Von Marlene Schneider
Das bildschöne Teeny-Girl Uma lebt in einer Zukunft krasser Klassenunterschiede. Sie gehört aber glücklicherweise zu den Ups, den im Luxus schwimmenden Geldadligen. Pech für sie: Die rebellische Spätpubertierende hat sich in einen „Low“ verliebt, einen Proleten, der für seinen Lebensunterhalt… arbeiten muss (igitt!). Die Lows, so erfährt man später irgendwann nebenbei, schuften zu Hungerlöhnen, vegetieren in dreckigen Slums und sterben früh. Zu Gesicht bekommt man in PARADISE HILLS aber nur devote Domestiken. Zwei davon erwarten die süße Uma als sie zu Beginn des Films in einer Luxus-Anstalt namens Paradise erwacht und sofort den ersten Fluchtversuch startet.
Das von „Der Herzogin“ (Milla Jovovich) geleitete Paradise Hills ist ein Zentrum für Umerziehung, wo privilegierte junge Frauen nach Vorgaben ihrer Familien standesgemäß diszipliniert werden: Die Anstaltskluft, ein Korsettkleid aus weißen Trägern und Schnallen, kombiniert viktorianische Rüschen mit Lackleder, ergänzt mit zwangsweise verpasstem Neonhaar und Manga-Make-up. Uma wird umschwärmt von schönen jungen Männern, die den Mädels höflich dienernd ihr (karges) Luxusmenü servieren und sie nur mit Samthandschuhen anpacken, um sie mit weißen Lackledergurten zur (läppisch inszenierten) Brainwash-Behandlung festzuschnallen.
Hinter märchenhaftem Dekor, Tüllkostümen und rosengeschmückten Prachtterrassen (gedreht in Barzelona) lauert natürlich am Ende (Spoiler-Alarm!) das Unheimliche. Zunächst tunkt einen PARADISE HILLS jedoch tief in die Pink-Teeny-Fantasie von Prinzen und Einhörnern, gegen die sich Uma mit ihren drei bald ebenso rebellischen Zimmergenossinnen kräftig auflehnt. Mit sanfter Gewalt und fiesen Psychotricks drangsaliert die Herzogin ihre Mädels, die aber bocken, dass die stylishen Kulissen wackeln, die Handlung logische Lücken bekommt und die diabolische Milla Jovovich ihr wahres Vampirgesicht zeigen muss. Der humoristische (aber noch nicht der blutige) Höhepunkt ist erreicht, wenn die wegen Übergewicht behandelte Chloe (Danielle Macdonald) mit dem ganzen Wumms ihrer Adipositas einen Edelschergen umhaut und einem Psycho-Frankenstein auch noch die Brille wegfliegt. Dann entdecken die zornigen Manga-Schneewittchen endlich das dunkle Geheimnis der bösen Herzogin.
Kostüme und Kulissen überzeugen, Schauspiel und Filmhandwerk sind okay. Emma Roberts als Uma hält sich dabei zwar ganz gut, muss aber noch einiges lernen, wenn sie Nicole Kidman aus den WIFES of STEPFORD eines Tages toppen will. Die Story ist jedoch mau. Man muss wohl dümmlich, weiblich, jung sein, wenn man die erste Hälfte nicht als einschläfernd, weil überlange Luxuskram-Werbung erleben will. Eine durchdachte Dystopie oder kritisches Denken, das über pubertierendes Nicht-Anpassenwollen an altbackene Frauenrollen hinausgeht, sucht man leider vergebens. Damit bleibt PARADISE HILLS fast noch hinter debilen Youth-Age-Dystopien wie THE HUNGER GAMES zurück. Wenigsten handeln die Girls solidarisch und lassen sich nicht via Schönheitswettbewerb gegeneinander aufhetzen, was den Film in den Augen seiner Macher wohl schon zu einem politischen Fanal gegen neoliberale Angepasstheit und weibliche Geschlechterrollen machen dürfte.
Die junge Filmemacherin Alice Waddington (geb. 1990 in Spanien) wurde mit süßen 16 Assistentin eines Kameramanns und machte Karriere in Fotografie, Kostümdesign und -welche Überraschung- Modefilmen für Magazine wie Harper’s Bazaar. Ab dem zarten Alter von 20 wurde sie Creative Direktrice bei den Agenturen Leo Burnett und Social Noise. Ihr erster Kurzfilm, DISCO INFERNO (2015), wurde immerhin 65mal für Preise nominiert und räumte elf Preise ab -wieviele davon durch Agenturen wie Leo Burnett oder Social Noise bzw. deren Kumpels und Kumpelinen vergeben wurden, wollen wir mal lieber nicht nachrecherchieren.
Fazit: Ein Film, der alle aus den rosa Strapsen hauen wird, die bislang nur Schminktipps auf Youtube kannten.
Kinostart in Deutschland ist der 29. August.
Von Marlene Schneider / Beitragsbild: Samuel Goldwyn Films