Gezähmte Raptoren? Was soll denn dieser Unsinn? Nach dem ersten Trailer zu Jurassic World war das eine Reaktion, die ich von vielen Freunden hörte. Auf einmal jagte „Starlord“ Chris Pratt auf seinem Motorrad mit einer Gang von eigentlich blutrünstigen Bestien umher. Die Befürchtung stand im Raum, dass mit dem mittlerweile vierten Teil der Jurassic-Park Reihe nur ein weiterer seichter Aufguss des Klassikers aus dem Jahre 1993 erfolgen würde. Teilweise ist das leider auch der Fall- Jurassic World kommt nicht an die Klasse von Steven Spielbergs Blockbustererfolg heran. Warum ich diesen Film jedoch dennoch für das bisher beste Sequel halte, erfahrt ihr in der folgenden Filmkritik. Der deutsche Kinostart von Jurassic World war übrigens der 11.06.2015.
Für ganz eilige Leser haben wir die wichtigsten Punkte in einer kurzen Grafik zusammengefasst!
Der Park ist eröffnet
Die Story von Jurassic World spielt 22 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils- nachdem der vierte Teil der Reihe auch 22 Jahre nach dem Erstlingswerk vorgeführt wird. Der Traum von John Hammond ist inzwischen Wirklichkeit geworden und Isla Nubar verwandelte sich in einen Erlebnispark für Dinosaurier. Und wie alle Freizeitparks hat die Einrichtung nun mit ganz realen Problemen zu kämpfen- allen voran den wirtschaftlichen Aspekten, wie Besucherzahlen, Umsätzen und Gewinn. Und nach den Erlebnissen der ersten 3 Filme sind Dinosaurier zwar immer noch cool, aber eben nicht mehr besonders. Das Publikum will etwas Neues und Aufregendes. Aus diesem Grund entschließen sich die Betreiber von Jurassic World zur Erschaffung eines neuen Dinosauriers durch genetische Manipulation. Ein wenig T-Rex hier, etwas ergänzende DNA von anderen Tieren, ein einprägsamer Name- und der Indominus Rex ist geboren. Der neue Hybrid ist groß, intelligent, aggressiv und ungewöhnlich. Mit anderen Worten die perfekte neue Attraktion. Aber keiner will für 2 Stunden einen funktionierenden Freizeitpark sehen und so kommt es, wie es kommen muss. Im Laufe des Filmes gelingt der Laborschöpfung die Flucht und das daraus resultierende Chaos nimmt ganz neue Dimensionen an.
Mir gefällt die Darstellung eines funktionierenden Dinoparks in diesem Film sehr gut, da ich mir die Ausgestaltung genau so vorstellen könnte. Es gibt Shows mit riesengroßen Meeressauriern, Streichelzoos für die kleinsten Besucher, Hologramme, Lehrvideos und Safaritouren mitten durch die Wildnis der Urzeit. Die Dinos sind zum Konsumobjekt geworden, kein lebendig gewordenes Wunder mehr. Gleichzeitig fühlte ich mich als Kinobesucher selbst durch die Statements der Parkmanagerin Claire (Bryce Dallas Howard) angesprochen. Die Besucher des Parks wollen immer neue Attraktionen, weswegen der Indominus Rex überhaupt erst gezüchtet wurde- ein T-Rex lockt keinen mehr hervor. Und seien wir ehrlich, hätte es uns ausgereicht einen weiteren Jurassic Park nur mit dem schon bekannten König der Dinosaurier als Monster zu haben? Der Indominus Rex wurde ebenso für die Kinobesucher gezüchtet und deswegen in den Trailern zu Jurassic World auch extrem angeteasert.
Bitte zeigt mir wieder ein paar Dinosaurier!
Denn eines ist klar, die wirklichen Stars des Filmes sind die Urzeitgiganten. Das liegt zum großen Teil daran, dass die menschlichen Charaktere farblos und uninteressant bleiben. Im Ganzen nehmen in dem Film 4 Personen die Hauptrollen an. Zum einen haben wir die bereits angesprochene Bryce Dallas Howard als Parkmanagerin Claire- ihres Zeichens sehr strikte, zahlengetriebene und vorallem gefühllose Karrierefrau. Prinzipiell eine Grundlage für einen tiefgehenden Charakter, jedoch mutiert sie sehr schnell zur Jungfrau in Nöten für Chris Pratt. Dieser spielt Owen Grady, seines Zeichens der Trainer der Raptoren des Parks. Für mich war das noch der stärkste menschliche Akteur des Filmes, jedoch nicht aufgrund seiner Vielschichtigkeit, sondern eher der Leinwandpräsenz von Chris Pratt. Der Mann schafft es einfach den Fokus in den Szenen direkt auf sich zu lenken und damit eine gewisse Intensität zu erzeugen, was besonders bei den Actionsequenzen sehr wichtig ist.
