La La Land Kritik: Chazelles traumhafte Hommage

Jonas Gröne 3. Februar 2017 0
La La Land Kritik: Chazelles traumhafte Hommage

Die Kunst des Träumens: La La Land ist ein Meisterwerk der Leichtigkeit. Damien Chazelle inszeniert auf fabulöse und verpielte Weise eine Hommage des alten Hollywoods. Mit dem gleich 14-mal nominierten Oscaranwärter steigt der Whiplash-Regisseur wohl endgültig zu den Großen auf.

Ein magisch anmutender Stern am Horizont des Museumsinterieurs. Die beiden Liebenden haben sich verstohlen auf der Suche nach einem geheimen Platz, einem romantischen Ausblick. Dabei sind Kunsthallen doch so gar nicht romantisch. Es ist auch eher die unendliche Galaxie, die dort oben so schwebt. Also irgendwie doch romantisch. Verspielte Musik umgibt die beiden. Ein Liebesblick. Die Lippen fahren in Kusszone. Gleich kommt das Glück. Die Audienz erwartet den allesumgebenden Kuss der Romanze. Das Finale allen durchlebten Trubels und das Seelenheil für schmerzlich gebrochene Herzen. Auf der Uhr steht die Hälfte der Zeit: Es ist nicht das Ende? Es ist doch eine Romanze? Der alles entschließende Kuss gebührt doch klassisch dem Ende?

Stattdessen bricht der Moment ab, sein Taschentuch verflüchtigt sich, es fliegt und windet sich zauberhaft davon. Kein Kuss. Es folgt der ironisch ansitzende Blick von ihm. Dann von ihr. Und es geschieht Magie: Sie lösen sich von der Welt. Er führt sie in zauberhafter Illusion in die Sterne. Sie tanzen im dunkelfarbenen Nachthimmel und schwingen postkartenhaft durch das Bild. Ein Spiel der Farben und Bewegungen. Die Sequenz endet mit dem umkreisenden Kuss: Eine Hommage an die frühen Hollywood-Liebeleien, ganz im Stile des Happy-Ends. La La Land endet hier allerdings nicht.

Was metaphorisierend für die Gefühlswelten des Paares steht, ist die filmische und tropische Kunst der Illusion. Der Gedanke vom Film als Traumfabrik ist schon so alt wie das Kino selbst. Der erste große Traumkonstrukteur war Kinopionier Georges Méliès. Vom Film begeistert wollte Méliès, der das akkurate Pendant zum Realismus der Lumièrebrüder definierte, dem Kino die Illusion schenken. Mit seinem wohl berühmtesten Film Die Reise zum Mond (1902) gelang ihm das für immer. Zur Träumerei in La La Land hätte Meister Méliès also kein Veto eingelegt.

Vom Traum zur Kunst: Damien Chazelles Musical-Romanze La La Land ist ein großer Film des alten Hollywoods. Kameraästhetisch verspielt, frisch und zugleich nostalgisch mit so viel federhafter Leichtigkeit geführt, dass die rund 128 Minuten am Ende noch fast eskapistisch nachhallen. In den Hauptrollen glänzt der mäusehaft reinblickende Schönling Sebastian, gespielt von Ryan Gosling, mit seiner zauberhaften Filmpartnerin Emma Stone. Natürlich haben die beiden Tanzunterricht genommen (Ryan Gosling lernte sogar 9 Monate Jazzklavier spielen, 5 Stunden jeden Tag!), so leicht überspitzt einstudiert wirken die Tanzszenen, aber eben da manifestiert diese wunderbar harmonisierende Atmosphäre eine so liebenswürdige Hommage der alten Tage. Wie war das noch gleich bei Gene Kelly?

What a glorious feeling, I’m happy again!

So glücklich sind auch Sebastian und Mia, als sie sich lieben und kennenlernen. Der Jazzpianist, der der musikalischen Seele New Orleans keinen Abgesang erstatten will, und die angehende Schauspielerin Mia, die sich von Casting zu Casting müht, aber ohne Erfolg. Es folgt die Romanze, wie man sie erwartet und dann doch nicht. Im Weg steht die Kunst. Doch um die Handlung soll es in La La Land auch gar nicht gehen. Keine Verwicklungen, kein hochgradig verlorenes Gefühlsdrama. Es geht um Träume, um Musik und Farben.

La La Land hat Kitsch, nicht zu wenig. Aber es bleibt die Art von Kitsch, die einem wohl ist, die verträumt wirkt, die begeistert, mitreißt, nicht fesselt, aber anzieht. In der Lockerheit, wie sich der Film gibt, nimmt er die alte Schiene von konventionellem Romantikdrama auf so charmante Weise hoch, dass La La Land sich dabei nicht zu ernst und nicht zu fein nimmt. Man kann darüber streiten, ob der 14-malige Oscar-Contender einer jener Extrafilme ist, die alle paar Jahre bis ins Himmelreich gehyped werden. Vom Träumen weiß Musical-Liebhaber Chazelle allerdings auf so subtile wie fabulöse Weise zu erzählen. Und ein wenig Eskapismus kann in einer modrigen Trump-Welt ganz guttun.

 Seit dem 12. Januar läuft La La Land im Kino.

Trailer Englisch:

„City Of Stars“:

Beitragsbild: © LIONSGATE

[schema type=“review“ url=“filmverliebt.de“ name=“La La Land“ rev_name=“La La Land“ author=“Jonas Gröne“ pubdate=“2017-02-04″ user_review=“5″ min_review=“1″ max_review=“5″ ]

La La Land Kritik: Chazelles traumhafte Hommage

3.8 (75%) 8 vote[s]