Neben den großen Blockbustern, hinter denen üblicherweise mit großzügigen Budgets um sich werfende Filmstudios stehen, führen die sogenannten Independent-Filme eher ein Schattendasein. Ein Schattendasein nichtsdestotrotz, das stetig wächst und seit Jahren beweist, dass auch Low-Budget-Produktionen großes Kino sein können. „Beasts Of The Southern Wild“ sei hier genannt. Große Bekanntheit und reißende Absätze finden solche Autorenfilme dennoch eher selten. Der berühmteste Independent-Regisseur unserer Tage dürfte QUENTIN TARANTINO sein. Auch DAVID LYNCH wird vielen ein Begriff sein. Bei PETER GREENAWAY ist es hierzulande dagegen schon schwieriger, jemanden zu finden, der mit diesem Namen etwas anfangen kann. Außerhalb Deutschlands hingegen erfreuen sich seine Filme großer Bekanntheit. Sein hierzulande bekanntester Film dürfte „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ mit Helen Mirren in der Hauptrolle sein.
Aber Moment mal, Autorenkino – was ist denn das überhaupt? Nun, Autorenkino bedeutet, dass der Filmschöpfer von Anfang bis Ende alles nach seiner Fasson gestalten kann/darf. Deshalb „Autorenkino“, denn der Regisseur ist nicht selten auch der Drehbuchschreiber, der Castingverantwortliche und der Dramaturg.
Diesen Independent-Produktionen stehen die Filmstudios gegenüber. Die kaufen Filmrechte, dann kaufen sie eine Crew, dann den Regisseur, dann das Drehbuch, dann die Schauspieler, dann die Dreherlaubnis usw. und letztendlich legen sie auch fest, wie der Film auszusehen hat. Als Beispiel: Vom neuen Star Trek Film erwartet das Studio PARAMOUNT, dass er doch gefälligst so knallbunt und lustig (und erfolgreich) wie „Guardians of the Galaxy“ sein möge. Möööööp! Deshalb wurde nun jüngst auch der Regisseur ausgetauscht. Nochmal Möööööp!
Bei Autorenkino hingegen weiß man als Zuschauer, dass man exakt das sieht, was der Regisseur und Autor, also die kreativen Kräfte, im Sinn hatten. Keine nachträglichen Verschnitte, kein Nachdrehen, kein Sonstwas, wovon sich die Studiobosse möglicherweise etwas mehr Gewinn ausrechnen. Autorenkino finanziert sich dieser Tage oft durch Crowdfunding, aber auch durch Sponsoren und natürlich Eigenleistungen der beteiligten Kreativen.
Budgetsorgen sollten Größen der Szene wie Peter Greenaway nicht mehr haben. Nach „Nightwatching“ (2008) mit Martin Freeman (The Hobbit, Sherlock) hat er nun mit „Goltzius & The Pelican Company“ den zweiten Teil seiner „Dutch Masters“ Trilogie inszeniert. In einem surrealen Setting setzt er nach Rembrandt dieses Mal den ebenfalls niederländischen Maler Hendrik Goltzius in Szene. Der Film wird sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen, auch kann man über so manche Szene streiten, brachial beeindruckend aber ist zweifellos Greenaways Händchen für Licht und Farben. Man hat oft den Eindruck, ein lebendiges Renaissance-Gemälde zu betrachten. Dazu der Einsatz von Licht und Schatten, Spiegelungen und Staub, Beton und Seide, Ordnung und Chaos. Der Film ist groteskes Theater mit vielen Überreizungen und surrealer Bildsprache, wie zum Beispiel einem Tisch zwischen zwei Gesprächspartnern, der während des Gesprächs immer größer wird und die Sprechenden auseinanderdriften lässt.
Die Inszenierung lebt von gnadenlosen Überzeichnungen. Die internationalen Schauspieler agieren furios, vor allem Anne Louise Hassing ist mir mit ihrer Darstellung eindrücklich im Gedächtnis geblieben. Mir bleibt verborgen, was mir der Regisseur mit diesem Film sagen will, doch war er unbestreitbar einer der beeindruckendsten und garantiert der seltsamste, den ich 2014 gesehen habe. Leider nicht im Kino, denn hierzulande ist der Film nicht einmal als DVD erhältlich.
4 Sterne für einen äußerst eigenwilligen und handwerklich rundum beeindruckenden Film.