Darüber hinaus braucht ein solcher Film natürlich noch Kinder/Jugendliche, die in Not geraten können und für die das Publikum mitfiebert. Diese Rolle füllen diesmal Claires Neffen Zach (Nick Robinson) und Gray (Ty Simpkins ) aus. Zach lässt sich am besten als pubertierende Nervensäge mit Dauerständer und Aufmerksamkeitsdefizit beschreiben, während Gray der nerdige und ewig missverstandene junge Bruder ist. Dies jedoch nur zu Beginn, da in der resultierenden Massenpanik im Park eh alle Charaktere bald nur noch zu Überlebenskämpfern werden. Wie bereits erwähnt, das Highlight des Filmes sind definitiv nicht seine Menschen, sondern vielmehr die Dinosaurier selbst.
Grund dafür ist auch deren phänomenales Aussehen. Jurassic Park hat bei seinem Erscheinen Maßstäbe gesetzt und auch wenn das Jurassic World nicht mehr gelingt, so ist es doch ein würdiger Nachfolger. Die Vielfalt der Dinosaurier dürfte in diesem Film so hoch sein wie in noch keinem Vorgänger und jede Spezies sieht authentisch und glaubwürdig aus. Wie gesagt, ich konnte mir den Park beinahe als eine tatsächliche Attraktion vorstellen. Die meiste Detailarbeit ging natürlich in den Indominus Rex, dessen Aussehen sehr überzeugend ist. Der Hybrid wirkt bedrohlich, gleichzeitig aber (fast immer) realistisch. Es gibt eine Konfrontation mit dem Sicherheitsteam des Parks, bei dem mir die Fähigkeiten des neuen Biestes zu übertrieben erschienen, das blieb aber die Ausnahme. Auch die Raptoren von Owen sehen klasse aus und sind teilweise als eigene Individuen zu identifizieren.
Zusammenfassend lässt sich zur Handlung sagen, dass die Story von Jurassic World am besten funktioniert, wenn nicht zu viele Charaktere an ihr beteiligt sind und einfach die Bilder für sich sprechen. Die Dialoge sind nicht furchtbar, aber auch nicht herrausragend. Der größte „Spaß“ entsteht definitiv, wenn alle Beteiligten einfach um ihr Leben rennen und der Film seine visuelle Klasse ausspielen kann. Die Geschichte ist damit im Endeffekt nur eine weitere Abwandlung von Teil 1 mit besseren Effekten.
Blut und orchestrale Töne
Was mich etwas überrascht hat war die Altersfreigabe von Jurassic World. FSK 12 ist meines Erachtens eine mutige Entscheidung, da der Film nicht mit expliziten Szenen geizt. Da werden ganze Leute verschlungen, ekelhafte Bisswunden gezeigt oder einzelne Körperteile abgebissen. Zwar nie zu deutlich, doch mir hat bei einigen Szenen schon die Vorstellung weh getan. Das sollte jedoch nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass Raptoren und ein gezüchteter Killerdino die Stars des Filmes sind.
Der Soundtrack des Films fügt sich übrigens angenehm in die visuelle Pracht ein, um ein sehr hochwertiges Gesamtbild zu erschaffen. Es ist schon magisch, wenn sich die Pforten des Parks öffnen und dabei das geniale Theme von John Williams gespielt wird. Ich muss zugeben, bei dieser Szene ein wenig Gänsehaut gehabt zu haben, da sie angenehme Erinnerungen weckt. Neben diesen altbekannten Stücken fügt Komponist Michael Giacchino (unter anderem bekannt aus den neuen Star Trek Filmen und Mission: Impossible 3) auch neue Werke hinzu, die sich wie schon gesagt passend in den Film einfügen.
Fazit zu Jurassic World
Dieser vierte Teil der Jurassic Park Serie orientiert sich noch am nähesten an seinem genialen Vorgänger und ist deshalb auch das beste der Sequels. Die Geschichte selbst ist leider etwas uninspiriert und hat schwache menschliche Charaktere, weiß aber mit genug Action und Spannung davon abzulenken. Doch in Wahrheit schaut man sich diesen Film auch wegen seiner Dinosaurier an- und diese sind großartig in Szene gesetzt. So liefert Jurassic World am Ende das Popcorn-Kino, was man sich von ihm erwartet und erhofft- nicht mehr und nicht weniger.
Ihr wollt einen ersten Eindruck? Hier findet ihr den deutschen Trailer zu Jurassic World!
Beitragsbild: (c) Universal Studios
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