Game of Thrones Staffel 5 Folge 6 Kritik „Unbowed, Unbent, Unbroken“

Thomas Neumeier 18. Mai 2015 5

„Unbowed, Unbent, Unbroken“ ist der Leitspruch des Hauses Martell von Dorne. Die Sandvipern rezitieren diesen Spruch, bevor sie losschlagen, doch handeln sie derzeit alles andere als im Sinne von Prinz Doran. Sie halten Doran für einen Feigling, der seinen Bruder Oberyn nicht zu rächen bereit ist, und vielleicht schlimmer noch: Auch die Rache für Elia, die vor über einer Dekade bei der Brandschatzung von Königsmund durch die Lannisters vergewaltigt und ermordet wurde, scheint ihn nicht zu interessieren. In der Tat wirkt Prinz Doran im Vergleich zu Oberyn und den Sandvipern nicht gerade tatendurstig. Eher träge und gezeichnet von seiner Krankheit, die ihn an einen Stuhl fesselt. Doch Prinz Doran ist weit mehr als er zu sein scheint. Und abgeschworen hat er der Rache keineswegs. Es gibt allerdings gute Gründe, warum er die Sandvipern nicht eingeweiht hat. Deren Plan, mal eben so der Lannister-Prinzessin an den Kragen zu wollen, um damit einen Krieg zu provozieren, erscheint mir erstaunlich naiv. Überhaupt geht mir dieser Handlungsstrang zu schnell.

Jaime und Bronn werden sich genau wie die Sandvipern nun erstmal in Kerkermauern wiederfinden. Als so hohe Herren eines nach außen hin verbündeten Hauses wird ihnen dort nichts Schlimmes widerfahren. Ganz anders Tyrion und Mormont, die Sklavenhändlern (angeführt von Mr. Eko aus LOST) in die Hände fallen. Zuvor erfährt Mormont vom Tod seines Vaters. Die berührendste Szene dieser eher ruhigen Folge, die dennoch sehr harten Tobak liefert.

„Winter is coming“ – um einen weiteren Leitspruch eines alten Hauses zu rezitieren. Selbst in Königsmund werden die warmen Farben immer seltener. Der Sommer ist vorbei, der Herbst hat Einzug gehalten. In mehrerer Hinsicht. Die wiederbewaffneten „Faith Militant“ errichten zunehmend eine Terrorherrschaft. Leidtragende sind alle Bewohner der königlichen Stadt, aber das kümmert Cercei nicht, solange sie nur die Tyrells weiter ins Abseits drängen kann. Noch immer sieht sie nicht, dass ihre Vergehen in der Vergangenheit weit schwerer wiegen als die von Ser Loras. Cercei ist in der Tat bemerkenswert kurzsichtig. Eine Königin wurde soeben abgeführt, das hat auch Lady Olenna nicht verhindern können. Die noch übrige Königin … nun, abwarten bis Cousin und Ex-Ser Lancel mal einen schlechten Tag hat.

Petyr Baelish trifft in Königsmund ein und erkennt schnell, wie sehr sich der Wind gedreht hat. Doch er ist auch schlau genug, nicht zu opponieren. Cercei gegenüber enthüllt er die bevorstehende Hochzeit zwischen Ramsay Bolton und Sansa Stark. Allerdings stellt er es so hin, als sei das von den Boltons ausgegangen. Tatsächlich war ja er es, der alles arrangiert hat. Während sich im Norden nun also die Schlacht zwischen Stannis und den Boltons ankündigt, fixt Petyr Cercei schon mal gegen den Sieger der Auseinandersetzung an und versichert ihr Königstreue. Als Gegenleistung möchte er Wächter des Nordens werden. Inzwischen sollte klar sein, dass auch dieses Versprechen nur eine weitere Stufe auf einer Leiter ist, deren Ende nur Petyr kennt.

In Braavos wäscht Arya im Haus des vielgesichtigen Gottes weiterhin Leichen. In dieser Folge „schenkt“ sie nun auch erstmals jemandem die Gabe des Gottes: einem unheilbar kranken Mädchen. Wenig später darf sie die „Hall of Faces“ sehen. Um nicht vorzugreifen, will ich das unkommentiert so stehenlassen, auf dass sich Bücher-nicht-Kenner erstmal selbst einen Reim darauf machen können, wie diese Gesichter und die Talente der Diener des vielgesichtigen Gottes möglicherweise zusammenpassen.

Auf Winterfell geschieht, was ich irgendwie noch immer nicht für möglich halte: Sansa heiratet Ramsay. Dass Petyr auf emotionaler Ebene etwas an Sansa liegt, ist inzwischen ausgeschlossen. Sie ist für ihn nur eine von vielen Schachfiguren, die er in seinem Sinne lenkt. Dass er sie einem Monster vorwirft, hat er in Kauf genommen, und so ist es nun gekommen. Die Folge endet mit Sansas Vergewaltigung im Ehebett.

Eine drastische und bedrückende Folge. Der Sommer ist vorbei. Das Licht schwindet. Der Winter kommt, und in vielerlei Gestalt ist er längst auch schon in Königsmund angekommen. Im allertiefsten Winter aber befindet sich nun Sansa in Ramsays Klauen. Game of Thornes ist nun wirklich alles andere als eine Wohlfühlserie, aber diese hier weiß geradezu zu deprimieren. Mormont hat die Grauschuppen, gleich sechs langgediente Charaktere (plus die Sandvipern) geraten in Gefangenschaft, Arya hat nur noch Tod um sich, Olenna kann ihre beiden Enkel nicht schützen, und Sansa ist auf Gedeih und Verderb Ramsay ausgeliefert. Schwierig, diese kalte Note nicht in eine objektive Bewertung einfließen zu lassen. Der Winter ist gekommen.