Unscharfe, bunte Stadtlichter verschmelzen in Bildern von improvisierten Boheme-Buden und sterilen Hochglanzhotels. Ruhige Funk-, Soul- und Blues-Klänge stellen die Hintergrundmusik zu einem Aufmarsch von Berliner Stereotypen: Jane (Megan Gay) hat ihre eigene Galerie, ihr Ehemann David (Ian Dickinson) ist Paartherapeut. Seine eigene Ehe existiert jedoch nur noch auf dem Papier – nachts liegen er und Jane schlaflos im kalten Ehebett. Sie können sich nicht ansehen oder miteinander sprechen. Stattdessen betrügen sie einander.
Leo (Benno Lehmann ) ist Halbwaise und besitzt eine eigene Bar, sein Vater Max ist mit 50 Jahren immer noch ein frankophiler Womanizer mit fatalen Bindungsängsten und hat die Familie im Stich gelassen. Trost findet Leo bei Mi-Nah (Kotti Yun), die vor den Ehevorstellungen konservativer Eltern aus Korea nach Deutschland geflohen ist, um Bilder für Janes Galerie zu malen. Was weder Jane noch Leo wissen, ist, dass Min-Nah auch eine Affäre mit David hat.
Was die von Selbstzweifeln geplagten Berliner miteinander verbindet, ist die Großstadt-Gretchenfrage: Wie kann es sein, dass wir in einer 3,5-Millionenstadt leben und dennoch einsam sind? Im Laufe des knapp über einstündigen Gefühlsdramas von Regisseur Alex Ross philosophieren und reflektieren sie über Liebe, ihre Suche, ihren Verlust.
Bei allen scheint die Partnerschaft das höchste Maß des persönlichen Glückes zu sein: sie reden zwar viel von Freiheit, wollen aber eigentlich alle Sicherheit. Als die Suchenden sich gegen Ende endlich gegenseitig konfrontieren wird klar: Angst und Lüge sind weit größere Beziehungskiller als Ehrlichkeit.
In Leos Bar hängt deutlich sichtbar ein Plakat von Ross‘ Erstlingswerk: „Tom Atkins Blues.“ Mit dieser Hommage zwingt der junge Indie-Filmmacher den Zuschauer jedoch förmlich einen Vergleich zu dem Meisterwerk auf, dass er damals in nur wenigen Tagen und mit einem Budget von nur 2000 Euro über einen Spätkauf im Prenzlauerberg gedreht hat.
Der kammerspielartige Handlungsraum und die sehr persönlichen Figuren hat er bei seinem zweiten Werk gegen weitaus glamourösere Schauplätze und Akteure eingetauscht: In Leos Bar, Janes krankenhausweißer Galerie und Davids Praxis erleben wir eine Geschichte, die weder neu noch besonders originell erzählt ist. Dennoch bleiben das zeitlose Thema, einzelne Dialoge und vor allem die Darsteller interessant. Insbesondere Kotti Yun und Megan Gay liefern ein hervorragendes Spiel ab. Die Verletzlichkeit, die die männlichen Darsteller in ein wenig zu kitschig geratenen Sätzen zum Ausdruck bringen, vermitteln sie durch gefühlvolle Blicke und Gesten. Überhaupt sind die Frauen in diesem Film fast ausnahmslos stärker als die Männer. Auch Meral Perin, die Leos verstorbene Mutter Edda spielt, glänzt in ihrer Rolle als zynisch-eloquenter Geist der Erinnerung, der den von seinem schlechten Gewissen gequälten Max heimsucht.
Genauso wie Edda ist auch Weak Heart Drop eine alte Vertraute, die uns keine neue Botschaft vermitteln, sondern eine alte Erkenntnis ins Gedächtnis rufen will: Bei der großen Suche gibt es nur dann eine Aussicht auf Erfolg, wenn man sein eigenes Ego zurückstellt und seinem Partner zuhört und vertraut. Fast wie eine Aufforderung an die narzisstischen Berliner wirkt so auch der Satz Davids: „Glück ist nicht zu haben was man will, sondern zu wollen, was man hat.“
So schneidet Weak Heart Drop beim direkten Vergleich zu Ross‘ Debut zwar schlechter ab – Trotz mangelnder Intensität bietet er aber eine malerische und sehenswerte Studie über das Leben und Emotionale Überleben in Berlin.
„Weak Heart Drop“ läuft seit dem 8. März.2015 sechs Monate lang jeweils an einem Sonntag im Monat in den Berliner Kinos „Sputnik-Kino“, „Bundesplatz-Kino“, „ACUD“ und „ZUKUNFT“ – stets in Anwesenheit des Regisseurs sowie Cast- und Crew-Mitgliedern.