Wie wäre es, wenn wir als Zuschauer von Anfang an wissen, wer der Mörder ist und noch dazu auf welche Art und Weise dieser seine Opfer umbringt? Was sich im ersten Moment wie ein Fest von Spoilern anhört, funktioniert jedoch einwandfrei in Maniac 1980 und seinem Remake von 2012.
Der bei uns noch relativ unbekannte französische Regisseur und Schauspieler Franck Khalfoun setzte den Film zusammen mit Alexandre Aja (The Hills Have Eyes, 2006) als Drehbuchautor um und drehte beinahe den gesamten Film aus der Perspektive des Killers. Das Ergebnis ist ein hautnahes Portrait eines Psychopathen.
Ich werde dich nicht töten. Ich werde dich behalten.
Die Story des Filmes ist recht einfach gestrickt: Frank Zito (Elijah Wood), ein einsamer Restaurateur alter Schaufensterpuppen, macht sich in Los Angeles des nachts auf, um Frauen zu erstechen und ihnen den Skalp zu entfernen. Mit diesen verziert er die Schaufensterpuppen in seiner Wohnung und erweckt sie so für sich wieder zum Leben. Tag für Tag führt er einen innerlichen Kampf mit sich selbst. Doch sein Drang zu Töten kommt zur Ruhe, als er Anna (Nora Arnezeder) kennenlernt. Eine Fotografin mit wunderbar französischem Akzent, die eines Tages vor seinem Laden steht und ihn bittet, seine Puppen für eine Ausstellung „adoptieren“ zu dürfen. In ihr, so glaubt er, eine Verbündete gefunden zu haben, da sie seine Bewunderung für Schaufensterpuppen teilt. Er verliebt sich in sie und schafft es, sich mit ihr zu befreunden. Doch alte Gewohnheiten wird man nur schwer los und so kann man sich schon denken, dass die Ruhe nicht lange anhält. Einzig die Frage bleibt, ob Anna ihren Verehrer überleben kann oder nicht.
In der Haut des Täters
Dadurch, dass fast der gesamte Film aus der Ego-Perspektive aufgenommen wurde, erlebt der Zuschauer hautnah mit, was in Frank vorgeht. Frank selbst sehen wir meist als Reflektion in Spiegeln oder Fenstern. Nur vereinzelt schwenkt die Kamera um und zeigt uns wie er beispielsweise zusammen mit Anna im Park sitzt. Vor allem jedoch sehen wir sehr viel von Franks mit blutigen Schnittwunden übersäten Händen. Wie er diese obsessiv wäscht, wie er seine Messer säubert und wie er seinen Opfern den Skalp entfernt. Hiermit sei schon voraus gewarnt, dass der Film nichts für zart besaitete Zuschauer ist. Die Kamera macht hier keinen Schnitt bevor es richtig übel wird, sondern hält vollends drauf.
Die gute (oder schlechte?) Nachricht ist, dass man sich als Zuschauer nicht auf die herkömmliche Weise fürchtet. Man kann ahnen was passieren wird – nehmen wir doch direkt teil an dem was Frank denkt. Als Zuschauer ist man bei diesem Film vielmehr angewidert und fühlt sich aufgrund der präzisen und realistischen Darstellungen mitunter sehr unwohl. Der Film lebt vor allem von der klitzekleinen Hoffnung, dass Frank den nächsten Schnitt vielleicht doch nicht macht und sich selbst stoppen kann.
Der nette Killer von nebenan
Während das Original mit Joe Spinell als Frank Zito noch einen großen und kräftigen Mörder vorweist, wirkt Elijah Wood mit seiner zierlichen Statur dagegen im ersten Moment wie eine komplette Fehlbesetzung. Viel zu klein und dünn. Hinzu kommen seine unverkennbar großen und freundlichen blauen Augen. Doch wer genauer hinsieht, merkt schnell, dass die Besetzung sogar ziemlich genial ist. Durch sein harmloses Auftreten schafft er es viel schneller, sich Frauen zu nähern. Er wirkt zugleich seltsam schüchtern und doch leicht aufdringlich. Mit seinem Klamottenstil, bestehend aus Rollkragenpullovern und Cord- Blazern, scheint er aus einer anderen Ära zu sein. Alles in allem ist er, egal wo er sich befindet, fehl am Platz. Woods Gesicht wirkt zudem auf den Zuschauer vertraut und doch irgendwie verändert. Er hatte sich für den Film seine Geheimratsecken höher schneiden lassen, wodurch seine Gestalt noch merkwürdiger erscheint.
Wer braucht eigentlich noch Remakes?
Horrorfan Elijah Wood, der oft und gerne in Interviews anmerkt, wie wenig er doch von Neuverfilmungen hält, spielt also die Hauptrolle in einem Remake? Noch dazu in dem Remake eines Horrorklassikers? Wood, welcher die Produktionsfirma SpectreVision gegründet hat, die spezialisiert ist auf Filme in dem Genre, meint jedoch, gute Gründe für die Wiederbelebung von Maniac zu haben. Ebenso wie Khalfoun sprach ihn die Idee an, fast den gesamten Film aus der Perspektive des Mörders zu filmen. „Der Zuschauer sollte fühlen, wie es ist, in einem Körper zu gefangen zu sein, der einen dazu zwingt, schreckliche Dinge zu tun.“, so Khalfoun. Zudem gibt das Remake in Form von Rückblenden etwas mehr über die Kindheit Franks preis als das Original. Wir erfahren unter anderem, dass er von seiner Mutter schwer vernachlässigt wurde und die meiste Zeit verängstigt in Schränken zubrachte. Doch auch wenn diese Rückblenden ein interessanter Zusatz sind, so werden diese einer Erklärung dessen, was mit ihm wirklich geschehen ist, nicht gerecht. Im Groben hält sich das Remake an das Original. Erwähnenswert sind aber auch die Farbpalette und der Soundtrack, die dem Remake eine schöne eigene Note geben.
Fazit zu Maniac 2012
Auch wenn manche Szenen in Maniac zu lang gezogen sind, ist der Film alles in allem ein kleines Kunstwerk für sich, das mit einer interessanten Kameraführung und einem phänomenalen Maskenbild aufwartet. Wood überzeugt, und Arnezeders Antlitz möchte man in keinem Film mehr missen. Der Augenblick, in dem Anna erkennt, wer ihr da wirklich gegenüber sitzt und was danach geschieht, ist mein persönliches Highlight aus dem Film. Wie bereits erwähnt, ist Maniac jedoch nichts für schwache Nerven und auch dem normalen Kinogänger würde ich diesen Film nicht empfehlen. Horrorfans und Filmliebhaber mit Hang zum Experimentellen sei der Film aber wärmstens ans Herz gelegt!
An dieser Stelle sei noch angemerkt, dass die ungekürzte Fassung des Films in Deutschland seit Juni 2014 auf Beschluss der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) nicht mehr im Laden erhältlich ist. Der Film ist demnach nur noch als FSK „Keine Jugendfreigabe“- Fassung verfügbar, der jedoch mehr als zwei Minuten Material fehlen.
(c) ASCOT ELITE Filmverleih