Gods of Egypt (2016): Kritik zum Action-Fantasy-Epos

Martin 5. September 2016 0
Gods of Egypt (2016): Kritik zum Action-Fantasy-Epos

Kassenerfolg nach dem Blockbuster-Rezept: Man nehme eine Handvoll bekannter Stars, jede Menge Action – in Szene gesetzt durch massig CGI-Einsatz – und eine bekannte Marke bzw. IP („Intellectual Property“ – Geistiges Eigentum). Simsalabim, Gods of Egypt entstand. Im Nachhinein muss man konstatieren, dass der himmlische Beistand dem Titel nicht hold war. Dem dicken Budget von ca. 140 Millionen Dollar standen Kinoeinnahmen gegenüber, die das Ganze mehr oder weniger zu einem Nullsummenspiel verkommen ließen. Sicherlich hat der finanzielle Erfolg nichts mit der Qualität des Films zu tun (siehe Transformers), aber ein Fingerzeig kann er schon sein. Liegt es am Film oder ist ägyptische Geschichte und Mythologie nicht so „in“ und „trendy“, wie die in die globale Pop-Kultur integrierten Comic-Helden? Das zumindestens könnte neben der Profitabsicht doch auch ein Ziel bei Gods of Egypt gewesen sein. Geschichte kann erlebbarer gemacht werden und muss nicht trocken sein!?

Von Schrumpfkörpern und Gestaltenwandlern

Ganz so ist es wohl nicht mit diesem ideellen Ansatz zugegangen. Die ägyptischen Gottheiten, ihre Ursprungsmythologie und das, wofür sie stehen, werden in Gods of Egypt nur als Oberfläche genutzt, um Akteure mit entsprechenden übermenschlichen Fähigkeiten auszustatten, mit denen sie sich auf einer melodramatischen Spielwiese (Altes Ägypten und dessen Schicksal) die sandigen Fäuste um die Ohren hauen. Das Setting, mit dem das Ganze garniert wird, ist nett ausgedacht, denn Gottheiten haben menschliche Gestalt und leben unter den Menschen. Moment, missverständlich ausgedrückt. Sie leben unter den Menschen, herrschen aber über sie bzw. stehen über ihnen. Also ein aktualisierter Ansatz, ohne die Rangordnung Gottheit-Mensch anzutasten. Damit der Zuschauer was zu gucken hat und nicht verwirrt wird, sind die Gottheiten etwa doppelt so groß wie die Menschen. Das hat den Vorteil, dass noch mehr Tricktechnik verwendet werden kann. Komisch wirkt dann, dass Menschen neben Göttern ihrer Größe nach Hobbits aus den Herr der Ringe-Büchern und -Filmen gleichkommen. Macht aber nichts, da neben den vielen großräumigen Actionszenarien Menschen eher selten zu sehen sind. Insofern bietet Ägypten zwar einen Rahmen, seine Welt wirkt aber nie lebendig. Damit die FSK-Wertung gedrückt werden kann, besteht das göttliche Blut aus Gold. Als Extra-Dreingabe können sich die Götter in Kreaturen verwandeln. Nun, eigentlich nur die Hauptgegenspieler. Besser für die Darsteller, da sie kaum Choreographien einstudieren mussten, aber schlecht für den Zuschauer, der Komplett-Animationen wie aus einem Videospiel bewundern muss. Da fehlt eigentlich nur noch die Interaktivität.

Wenn dem Menschen was Menschliches abgeht

Mit dem menschlichen Protagonisten, der als Erzähler auftritt, beginnt die Story. Der findige Taschendieb Bek (Brenton Thwaites), gleichzeitig Off-Erzähler, und seine Herzensdame Zaya (Courtney Eaton) besuchen die Krönungszeremonie des neuen Königs, Taugenichts Horus (Nikolaj Coster-Waldau), dessen weiser Vater Osiris nun abdankt. Die Rechnung haben sie aber ohne Set (Gerard Butler) gemacht – Horus Onkel und Bruder von Osiris – , der seiner tausendjährigen Wüstenherrschaft überdrüssig ist und das Königsrecht mit Gewalt an sich reißt. Er tötet Osiris, stiehlt die Augen des Horus, versklavt das ägyptische Volk und will nach und nach die anderen Gottheiten, die sich ihm widersetzen, aus dem Weg räumen und sich deren Fähigkeiten aneignen. Als Zaya getötet wird, geht Bek zu dem von ihr verehrten Gott und nun im Exil lebenden Horus, damit er sie aus dem Totenreich zurückholt. Die Figur des Bek ist im Folgenden auch einer der Knackpunkte, warum der Film nicht gut funktioniert: Als (menschliche) Identifikationsfigur für den Zuschauer in dieser Art von Film funktioniert er kaum. So wird die Vorstellung von Zaya und der Liebesbeziehung als dramatischer Anker viel zu schnell abgefrühstückt. Gods of Egypt will ein auf die ägyptischen Mythologie bezogenes allumspannendes Abenteuer inszenieren, das durch Bek erlebbar gemacht wird. Seine Reise mit Horus, an der auch dessen Angebetete Hathor (Elodie Yung) zeitweise teilnimmt, geht dieses Gefühl aber fast gänzlich ab. Bek witzelt, kämpft und frotzelt sich unangestrengt vom Sonnen- bis ins Totenreich wie business-as-usual. Kein Gefühl der Unschuld wie in Der kleine Muck (1953), wenig Anzeichen von Bedrohung wie in Jason und die Argonauten (1963) und am Schlimmsten: Kein Abenteuer-Feeling wie beispielsweise in Die Abenteuer des Odysseus (1997).

