Game of Thrones Staffel 5 Folge 5 Kritik- „Kill the Boy“

Ralf 12. Mai 2015 5

Halbzeit bei Staffel 5 von Game of Thrones. Nach der grandiosen letzten Folge „Sons of the Harpy“ bringt uns „Kill the Boy“ wieder in ruhigere Gefilde und spinnt einige Handlungsstränge weiter. Hierbei erfolgt ein deutlicher Fokus auf den Norden von Westeros, da hauptsächlich die Geschichten um Sansa, Jon und Stannis weitererzählt werden. Auch war diese Folge bisher mit Abstand diejenigste, die mich am meisten von Staffel 5 verärgert hat. Warum? Findet es in dieser Kritik heraus!

Es sollte sich natürlich von selbst verstehen, aber nochmal zur Warnung: Es folgen SPOILER zu den bisherigen Folgen von Game of Thrones und zudem einige Vermutungen auf Basis der Bücher.

One does not simply kill Ser Barristan Selmy!

Nach dem Ende der letzten Folge war es zu befürchten, nun haben wir die traurige Gewissheit: Ser Barristan Selmy ist dem Angriff der Sons of the Harpy erlegen. Grey Worm dagegen hatte Glück und befindet sich aktuell in einem Krankenbett. Auch wenn er als de facto Anführer von Daenerys Armee wichtiger ist, schmerzt mich der Verlust von Selmy mehr. Sowohl in den Büchern, als auch in der Serie war er ein gut entwickelter und interessanter Charakter, der in dieser Welt voller Intrigen und Missgunst für seine Werte und Überzeugungen eintrat. Nicht zu vergessen, dass er außerdem ein hervorragender Kämpfer und auch weiser Ratgeber war. Ich persönlich fand seine Darstellung durch Ian McElhinney ebenfalls sehr überzeugend, was den Abschied noch schwerer macht. Sicherlich, die Autoren wollen vermutlich „Platz“ für Tyrion an Danys Seite schaffen, geärgert hat mich diese Entwicklung dennoch.

Und scheinbar hat dieser Umstand auch Daenerys zu schaffen gemacht- anders kann ich mir ihr Verhalten nicht erklären. Wir erinnern uns: Vor einigen Folgen verurteilte sie einen ihrer eigenen Anhänger wegen des Mordes an einem der alten Meister zum Tode. Das Gesetz gilt für jeden. Nur scheinbar nicht für die Mutter der Drachen selbst. In einem Anflug von – man kann es nicht anders sagen- diktatorischem Verhalten lässt sie die Oberhäupter der Familien zusammenkommen und stellt sie ihren Drachen gegenüber. Sie gibt selbst zu, dass sie nicht weiß, ob sie schuldig oder unschuldig sind. Macht aber nichts, wir lassen dennoch einen von ihnen zu einem gerösteten Marshmallow werden und von den Drachen gefressen werden. Ich habe kein Problem damit, wenn Daenerys als eine unsichere und unentschlossene Regentin gezeigt wird. Aber bitte vermeidet es in Zukunft, sie ihre Entscheidungen und moralischen Einstellungen so schnell wechseln zu lassen. Das macht den gesamten Charakter unglaubwürdig und teilweise sogar lächerlich. Besser wird es auch nicht dadurch, dass Daenerys in dieser Folge ihre vorherige Entscheidung WIEDER zurückzieht und Hizdahr freilässt. Nein nicht nur das, sie geht sogar gleich eine politische Hochzeit ein. Und all das nur nach einem Gespräch mit Missandei? Tut mir leid liebe Drehbuchautoren, das habe ich euch so nicht abgekauft.

Wo wir auch nochmal kurz bei Missandei wären: Diese romantische Geschichte zwischen ihr und Grey Worm funktioniert einfach nicht. Sie wirkt meiner Meinung nach absolut erzwungen und gefühlslos. Selbst jetzt in den Szenen, in denen sie ihn am Krankenbett besucht, herrscht eine Distanz zwischen den beiden, die die Interpretation von Gefühlen schwer macht. Wenn die aktuellen Entwicklungen so weitergehen, wird der Handlungsstrang um Daenerys wohl leider zu meinem am wenigsten bevorzugten. Tyrion, bitte rette uns!

