versehen, der kaum besser sein könnte. Es ist die Nähe zur Landschaft, zu den Guaraní und das nachvollziehbare Schauspiel von De Niro, Iron und allen anderen, die die Geschichte um die Mission oberhalb der Wasserfälle zu einem absolut sehenswerten Drama werden lassen. Ein Einblick in der Welt Jesuiten, der einheimischen Bevölkerung von Südamerika und der Machtgefüge im ausgehenden 18. Jahrhundert. Ein Film, dessen Bilder und Musik noch lange nachklingen! Eine absolute Kaufempfehlung (Partnerlink) und 4,5 von 5 Punkten!

The Mission - (c) STUDIOCANAL

The Mission – (c) STUDIOCANAL

The Mission (1986) Kritik: Ein sehr unterschätztes Filmdrama

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