Seit dem 25. Dezember läuft „Honig im Kopf“ – der neue Film von Til Schweiger – in den deutschen Kinos. Man braucht nicht unbedingt Hellseher zu sein, um sich vorstellen zu können, dass auch dieser Film wieder ein Kassenschlager werden wird. Zwischen Donnerstag (25.12) und Sonntag (28.12) haben bereits 672.000 Kinogänger ein Ticket gelöst. Der Erfolg ist ohne Zweifel schon da.
Die Schweiger-Filme stehen in Deutschland wie kaum andere deutsche Produktionen für finanziellen Erfolg. Filme wie Zweiohrküken oder Kokowääh haben das eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Sie stehen aber auch für das „Feelgood-Kino„, wonach sich scheinbar viele Zuschauer sehnen und was Kritiker zunehmend nervt. Das „Feelgood-Kino“ scheint auf dem Vormarsch – anders sind jedenfalls die hohen Zuschauerzahlen und auch die Strategien vieler Verleiher nicht zu erklären.
Konträr zu diesem finanziellen Erfolg von Schweiger-Filmen stehen die zumeist eher negativen Kritiken. Betrachtet man nur die gesammelten Kritiken auf moviepilot zu Kokowääh und Kokowääh 2, fällt auf, dass diese Filme bei den Kritikern mit 4,6 und 2,9 von 10 eher unterdurchschnittlich ausfallen. Ähnlich ist es bei Keinohrhasen, der mit 5,3 aber noch verhältnismäßig gut wegkommt. Von Kritikern zerrissen, vom Publikum geliebt?
Til Schweiger und Filmkritiker haben überhaupt ein eher angespanntes Verhältnis. Einerseits bedient Schweiger die Kritiker mit den immer gleichen Feelgood-Movies und provoziert sozusagen eher „schlechte Bewertungen“, wohingegen Kritiker schnell mit Vorurteilen daherkommen und Schweiger-Filmen von vornherein nichts Gutes attestieren und Til Schweiger ja sowieso die Fähigkeit zum Schauspielern absprechen. Die Wahrheit wird vermutlich irgendwo dazwischen liegen. Doch auch wenn Til Schweiger scheinbar nicht viel von Kritikern hält, wie seine Maßnahmen zur Verhinderung von Kritiken durch das Fehlen von Pressevorführungen zeigt und seine Filme im Vorfeld nur wenige Pressevertreter zu sehen bekommen, sind Bewertungen, gerade wenn Leute sich im Internet informieren, sehr wohl ein wichtiges Marketinginstrument.
Googelt man nach „Honig im Kopf Kritik“ sieht man in der Google-Suche viele Webseiten und auch gleichzeitig Sternebewertungen. Dank der „Rich-Snippets“ (strukturierte Daten) können die Bewertungen auf Seiten auch in der Google-Suche angezeigt werden. Informationen und ein grobes Stimmungsbild sind so mit wenigen Mausklicks greifbar. Vielleicht ein Grund, diese zu manipulieren?
Betrachtet man nämlich die Bewertungen von Honig im Kopf auf moviepilot.de fällt Merkwürdiges auf. Zunächst gibt es natürlich die üblichen Schwankungen. Von 2 über 7 und auch 9 Sterne von insgesamt 10 ist alles dabei. Schaut man sich das aber genauer an, kommt man schon ins Grübeln. Zum Beispiel wegen Leuten wie maria.mai.524:
Aha. Okay. Warum sollte man sich nicht bei Moviepilot anmelden und gleich Honig im Kopf mit der Maximalpunktzahl von 10 bewerten und als Lieblingsfilm bezeichnen? Sicherlich nicht ungewöhnlich – oder? Leider schon. Denn schaut man sich weitere Kommentare mit einer 10er-Bewertung an, ergibt sich ein gleiches Bild:
Eine deutsche Filmseite, ein russischer Kommentar? Ernsthaft? Wohlgemerkt: Diese Accounts haben sonst keine Filme bewertet und sich kurz vor der Bewertung registriert. Möchte da jemand die Bewertungen des Films künstlich nach oben treiben? Ein anderer Schluss scheint abwegig. Aber wieso sollte der Verleiher von Honig im Kopf das wollen? Gerade, wenn die Manipulation so stümperhaft ist? Wieso die dämlichen Kommentare? Einfach bewerten und gut ist.
Es gibt ja durchaus Fälle, in denen Menschen, die nichts Gutes im Schilde führen, Facebookseiten von Politikern oder Parteien künstlich Likes verschafften, nur damit diese dann später am Pranger stehen konnten. Ähnliches könnte sich auch hier abspielen.
Sicherlich sind die Kritiker mit Filmen von Til Schweiger nicht immer fair umgegangen, andererseits bedient Schweiger nun mal ein Genre, welches keine cineastischen Wunder hervorbringen kann. Doch deswegen die Bewertungen manipulieren? Wer einen Schweigerfilm sehen möchte, wird ihn auch so sehen. Fans genug hat er ja dafür. Und das Wichtigste: Der Erfolg gibt ihm Recht.
Wer hinter der offensichtlichen Manipulation steckt, lässt sich natürlich nicht sagen. Vielleicht möchte ihm jemand mit der Offensichtlichkeit Schaden zufügen? Vielleicht ist aber auch nur eine Marketingmaßnahme in die Hose gegangen.
Update: Mittlerweile sind die entsprechenden Einträge auf moviepilot, mit dem Hinweis auf eventuelle Verstöße, ausgeblendet. Der Manipulationsverdacht bleibt allerdings im Raum.
Update 2: Nun hat Moviepilot bekannt gegeben, dass 24 (!) User-Profile, die eine 10er-Bewertung für Honig im Kopf abgaben und offensichtlich aus Russland kamen, gesperrt wurden. Eine Löschung erfolgt später. Alle User-Profile hatten eine russische IP. Damit dürfte sehr eindeutig sein, dass jemand die Bewertungen von Honig im Kopf künstlich nach oben treiben wollte.
Alle 24 User-Profile (Von einer IP aus Russland), die 10er-Wertungen für #HonigimKopf abgegeben haben, wurden gesperrt und werden gelöscht.
— moviepilot (@moviepilot) 31. Dezember 2014
Wir müssen leider davon ausgehen, dass hier eine Agentur am Werk war. Obendrein mit teilweise ziemlich miesem Deutsch. #lasttweet — moviepilot (@moviepilot) 31. Dezember 2014
Update3:
Moviepilot hat sich in einem eigenen Beitrag auf ihrer Seite auch der Thematik gewidmet. Dabei verwiesen sich darauf, dass „insgesamt 32 kürzlich angelegte Profile, die Honig im Kopf bewerteten, […] von einer von drei russischen IP-Adressen“ stammen und gelöscht wurden. Warner Bros. als Verleiher äußerte sich auch und versicherte, dass „der Image-Schaden, den wir von so einer Aktion hätten, deutlich größer wäre als der Effekt“ und so weist Warner Bros. recht plausibel auch eine Beteiligung an der Manipulation ab.
Eine Frage bleibt allerdings unbeantwortet: Wer ist für die Fakeprofile verantwortlich?
Beitragsbild: © 2014 barefoot films GmbH, SevenPictures Film GmbH, Warner Bros. Entertainment GmbH