Kill the boy

Was der Titel dieser Folge ausdrücken soll, wird uns bald im hohen Norden an der Mauer klargemacht. Jon Schnee trifft, unterstützt vom Rat von Maester Aemon, eine folgenschwere Entscheidung. Und damit er das tun konnte musste er den „Jungen“ in sich töten, um endlich der Mann für relevante Entscheidungen werden zu können. Weil Jon erkannt hat, was die wahre Bedrohung für die Gefilde der Menschen ist – die Armee an Untoten jenseits der Mauer- strebt er ein Bündnis mit den Wildlingen an. Unter der Führung von Tormund, den Jon persönlich sehr schätzt, soll ihnen die Passage durch die Mauer gewährt und eigener Lebensraum zur Verfügung gestellt werden. Im Gegenzug dafür werden die Wildlinge Seite an Seite mit den Männern der Nachtwache gehen die Bedrohung der Weißen Wanderer stehen. Tormund ist zunächst skeptisch, geht am Ende aber doch darauf ein: Unter der Bedingung, dass diese das Angebot aus Jons eigenem Mund hören.

Jon geht damit einen mutigen, aber auch wichtigen Schritt. Wie in dieser Folge schon gezeigt, stößt er auf Widerstand innerhalb der eigenen Reihen. Zu tief sitzt der Hass gegenüber den Wildlingen, die man seit Menschengedenken fernhalten wollte. Doch man muss sich bei dieser Reaktion fast fragen, wer sind die eigentlichen Barbaren? Die Wildlinge um Tormund, die zumindest bereit zu sein scheinen oder die Nachtwache mit ihren Vorurteilen- aus einer Lage der relativen Sicherheit heraus. Diese Entscheidung wird Jon noch teuer zu stehen kommen und ich bin gespannt auf die Umsetzung dieses inneren Konfliktes.

Möglich wird diese Aktion zudem erst durch Stannis, welcher Jon seine Schiffe zum Transport leiht. Mir wird dieser Charakter im Laufe von Staffel 5 immer sympathischer, spätestens seit der sehr emotionalen Szene mit seiner Tochter. Auch in dieser Folge zeigt er, dass er die Bedeutung von Jons Anliegen verstanden hat und unterstützt ihn dabei. Meines Erachtens verhält er sich mehr und mehr wie ein wahrer König, der einen Blick für das große Gesamtbild hat. Und um seine Ziele zu erreichen, geht er nun gegen die Boltons vor.

Ramsay, der enttarnte Prince Charming

Diese haben es sich in Winterfell bequem gemacht und versuchen mit der bevorstehenden Trauung zwischen Ramsay und Sansa ihre eigene Position zu stärken. Welchen Einfluss der Name Stark im Norden noch hat kann auch Brienne erfahren. Als sie ihre Treue zur inzwischen verstorbenen Catelyn Stark einem Wirt deutlich macht, gelingt es ihr über Kontakte eine Nachricht an Sansa zu schicken. Sollte sie je Hilfe brauchen, solle sie eine Kerze im obersten Turm entzünden. Und ich bin mir sicher, dass dies bald nötig sein wird, zum einen wegen Ramsay selbst oder seiner Geliebten Miranda. Durch die bevorstehende Trauung zu Sansa wird sie nämlich für Ramsay zu einem puren Spielzeug und absolut von seinen Launen abhängig. Ich habe deswegen auch zuerst gedacht, dass sie Sansa in eine Falle locken möchte, als sie sie zu den Hundezwingern führte (wie naiv war eigentlich Sansa, das einfach zu befolgen? Littlefinger, deine Schule wurde schnell vergessen!). Ein nicht-angebundener Bluthund und zack, weg die lästige Konkurrentin. Die Begegnung zwischen Sansa und Theon aka Reek war dann doch etwas unerwartet, aber nicht unwillkommen. Ein weiterer Konfliktherd wird eröffnet. Begeistert bin ich übrigens immer noch von Alfie Allens Darstellung des gebrochenen Theon- sehr überzeugend und teilweise auch sehr Mitleid erregend. Das darauf folgende Abendessen empfand ich auch als sehr stimmig, besonders aufgrund von zwei Kernerkenntnissen:

