Die Berlinale ist ein politisches Festival. Zu US-Präsident Donald Trump wollte sich Direktor Dieter Kosslick vor der Eröffnung zwar nicht äußern, betonte jedoch: „Unser Programm ist Protest genug.“ Und vielleicht ist der erste Streich dieses Protestes schon der Eröffnungsfilm: Etienne Comars Regiedebüt „Django“, das am Donnerstagabend seine Weltpremiere feierte, ist nämlich mehr als ein Porträt des berühmten Jazzpioniers Django Reinhardt (1910-53). Der Film erzählt auch von der Verantwortung eines Künstlers, sich in schwierigen politischen Zeiten zu positionieren. „Django“ ist zudem kein klassisches Biopic, sondern beschränkt sich auf das Jahr 1943, die Zeit der deutschen Besatzung Frankreichs.
Abend für Abend begeistern der Sinti-Gitarrist und Komponist Django Reinhardt (Reda Kateb) und sein Quintette du Hot Club de France mit ihrem lebenslustigen Gypsy Swing das Pariser Publikum – selbst die NS-Funktionäre wippen vorsichtig mit. Django stören die Fans aus Nazi-Deutschland zunächst nicht: „Mir doch egal, wer meine Musik hört“, sagt er unbekümmert. Zwar landen viele als Zigeuner verfolgte Sinti in Konzentrationslagern, doch Django fühlt sich durch seine Beliebtheit sicher – und unpolitisch. Bis ihn der NS-Propagandaapparat zu einer Deutschlandtour auffordert und ihm ein striktes Vertragswerk vorlegt. „Diszipliniert“ soll er auftreten, „Negermusik“ ist verboten, Tanzen tabu.
Django verweigert die Tournee. Seine Pariser Geliebte Louise (Cécile de France) hilft ihm, seiner schwangeren Frau und seiner Mutter daraufhin, am Genfer See unterzutauchen. Von dort sollen sie über die Grenze in die Schweiz gebracht werden. In dem Grenzdorf trifft Django zudem auf Teile seiner großen Familie, die ebenfalls auf der Flucht sind. Doch die Nazis sind ihnen dicht auf den Fersen – und spannen Djangos Musik nochmal für ihre Zwecke ein. Regisseur Comar sagte dem Magazin „Variety“, er habe mit seinem Film ergründen wollen: „Kann ich Musik machen, ohne politisch zu sein – egal wer diese Musik hört?“
„Django“ könnte Geschmack des Jury-Präsidenten Verhoeven treffen
Wie sollte es anders sein, vor allem da Comar selbst erklärter Reinhardt-Fan ist: Die Musik spielt in „Django“ eine Hauptrolle – und spielt auch alle an die Wand. Eigens für den Film wurden die Stücke von der niederländischen Jazzband Rosenberg Trio neu eingespielt. Ansonsten bleibt „Django“ trotz spannender Hauptfigur und grundsätzlich guter Story leicht fad. Djangos Inneres und sein Auflehnen kommen nur verhalten rüber. Richtig in Fahrt kommt der Film nur einmal: als Django und seine Mitmusiker große Teile der Nazi-Schergen mit verbotenen Rhythmen auf der Tanzfläche so dermaßen in Fahrt bringen, dass das Konzert mit den Worten „diese Affenmusik macht alle wahnsinnig“ beendet wird.
Bei der Pressevorführung am Vormittag gab es verhaltenen Beifall für das zweistündige Regiedebüt des französischen Produzenten und Drehbuchautors, das den Wettbewerb um den Goldenen und die Silbernen Bären eröffnete. Den Geschmack von Jury-Präsident Paul Verhoeven könnte „Django“ derweil treffen. Schließlich verfilmte Verhoeven mit dem Thriller „Black Book“ über eine jüdische Widerstandsgruppe in den Niederlanden 2006 selbst ein weniger bekanntes Kapitel Weltkriegsgeschichte.
Kinostart: noch kein Starttermin in Deutschland
Beitragsbild: © Roger Arpajou
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