Zu Ende ist alles erst am Schluss (2014) Kritik: Eine franzözische Tragikomödie?

Ralf 25. März 2015 2
Zu Ende ist alles erst am Schluss (2014) Kritik: Eine franzözische Tragikomödie?

Zwangsläufig müssen wir uns alle irgendwann mit dem Älterwerden auseinandersetzen, ob wir nun wollen oder nicht. Doch besonders in den jungen Jahren ist das oftmals nicht so einfach, da man noch voller Lebensenergie steckt- das Alter oder gar der Tod scheinen noch ganz weit weg zu sein. Umso schwerer kann es werden, wenn das Schicksal einen urplötzlich und knallhart mit dieser Thematik konfrontiert. Der Umgang mit dem Altern ist das Haupthema des französischen Films Zu Ende ist alles erst am Schluss von Jean-Paul Rouve. Doch wie vermittelt die scheinbare Tragikomödie dieses ernste Thema- gelingt die Kombination von erheiterndem Witz und einfühlsamer Geschichte? Wir haben uns den Film, der am 26.03.2015 in deutschen Kinos startet, etwas genauer angesehen.

Eine heile kleine Familie- oder doch nicht?

Die Hauptfiguren von Zu Ende ist alles erst am Schluss sind der junge Romain (Mathieu Spinosi) und seine nächsten Angehörigen, die zu Beginn des Filmes erst einmal einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen müssen. Romains Großvater ist verstorben und lässt seine Frau Madeleine (Annie Cordy) als Witwe zurück. Gleichzeitig steht Romains Vater Michel (Michel Blanc) nach etlichen Jahren vor der Rente und muss bald erkennen, dass er mit seiner neuen Freizeit nicht viel anzufangen vermag. Die ganze Situation verkompliziert sich noch weiter, als Madeleine in ihrer, nun einsamen, Wohnung stürzt. Schweren Herzens entschließt sich die Familie sie in einem Pflegeheim unterzubringen, was besonders für die früher sehr aktive Dame ein großes Problem ist. Romain versucht sich um seine Großmutter so gut es geht zu kümmern und ihr zu zeigen, dass sie nicht vergessen ist. Dennoch fühlt sich Madeleine immer unwohler und greift am Ende gar zu einem extremen Mittel. Gleichzeitig wirkt sich die Unzufriedenheit von Romains Vater auch auf dessen Ehe aus, sodass es zwischen den Eltern von Romain ebenfalls zu Spannungen und Problemen kommt…..

Die Effektivität eines Dramas hängt für mich zum Großteil von den beteiligten Personen ab- habe ich keine Verbindung zu diesen, interessieren mich auch die Schicksalsschläge nicht sonderlich. Die Ausgangssituation in Zu Ende ist alles erst am Schluss ist keine einfache, aber auch keine unübliche. So musste ich beispielsweise auch in meiner Familie  erleben, dass meine Großmutter aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim kam und weiß deshalb genau, welche Schwierigkeiten dies verursachen kann. Die Situation der Hauptcharaktere ist also mit Sicherheit für viele Zuschauer nachvollziehbar und greifbar. Das sollte eigentlich dabei helfen eine Verbindung zu den Protagonisten aufzubauen, jedoch gelang mir das seltsamerweise über den gesamten Film hinweg nicht. Warum dies der Fall war, möchte ich nun genauer erläutern.

Zum einen wäre hier Romain, der quasi das Bindeglied zu allen Betroffenen ist und oftmals versucht die Situation zum Besseren zu wenden. Auch wenn der junge Student durchaus sehr liebenswürdig ist, so fehlt ihm doch ein wirklicher ausdrucksstarker Charakter. Ich empfand die Figur als zu langweilig, um den Film tragen zu können- selbst sein Mitbewohner hat in seinen kurzen Szenen mehr Charakterzüge zeigen lassen. Für mich ging es teilweise soweit, dass ich die Handlungen von Romain sogar als unglaubwürdig empfand. So gab es beispielsweise eine Szene, in der Romains Vater am Telefon Selbstmordgedanken offenbart. Sein Sohn wischt diese Einwände mit einem Grinsen und einem lockeren „Nein, tust du eh nicht.“ vom Tisch und nimmt das Problem gar nicht ernst. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber wenn mein Vater- nach Jahren ohne solche Anwandlungen- auf einmal von Selbstmord spricht, dann reagiere ich darauf anders! Auch wenn ich die Darstellung der Großmutter-Enkel-Beziehung zum Großteil gelungen fand, schaffte es für mich die Rolle von Romain nicht den Film zu tragen und entscheidend zu lenken.

