„Wilde Maus“: Kritik des Regiedebüts von Kabarettist Josef Hader

Nadine Emmerich 27. Februar 2017 1
„Wilde Maus“: Kritik des Regiedebüts von Kabarettist Josef Hader

Zack, raus, das war’s: Der Wiener Musikkritiker Georg wird von seinem deutschen Chefredakteur von einem auf den anderen Tag gefeuert. Sparzwang in den Redaktionen und so, die jungen Kollegen kosten schließlich nur die Hälfte. Fortan verbringt Georg, der sich selbst bis zuletzt als „Instanz“ fühlte, seine Tage Bier trinkend im Prater und sinnt auf Rache. Mit der Tragikomödie „Wilde Maus“ stellte der österreichische Kabarettist und Schauspieler Josef Hader jüngst im Berlinale-Wettbewerb sein Regiedebüt vor – das natürlich ebenso schwarzhumorig daherkommt wie Wolfgang Murnbergers Romanverfilmungen, aus denen man Hader als abgehalfterten Privatdetektiv Simon Brenner kennt.

Seiner jüngeren Ehefrau Johanna (Pia Hierzegger), einer Psychotherapeutin, die sich sehnlichst ein Kind mit Georg (Hader) wünscht, sagt der Geschasste nichts. Täglich verlässt er weiter das Haus, lungert tagsüber auf dem Rummel rum, freundet sich mit dem arbeitslosen Erich (Georg Friedrich) an und repariert mit ihm die marode Achterbahn „Wilde Maus“. Abends schleicht er sich zur Villa des Ex-Chefs („Tatort“-Kommissar Jörg Hartmann), demoliert dessen Auto, schmeißt ihm einen toten Fisch in den Pool und besorgt sich eine Waffe. Zwischendurch fährt er pünktlich zu Johannas Eisprung heim und schläft mit ihr.

Doch zunehmend entgleitet ihm sein bürgerliches Leben – bis er am Ende halbnackt im Schnee hocken wird. Chefredakteur Waller rennt nämlich nicht zur Polizei, sondern sieht mit Georgs Rachefeldzug gegen ihn die Spiele als eröffnet an – und sitzt zum Beispiel plötzlich als Patient auf Johannas Couch. Für Hader-Fans ist das Regiedebüt des Schauspielers ein Wiedersehen mit vielen liebgewonnenen, markanten Bekannten. Friedrich und Hierzegger kennt man aus Brenner-Produktionen wie „Komm, süßer Tod“ und „Der Knochenmann“.

Doch bei all dem pechschwarzen Humor ist es Hader auch durchaus ernst: Vor der ebenso trostlosen wie wundervollen Kulisse des Praters, wo der Klassikjournalist als Zeichen des tiefen Falls mit Kirmesmucke beschallt wird, erzählt er von privaten Versagensängsten und gesellschaftlichen Abstiegsnöten – und dem Zuschauer ist ein bisschen weniger zum Lachen zumute als sonst bei Hader üblich.

Er habe einen Mann zeigen wollen, „der wirklich richtig tief fällt“, sagte der Regisseur und Drehbuchautor bei der Vorstellung von „Wilde Maus“ bei der Berlinale. Musikkritiker hätten in Wien bis vor kurzem noch eine „fast königliche Stellung“ gehabt. „Wenn man eine Geschichte erzählt, sollte der Zeithintergrund spürbar sein“, glaubt er zudem. Einen Bären bekam der Österreicher bei der abschließenden Preisgala erwartungsgemäß nicht: Die Internationale Jury findet in der Regel wenig Gefallen an komischen Wettbewerbsbeiträgen.

Beitragsbild: (c) Ioan Gavril / Majestic

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