1) Sansa durchschaut langsam Ramsays Grausamkeit anhand seines Verhaltens gegenüber Theon. Meine Vermutung ist, dass sie ihre Vergangenheit mit Theon und dessen Schuldgefühle für seine vergangenen Aktionen einsetzen wird, um sein Vertrauen zu gewinnen. Und in einer entscheidenden Szene wird sie darauf angewissen sein. Ich kann es mir beinahe schon bildlich vorstellen. Durch irgendwelche Ereignisse ist Ramsay Sansas Gnade ausgeliefert und Theon wird von ihm gerufen oder betritt die Bildfläche. Ramsay ist erleichtert, seine treue Kreatur Reek ist erschienen. Doch welche Überraschung, der einst so fügsame Reek wendet sich am Ende doch gegen seinen Meister. Mal sehen, ob das eintritt….

2) Zudem vermute ich, dass Roose Bolton nicht mehr lange leben wird. Er verkündet die Schwangerschaft seiner Frau und einen baldigen männlichen Nachwuchs. Für den ehrgeizigen und paranoiden Ramsay ist das eine Bedrohung seiner Position, besonders nachdem er von seinem Vater die Geschichte seiner Zeugung erfahren hat. Wo habe ich heute nochmal den Witz „How I raped your mother“ gelesen? Meine Vermutung ist, dass Roose und seine Gattin bald einen unglücklichen Tod erleiden werden und damit Ramsay endlich die volle Kontrolle über den Norden hat.

Die brennende See von Valyria

Kommen wir nun zum Abschluss und zwar dem Duo Jorah Mormont und Tyrion. Diese befinden sich immer noch auf dem Weg zu Daenerys, die Jorah durch das „Geschenk Tyrion“ gnädig stimmen möchte. Diese Fahrt bringt sie nach Valyria, der alten Hauptstadt des großen ehemaligen Imperiums. Die ursprüngliche Heimat der Targaryens ist heute aber nur noch eine (wenn auch imposante) Ruine, um die aus Aberglauben sogar Banditen einen Bogen machen. Mir gefällt der Einbezug dieses etwas mystischen Elementes, da er der Folge wieder etwas zum Staunen und Wundern gibt. Und wie stimmig war es dann auch, dass Drogon das erste Mal von Tyrion in der alten Heimat der Drachenfamilie gesehen wurde? Gleichzeitig fügt diese Szene der Serie auch einen Hauch von The Walking Dead zu. Der Angriff der Steinmänner (an Grauschuppen erkrankten Menschen, die ein animalisches Verhalten aufweisen) ist eine spannende und rasante Passage, besonders aufgrund des gefesselten Tyrion. Und auch wenn die beiden dem Angriff entkommen konnten, musste ein hoher Preis gezahlt werden. Die abschließende Szene enthüllt, dass sich Jorah mit Grauschuppen infiziert hat und wir haben gerade erst gesehen, wozu das führt…..

Diese letzte Szene war für mich die finale Bestätigung, dass wir den Handlungsstrang um den jungen und alten Griff in der Serie nicht mehr erleben werden. Ich schätze es dient dazu, den Zuschauern nicht noch weitere neue Personen „zuzumuten“. Aufgrund des Enthüllungspotenzials dieser Geschichte möchte ich die Hoffnung doch nicht ganz aufgeben.

Nach einem für mich doch sehr ärgerlichen Auftakt (der Tod eines geschätzten Charakters und das unstimmige Verhalten von Dany) nimmt die Folge danach doch wieder etwas mehr an Fahrt auf und liefert einige spannende Elemente. Jedoch merkt man ihr auch an, dass starke Charaktere wie Bronn und Jaime abgehen und sie insgesamt etwas schwerer zu verdauen ist. Auch wenn ich sie nicht ganz so langweilig wie die dritte Episode fand, so hat die Qualität im Vergleich zur letzten Folge leider doch wieder nachgelassen. Game of Thrones, Staffel 5: Du hast meine Erlaubnis langsam etwas an Fahrt aufzunehmen. Wir sind nun mit der Hälfte der Staffel durch, wahnsinnig viel ist aber immer noch nicht passiert…..

Weitere Kritiken zu Game of Thrones bei filmverliebt:

Staffel 5- Folge 1

Staffel 5- Folge 2

Staffel 5- Folge 3

Staffel 5- Folge 4

Beitragsbild: (c) HBO