Doch wer könnte stattdessen diese Aufgabe übernehmen? Michel als Neu-Rentner mit Existenzkrise? So interessant die Konfrontation mit der plötzlichen „Freiheit“ der Rente und sein Umgang damit auch sind, so gering ist seine Rolle und Gesamtbedeutung im Film. Der Fokus liegt eindeutig auf Romain und Oma Madeleine, weswegen die Rolle des Vaters bestenfalls ergänzend wirkt. Und tatsächlich ist es hauptsächlich die Darstellung von Annie Cordy als resolute und willensstarke Madeleine, die den meisten Eindruck hinterlässt. Gleichzeitig geht das aber nicht so weit, dass es den schwachen Eindruck der Enkelrolle vollständig aufhebt.

Komödie? Tragödie? Beides? Oder gar nichts?

Ein weiteres Problem des Filmes ist zudem die Tatsache, dass er scheinbar nicht ganz genau weiß, was er sein möchte. Eine Komödie oder Tragödie? Oder vielleicht doch beides? Die Kunst einer Tragödie ist die Vermischung komödiantischer und dramatischer Eigenschaften zu einem stimmigen Gesamtbild– was dieser Film für mich leider nicht schafft. Zu erzwungen wirken teilweise die humoristischen Ansätze oder zumindest unpassend in der jeweiligen Szene. Ich verweise nochmals auf meinen Kommentar mit der Selbstmord-Szene oben. Oder wenn auf einmal die entscheidenden Erkenntnisse aus dem Munde eines Tankwartes und seinen monoton vorgetragenen Sprüchen kommen und alles zum Besseren wenden. Ich musste an einigen Stellen durchaus lachen- leider meistens, weil ich das Gesehene so abstrus fand und einfach nicht mehr ernst nehmen konnte. Es gibt durchaus passende und gute Ansätze (zum Beispiel die Szenen mit dem Bild im Altersheim), die für mich das Gefühl einer guten Tragikomödie aufgreifen. Leider werden diese im Großteil des Filmes nicht durchgeführt, sodass dieser Zu Ende ist alles erst am Schluss wie nichts Halbes und nichts Ganzes wirkt.

Ist deswegen alles an diesem Film schlecht? Durchaus nicht. Wie vorher schon angesprochen gibt es durchaus interessante Szenen und Ereignisse und besonders die Darstellung der Enkel-Großmutter-Beziehung empfand ich als gelungen. Das Ende des Filmes, wenn auch etwas plötzlich und abrupt, schließt außerdem einen schönen Kreis zum Rest des Filmes und gibt dem ganzen einen in sich geschlossenen Eindruck. Das Problem ist eher der Großteil zwischen Ende und Anfang, welcher in sich inkonsequent und im schlimmsten Falle leider sogar lächerlich wirkt.

Fazit zu Zu Ende ist alles erst am Schluss

Dieser französische Film leider vorallem unter der Tatsache, dass er nicht wirklich weiß, was er ist und vermitteln möchte. Das und ein sehr schwacher und blasser Hauptcharakter hinterlassen leider einen insgesamt negativen Eindruck, der nur teilweise durch die gute Darstellung der Madeleine und die interessanten Handlungsstränge zu Beginn und am Ende aufgewogen werden. Meines Erachtens handelt es sich hier um einen Film, für den man nicht extra ins Kino gehen muss, sondern ihn sich mal bequem auf dem eigenen Fernseher ansieht- am besten mit einem großen Glas Rotwein.

Beitragsbild: (c) Neue Visionen

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