Mit dem Oscar-prämierten Rassismusdrama „L.A. Crash“ (2004) hatte sich der kanadische Drehbuchautor und Regisseur Paul Haggis für den Episodenfilm empfohlen. In dem starbesetzten Drama „Dritte Person“ versucht er sich nun wieder an einer ambitionierten Story aus vielen Puzzleteilen – doch dieses Mal geht das Kalkül nicht ganz auf.
Die illustren Schauplätze sind Paris, Rom, New York: In Paris plagt sich der in die Jahre gekommene Schriftsteller Michael (Liam Neeson) mit seinem neuen Roman, während er seine junge und streitlustige Geliebte Anna (Olivia Wilde) empfängt. In Rom verliebt sich der US-Geschäftsmann Sean (Adrien Brody) in einer schummrigen Bar Hals über Kopf in die mysteriöse Italienerin Monica (Moran Atias), die um ihre angeblich entführte achtjährige Tochter bangt – und eine Menge Lösegeld braucht. In New York kämpft die ehemalige Soap-Darstellerin und inzwischen mittellose Julia (Mila Kunis) darum, dass ihr Ex Rick (James Franco) sie den gemeinsamen Sohn sehen lässt, dem Julia angeblich etwas antun wollte.
Alle Beziehungen überschatten düstere Geheimnisse, die nach und nach aufblitzen oder sich in einer kurzen Momentaufnahme erahnen lassen. Natürlich werden sich die Wege der drei Paare und ihrer persönlichen Schicksale kreuzen. Und in jeder Episode gibt es eine titelgebende dritte Person. Warum hat Michael seine Ehefrau (Kim Basinger) verlassen, und wozu benutzt er seine junge Bettgespielin? Wen trifft Anna heimlich in Paris? Was haben Monica und ein möglicher Komplize mit Sean vor? Welche Schuld hat seinerseits der US-Geschäftsmann auf sich geladen? Und was hat Julia tatsächlich mit ihrem Sohn gemacht?
Das Ganze hätte prinzipiell das Zeug für einen guten Thriller. Doch Haggis scheint sich in den 137 Minuten seines Plots um Liebe, Leidenschaft, Vertrauen und Verrat zu verheddern und gestaltet diesen letztlich zu kompliziert und undurchsichtig. Ähnlich wie Pulitzer-Preisträger Michael im Film mit dem nächsten Meisterwerk ringt, mühte sich auch Haggis mit seinem Drehbuch zu „Dritte Person“. Zweieinhalb Jahre lang habe er rund 50 Entwürfe gemacht, sechs bis acht Stunden pro Tag habe er geschrieben, nie sei er zufrieden gewesen, immer wieder habe er von vorn angefangen, sagt er selbst.
Da hilft auch das Starensemble, das Haggis um sich scharte, nur begrenzt weiter. Neeson und Wilde liefern sich als Schriftsteller mit Durststrecke und ehrgeizige Nachwuchsautorin zwar amüsante, scharfzüngige Wortgefechte. Auch Kunis und Brody spielen ihre Rollen meisterlich. Zudem inszeniert Haggis die Schauplätze wunderbar und wie aus einem Woody-Allen-Film geklaut. Doch die Fragmente der Story greifen nicht wirklich ineinander. Statt triumphaler Auflösung steht am Ende eine gewisse Leere. Vielleicht liegen Haggis als Drehbuchautor Themen wie Krieg (Flags of Our Fathers) oder Kriegstraumata (Im Tal von Elah) einfach besser als Liebe, Beziehungen und auf der Strecke gebliebene Kinder.
Kritik dürfte er indes gewöhnt sein. Auch sein mit drei Oscars – für den besten Film, das beste Original-Drehbuch und den besten Schnitt – gekürtes Drama „L.A. Crash“ stieß damals trotz der höchsten Auszeichnungen der Filmbranche nicht einhellig auf Begeisterung.