Es ist ja schon so eine Sache mit Biopics. Sobald ein Film auf einer scheinbar wahren Grundlage beruht und einen passablen Regisseur und Cast findet, steht das Ding durchaus wahrscheinlich auf der Nominierungsliste der Oscars. Hollywood erzählt eben gerne solche Geschichten und die Academy honoriert diese nicht selten mit höchsten Weihen. Der Hauptdarsteller eines solchen Films kann sich in der Regel auch Hoffnungen auf eine Goldstatue machen. Das ist bei Morten Tyldums „The Imitation Game“ nicht anders. Recht klar wurde hier nach einem bekannten Schema gearbeitet. Innovativ geht anders, schlecht aber auch.
Der Film erzählt Ausschnitte aus dem Leben des Mathematikgenies und Kryptoanalytikers Alan Turing (Benedict Cumberbatch). Neben Ausflügen in die frühe Kindheit und in das spätere Leben Turings liegt der Fokus auf der Zeit während des Zweiten Weltkriegs, wo Turing mit einem Team aus mehreren Forschern im britischen Bletchley Park an einem geheimen Projekt für die britische Regierung arbeitet. Turings arrogante, antisoziale und fast schon autistische Art macht ihn dabei nicht immer beliebt bei seinen Kollegen und Befehlshabern, und es kommt mitunter zu harschen Auseinandersetzungen. Allerdings ist er derjenige, der mit Nachdruck an dem Bau einer Maschine feilt, die es den Briten endgültig ermöglichen soll, den angeblich unknackbaren Nazi-Militärcode „Enigma“ zu entschlüsseln und so wichtige Informationen über geplante Angriffe der nationalsozialistischen Truppen zu erhalten.
Außenseitergenie mit Hang zum Autismus und schwach ausgeprägten sozialen Fähigkeiten? Hat es alles schon in zahlreichen Filmen gegeben und ist auch hier nicht neu. Die Figur und das Leben Alan Turings sind aber dermaßen interessant und zuweilen bewegend, dass es sich dennoch lohnt, diese Geschichte zu erzählen und sie auch filmisch mitzuerleben. So war Turing nicht nur ein Mathe-Ass und Pionier der Computertechnologie, sondern auch ein Homosexueller: undenkbar zur damaligen Zeit und zudem noch ein Verbrechen, für das Turing später bestraft werden sollte.
Solch ein Hintergrund ist natürlich eine Steilvorlage, um einen dramatischen Tränendrüsendrücker zu inszenieren. Diesen Weg schlägt Tyldum jedoch nicht ein. Zwar ist sein Film nicht frei von pathetischen Momenten, allerdings fügen sich diese ganz natürlich und keineswegs aufgesetzt in die spannende Grundgeschichte ein, die auch hin und wieder durch humorvolle Momente aufgelockert wird. Generell ist „The Imitation Game“ ein sehr kurzweiliger und handwerklich runder Film: Tolle Sets, treibender Score, gute Kamera und nicht zuletzt natürlich starke schauspielerische Leistungen – Oscarmaterial halt. Allen voran muss hier „Sherlock“-Star Benedict Cumberbatch genannt werden, der zwar nach seiner Paraderolle als britischer Kultdetektiv diesmal wieder eine ähnlich angelegte Figur spielt (genial, arrogant, sozial unbeholfen), dies aber nach wie vor mitreißend und glaubwürdig tut. Die Riege der Nebendarsteller zeigt ebenfalls ansprechende Leistungen. Ob Keira Knightley als Turings Verlobte oder Mark Strong als mysteriöses MI6-Mitglied: Alle hatten sichtlich Spaß an der Arbeit und das springt auch auf den Zuschauer über.
Man verzeiht diesem Biopic durchaus seine etwaigen historischen Ungenauigkeiten (Turing soll in Wahrheit angeblich weit weniger sonderbar wie hier dargestellt gewesen sein, liest man gelegentlich), denn er macht einfach vieles richtig und nimmt den Zuschauer auf eine spannende, dramatische und lehrreiche Reise durch das recht kurze Leben eines Mannes, der die Welt veränderte und den Krieg verkürzte. Wie? Nichts davon gewusst? Dann schnell rein in „The Imitation Game“!