„Königin der Wüste“ Kritik: Herzog schickt Kidman in die Wüste

Nadine Emmerich 4. September 2015 0
„Königin der Wüste“ Kritik: Herzog schickt Kidman in die Wüste

Filme über „starke Frauen in extremen Situationen“ gab  Berlinale-Direktor Dieter Kosslick Anfang 2015 als Schwerpunkt des diesjährigen Wettbewerbs an. In diese Sparte packte er auch Werner Herzogs „Königin der Wüste“ (Queen of the Desert) über die britische Archäologin und Forschungsreisende Gertrude Bell (1868 – 1926). Das Biopic mit Nicole Kidman, James Franco, Damian Lewis und Robert Pattinson ist indes mehr Herzschmerzdrama als Abenteuerfilm über eine einflussreiche Frau geworden.

Die Historikerin, Schriftstellerin und Orientkennerin Gertrude Bell war eine mächtige Frau: Als Geheimdienstmitarbeiterin, politische Beraterin von Winston Churchill und Vertraute des irakischen Königs Faisal I. spielte sie eine bedeutende Rolle bei der Grenzziehung des Iraks und der Neuordnung des Nahen Ostens. Sie hat eine Menge angerichtet, könnte man auch sagen.

Bell ist zweifelsohne eine faszinierende Figur, die – anders als Lawrence von Arabien – lange Zeit wenig bekannt war. Der deutsche Arthouse-Meister Herzog („Fitzcarraldo“), der seit langem in den USA lebt, hat sich nun daran gemacht, ihr Leben auf die große Leinwand zu bringen.

Herzog inszeniert vor allem eins: Kidman als Wüstenschönheit

Ende des 19. Jahrhunderts, als Frauen nur Heim und Herd angedacht war, galt die wissbegierige und reiselustige Oxford-Absolventin Bell (Kidman) für potenzielle Ehemänner als schwer vermittelbar. Ihr Vater hat zum Glück Verständnis: Er schickt die daheim gelangweilte Tochter zu Onkel und Tante in die britische Botschaft in Teheran – wo sie nicht nur die Region, sondern auch den Botschaftssekretär (Franco) lieben lernt.

Nach dem Tod des Geliebten wird Bell zur Abenteuerin. Auf einem Dromedar wagt sie sich tief in die arabische Wüste, lernt Beduinen und Drusen, Emire und Scheichs kennen, studiert deren Kultur und Machtverhältnisse. Bells geopolitische Rolle als Expertin der Region fand Herzog – ohnehin nicht bekannt für Filme über Frauen – aber offenbar weniger spannend.

Stattdessen präsentiert er dem Zuschauer vor allem Bells schmachtendes Herz, das eine verstorbene und eine verheiratete Liebe verkraften muss. Zwei Stunden lang zeigt er in bester Mainstream-Hollywoodmanier atemberaubende Wüstenaufnahmen mit einer immer wie aus dem Ei gepellten Kidman. Das ist zwar wunderschön anzusehen – aber auch belanglos. Und wird dem Leben der echten „Königin der Wüste“ wohl kaum gerecht.

Kinostart: 3. September.

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