Erster Eindruck: Better Call Saul (2015)

Nils 5. März 2015 2
Erster Eindruck: Better Call Saul (2015)

You’re the Kind of Lawyer Guilty People Hire!

Mit „Breaking Bad“ haben uns Vince Gilligan und Team vor einigen Jahren eine hervorragende Serie über den Alltag zweier Meth-Kocher, deren Lebensumstände unterschiedlicher nicht sein könnten, spendiert. Von Vince Gilligan stammt nun auch das Spin-Off einer der beliebtesten Serien weltweit: „Better Call Soul“. Nachdem gestern die fünfte Episode der schwarzhumorigen Comedyserie ausgestrahlt wurde, ist es Zeit für eine erste Bewertung.

„Better Call Soul“ dreht sich hauptsächlich um den exzentrischen, dubiosen Anwalt (Bob Odenkirk), der den Zuschauern von „Breaking Bad“ in der achten Folge der zweiten Staffel präsentiert wurde. Die Pilot-Folge der zehnteiligen ersten Staffel von „Better Call Saul“ brach mit 6,9 Millionen alle bisherigen Zuschauerrekorde einer Serie im Kabelfernsehen. Bis heute sind fünf Folgen der lange erwarteten Sony-Pictures-Produktion erschienen – die restlichen fünf werden aller Voraussicht nach in den nächsten Monaten veröffentlicht, während man sich auf die zweite Staffel noch bis 2016 gedulden muss.

Worum geht es in „Better Call Saul“ also? Obwohl die Serie sowohl als Pre- als auch als Sequel zu „Breaking Bad“ gedacht ist, erfahren wir in den ersten vier Folgen vor allem mehr über Jimmy McGill, bevor er zu Saul Godmann wurde. Die Serie ist im Albuquerque des Jahres 2002 angesiedelt und begleitet den mittelprächtigen Pflichtanwalt auf seinen Eskapaden in und um die Stadt in New Mexiko. Nichtsdestotrotz begegnen uns schon hier bekannte Gestalten wie Mike (Jonathan Banks), der spätere Privatdetektiv und ausführendes Organ Gustavo Frings (Giancarlo Esposito), der auf einem Gerichtsparkplatz Parkscheine verkauft und regelmäßig Opfer von Jimmys Ausfälligkeiten wird. Auch treffen wir Tuco (Raymond Cruz) wieder, der anscheinend wirklich gut mit alten Leuten umgehen kann: In „Breaking Bad“ pflegt er seinen Onkel Hector (Mark Margolis), in „Better Call Saul“ seine Großmutter, die Opfer eines Trickbetrugs wird.

Bob Odenkirk

Bob Odenkirk/ von Gage Skidmore – CC BY-SA 3.0

Wer sich noch gut an Sauls eigene, aber doch irgendwie auch liebevoll-bemühte Art erinnert und einen selbstbewussten und mit allen Wassern gewaschenen Bob Odenkirk erwartet, wird zunächst enttäuscht: Die Serie dreht sich zunächst vor allem um Jimmys armselige Existenz als Anwalt ohne Klienten, der von einer Misere in die nächste rutscht. Auch vermisst man großartige Lacher, wie man sie aus anderen US-amerikanischen Comedyserien vielleicht gewohnt ist. Dafür entfaltet „Better Call Saul“ seine wahres Potenzial in der Absurdität seiner Figuren und den ungewöhnlichen Situationen, in die sich Jimmy begibt und deren Komik seinem Charakter durchaus bewusst ist, ihn deshalb aber nicht davon abhält, sein bestes vor allem für sein persönliches Wohl zu geben. So wird mir und anderen Zuschauern sicherlich die Szene in Erinnerung bleiben, in der der überführte Schwindler Jimmy mit Tuco über das „Strafmaß“ seiner Komplizen, zweier Skater, verhandelt und letzten Endes dafür plädiert, dass der Drogenboss den beiden Teenagern jeweils ein Bein brechen darf. Ebenso verwirrend und verwirrt erscheint uns Chuck (Michael McKean), Jimmys Bruder, der seinen Job bei einer großen Anwaltskanzlei (zu deren Gründern er gehört) aufgeben musste, da er plötzlich an Elektrosensibilität erkrankte.

Alles in allem hat die Serie durchaus Potenzial und wirken die ersten Episoden vielversprechend. Auch wenn oberflächlicher Witz und Running Gags fehlen, fesselte mich jede neue Folge mit ihrem unverkennlichen, weil schlechtem, Intro aufs Neue. Wir dürfen gespannt sein, was uns Vince Gilligan noch über die exotische Figur Jimmy McGills erzählt und welche Querverbindungen zu „Breaking Bad“ eingeflochten werden. Denn auch wenn die Produktion ebenso für Nicht-Breaking-Bad-Addicts interessant ist, ziehen Kenner der Serie um Walter White doch einen erheblichen Mehrwert aus ihrem Wissen.

Die deutschsprachige Erstausstrahlung erfolgte drei Tage nach der US-amerikanischen Premiere auf Netflix am 11. Februar 2015.

Beitragsbild: (c) AMC

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