Vom Inneren und Äußeren

Letzteres wird auch dadurch vernichtet, dass die mal mit Exposition und Witz (begleitet von Dödelmusik) beladenen Dialoge vor allem dazu dienen, den nächsten Actionschauplatz vorzustellen. So dient die Geschichte/das Abenteuer nur als Zweckmittel für die Actionsequenzen, unter denen es zusehends begraben wird. Dabei sind Ansatz und vorstellungskräftige Elemente doch da: Übergroße Skarabäen, formwandelnde Pyramiden, Sonnenstation im Himmel. Sobald aber ein Set durch die meist stumpf und starr abgefilmte Szenerie stolziert, weiß man, gleich gibt’s eine Klischee-Konfliktlösung per Schlag auf die Glocke. Dass Gods of Egypt fast ausschließlich durch CGI-Einsatz entstanden ist, schadet – zusammen mit den fast schon genreüblichen schnellen Actionschnitten – der visuellen Textur des Films extrem. Gute CGI beflügelt die Vorstellung, schlechte CGI, so wie in Gods of Egypt, offenbart nur die Falschheit der Welt, die man eigentlich kreieren wollte. Das Copy-und-Paste-Verfahren der Eröffnungszeremonie erblasst etwa gegen die imposanten Massenszenen aus echten Darstellern in Cleopatra (1963). Die Welt wirkt derart künstlich, selbst Licht scheint heller als normal, Wasser ist blauer als blau. Sterilität kennt (fast) keine Grenzen. Dass man sich die Freiheit nahm, Ägypter von gut durchtrainierten, vor allem weißen, mit feinstem Englisch sprechenden Schauspielern mimen zu lassen (Osiris sieht aber aus, als wenn er gerade aus dem Pub gekommen ist und sich eine Krone aufgesetzt hat), ist im Anbetracht der Besetzungsstrategie von Hollywood-Blockbustern nachvollziehbar, wenn auch nicht identitätsfördernd und konsequent: Da Gods of Egypt ein Metauniversum aus Darstellern von Fantasy- (Game of Thrones) sowie Comic-Serien (Daredevil) und Geschichtsaction (300) zu schaffen scheint, wäre es nur angebracht gewesen, den Großvater von Horus, Ra, von Arnold Schwarzenegger in Conan-Montur spielen zu lassen. Stattdessen hat  man leider nur Charakterschauspieler Geoffrey Rush bekommen. Na ja, man kann halt nicht alles haben.

Fazit

Was genau war das Ziel von Drehbuch (Matt Sazama, Burk Sharpless) und Regisseur Alex Proyas (u. a. Dark City)? Im historischen Hau- und Stechwettbewerb jedenfalls, zu dem sich der Film mehr und mehr entwickelt, wurde der vorgestellte Ansatz, dass Menschen und Götter „zusammenleben“, nicht nur dramatisch nicht genutzt, sondern komplett ignoriert. Während Horus als einziger Charakter eine interessante und organische Charakterentwicklung nimmt, waren am Schluss weder seine gestohlenen Augen von Bedeutung noch eigentlich fast alles, was zuvor passiert ist. Auf diese grundlegende Bedeutungslosigkeit hat Gods of Egypt den Zuschauer aber bereits vor dem Ende mehrfach aufmerksam gemacht.

Gods of Egypt ist seit dem 01.09. auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Deutscher Trailer:

Trailer und Beitragsbild: (c) Concorde

Gods of Egypt (2016): Kritik zum Action-Fantasy-Epos

1 (20%) 1 vote[s]

Summary