Mister & Pete gegen den Rest der Welt (2013) – Kritik zur Blu-ray

Martin 16. Oktober 2014 1
Mister & Pete gegen den Rest der Welt (2013) – Kritik zur Blu-ray

Mister & Pete gegen den Rest der Welt, im Englischen The Inevitable Defeat of Mister & Pete, erinnert in seinem Setting an zwei Filme von Spike Lee: Der Wohnblock scheint fast bildgetreu dem Film Clockers (1995) zu entstammen. Die brütende, drückende Sommerzeit, zu der sich die Ereignisse abspielen, wirkt, als wenn sie direkt aus Do The Right Thing (1989) abstrahlt. Die Reminszenz an gerade diese Werke kommt nicht von ungefähr: Wie Spike Lees frühere Werke stellt Mister & Pete gegen den Rest einen Mosaikstein aus der Lebenswelt (junger) Afroamerikaner im amerikanischen Großstadtghetto dar. Und während es damit durchaus thematische Verwandtschaft mit genannten, auf einen realistischen oder/und eher „harten“ Kern zielenden Filmen zeigt, ist nicht unbedingt seine Botschaft, aber doch vor allem seine Konstruktion eine ganz andere.

Denn im Grunde handelt es sich bei Mister & Pete gegen den Rest der Welt um einen Coming-Of-Age-Film. Damit ist nicht die Transformation von einem jungen, schüchternen in einen selbstbewussten Menschen vor dem Hintergrund erster Liebeserfahrungen gemeint, wie zuletzt etwa in The Way Way Back (2013). Mit Coming-Of-Age meine ich hier die Handlungen und Wandlungen des Hauptcharakters, die sich auf seine soziale Umgebung und deren Akteure beziehen.

Der junge Protagonist mit dem unüblichen Vornamen Mister (Skylan Brooks) lebt in einem Wohnblock New York Citys mit seiner Mutter Gloria (Jennifer Hudson), die ihr Geld als Prostituierte verdient. Sein Umfeld ist mit Kriminalität durchsetzt, sein Leben von Armut geprägt. Als Gloria eines Tages festgenommen wird, können sich Mister und der kleine Pete (Ethan Dizon), sozusagen sein Sidekick, davor retten, in ein Kinder-Pflegeheim abgeschoben zu werden. Sie sind von nun an auf sich allein gestellt.

Besetzungen von Kindern in Filmen sind in der Regel „Hit-or-Miss“. Insbesondere Skylan Brooks kann hier aber auf ganzer Linie überzeugen. Er spielt Mister äußerst authentisch. Dieses Talent ist in dem Film auch unumgänglich, da für Mister ein Schauspielcasting in Beverly Hills wie ein Rettungsanker aus seiner darbenden Existenz erscheint. Somit wurde in Skylan Brooks ein Schauspieler benötigt und gefunden, der darüber hinaus im Film auch noch überzeugend schauspielern kann (klingt komisch, ist aber so). Der Moment des Castings selbst im letzten Drittel des Films kann einigen als Enttäuschung, anderen als positive Überraschung daherkommen. Nur soviel: Das Casting ist nicht einer der (emotionalen) Höhepunkte (also nicht wie etwa in Little Miss Sunshine, 2006), auf den im Drehbuch immer wieder hingearbeitet wird.

Die anderen Akteure, die ich erwähnte, wurden wie auch die Mutter von Mister, mit prominenten Gesichtern aus der Film- und TV-Welt besetzt: Der Polizist (Adewale Akinnuoye-Agbaje, Lost), der Zuhälter/ Drogenboss (Anthony Mackie, Pain & Gain), der Kleinkriminelle (Julito McCullum, The Wire), der Obdachlose (Jeffrey Wright, The Ides of March). Mir hat das Verwenden von bekannten Darstellern äußerst gut gefallen. Ich vermute, dass der Regisseur George Tillman Jr. (Faster, Soulfood) unterstreichen wollte, dass es sich bei diesen Personen tatsächlich um immer wiederkehrende Typen oder Eckpfeiler eines Gerüsts handelt, die in unterschiedlicher Gestalt mit unterschiedlichen Gesichtern auftreten können und mit denen man es, oder in diesem Fall Mister, – ungewollt oder gewollt – in dem dargestellten Milieu zwangsläufig zu tun bekommt. Zudem verleihen sie dem Film natürlich etwas „Star-Power“. Obwohl all diese Charaktere in dem Film nur angerissen werden, scheinen sie alle ihre eigene Agenda zu haben. Sie driften in einem Mikrokosmos, in dem sie differenziert auf verschiedene, emotionale Reize reagieren und ebenso wie der Protagonist Veränderungen unterlegen sind.

Veränderungen macht der Film leider auch in seiner optischen, visuellen Natur durch. Denn so wie das Erst-Kinofilm-Drehbuch von Michael Starr mit dem Beginn des Mittelteils seinen festen Griff verliert und die Erzählungen aus der Sommerperiode von Mister und Pete in episodenhafte Erzählungen abgleiten lässt, fällt auch etwas die anfangs noch sehr stilsichere Inszenierung, besonders deutlich in der Anfangssequenz des Films, durch George Tillman Jr. bzw. Kameramann Reed Morano später leicht ab. Der Film sieht insgesamt toll aus und ist entsprechend seiner sommerlichen Verortung in warmen Braun- und Orangetönen festgehalten (auch der erfrischende, oft Hip-Hop-orientierte Soundtrack von Mark Isham und Alicia Keys weiß zu gefallen). Ein etwas unterkühlteres Bild beispielsweise hätte dem cineastischen Machwerk an einigen Stellen aber sicher nicht geschadet. Denn der Film enthält mehr Materie als er manchmal freiwillig offenbaren möchte.

FAZIT

Mit Mister & Pete gegen den Rest der Welt hat man es mit einem gehaltvollen und trotzdem über weite Strecken beschwingten, unterhaltsamen Film zu tun. Liebhaber knallharter Dramen, in denen auch Gewalt eine Rolle spielt, werden hier aber nicht auf ihre Kosten kommen.

Mister & Pete gegen den Rest der Welt (2013) – Kritik zur Blu-ray

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