Vor mehr als dreißig Jahren feierte «Der Himmel über Berlin» seine Kinopremiere. Jetzt ist der Film in einer restaurierten Fassung auf DVD und Blu-ray erschienen.
Als « Der Himmel über Berlin » 1987 das erste Mal in Cannes lief, ahnte keiner, am allerwenigsten sein Schöpfer selbst, dass der Arthouse-Streifen dreißig Jahre später längst zum Kultfilm geworden sein würde. Auszeichnungen regnete es zwar noch während und nach dem Festival, doch der langjährige Erfolg überwältigte sogar einen so erfahrenen Regisseur wie Wim Wenders.
Der Film entstand, wie der Altmeister in einem Interview sagt, aus dem Bauch heraus, ohne Drehbuch, ohne Fahrplan. Es war die Stadt selbst, die den Takt vorgab. Wenders hatte damals nur die Plätze im Kopf, an denen er drehen wollte. Was er dort drehen wollte, wusste er nicht. Und so begann eine Reise mit offenem Ausgang, eine Reise wie ein Gedicht, poetisch, assoziativ und bildgewaltig.
Am 29. Oktober 2017 feierte der Film sein 30. Kinojubiläum. Für die Wim Wenders Stiftung war die runde Zahl Grund genug, ein umfangreiches Restaurierungsprojekt zu starten. Wenig später war « Der Himmel über Berlin » in 4K auf der großen Leinwand zu sehen. „Die Filmgeschichte hat es verdient, dass historische Streifen in guter Qualität gezeigt werden“, sagt Wenders in einem der Interviews, die zum Bonusmaterial der nun erschienenen Special, Digital und Collector ̕ s Edition gehören.
Was gibt es in der überarbeiteten Fassung zu sehen? Noch immer die beiden Engel Damiel (Bruno Ganz) und Cassiel (Otto Sander), wie sie durch das damals geteilte Berlin wandern, Menschen beobachten und ihren Gedanken lauschen – nur in einer besseren Bildqualität. Noch immer einen Streifzug durch die Großstadt, bei dem sich Damiel in die Trapezkünstlerin Marion verliebt und den Wunsch entwickelt, selber Mensch zu werden – nur ohne Risse und Kratzer. Noch immer den Übergang von Schwarz-Weiß zu Farbe, als ihm das tatsächlich gelingt – nur feiner und natürlicher.
So bekannt die Geschichte ist, so exklusiv sind die geschnittenen Szenen, die es zwar nicht in den Film, dafür aber in das knapp 150-minütige Bonusmaterial geschafft haben. Sie sind ein Schmankerl für alle Fans, die « Der Himmel über Berlin » lieben und gerne noch mehr von ihm gesehen hätten. Wenders kommentiert die einzelnen Szenen und erklärt, warum er sie nicht in den Film aufgenommen hat. Angehende Regisseure können dabei viel über das Handwerk lernen, weil überaus deutlich wird, anhand welcher Kriterien ein Profi seine Entscheidungen trifft. Die Aufnahmen enthüllen aber auch, dass Wenders während des Drehs mit dem Gedanken spielte, Cassiel ein ähnliches Schicksal wie Damiel widerfahren zu lassen.
Neben diesen kommentierten Szenen enthält das Bonusmaterial eine kurze Dokumentation und zwei Interviews, darunter eines von Roger Willemsen, in dem der mittlerweile verstorbene Publizist etwas artifiziell und bemüht, Wenders indes gewohnt spröde und ein wenig professoral wirkt. Die Liebe zu Berlin ist dem großen Regisseur deutlich anzumerken. Immer und immer wieder erwähnt er begeistert, wie sehr sich die Stadt von allen anderen unterscheidet, welcher Zauber von ihr ausgeht, was sie auszeichnet, was sie so faszinierend macht und wie sie sich seit « Der Himmel über Berlin » verändert hat.
Das Highlight bildet jedoch eine englische Wenders-Masterclass zu den Restaurierungsarbeiten, die der Regisseur im Rahmen der Berlinale 2018 gehalten hat. Filmschaffende, die sich für die technischen Aspekte interessieren, werden an dem halbstündigen Vortrag ihre Freude haben. Wenders, sichtlich unausgeschlafen, nennt zunächst den Grund für seine Müdigkeit: Am Abend zuvor hätten er und seine Frau Donata die Party als letzte verlassen. Drei Stunden Schlaf – mehr sei ihnen nicht vergönnt gewesen. Als er dann über die Restaurierungsarbeiten spricht, wirkt er plötzlich sehr frisch – seine Frau ebenfalls. Donata, eine Expertin für Schwarz-Weiß-Fotografie, erklärt, was die überarbeitete 4K-Fassung von « Der Himmel über Berlin » auszeichnet. Die erstklassige Qualität verdanke sich einem logarithmischen Scan, mit dem es zum ersten Mal möglich war, zwischen Schwarz und Weiß feine Abstufungen zu finden und den Filmkorn so darzustellen wie niemals zuvor. Das Ergebnis demonstrieren die Wenders dann anhand einer Szene aus beiden Fassungen. So viel sei schon mal verraten: Die Arbeit hat sich gelohnt.
«Der Himmel über Berlin» in der restaurierten 4K-Variante ist seit dem 17. Mai 2018 erhältlich.
Beitragsbild (c) STUDIOCANAL / *= AffiliateLink