Show Me a Hero (2015) Serienkritik: Politikdrama von „The Wire“-Schöpfer

Max Christ 20. September 2015 1
Show Me a Hero (2015) Serienkritik: Politikdrama von „The Wire“-Schöpfer

„The Wire“ wird oft als eine der besten und facettenreichsten Serien gehandelt. Über fünf Staffeln hinweg wurde die Stadt Baltimore von verschiedenen Seiten beleuchtet, mit unterschiedlichsten Charakteren im Handlungsrahmen, aber dem Handlungsort per se als Protagonist. Die Entwicklung, aber auch der Stillstand, erstreckend über mehrere Jahre zeichnete ein realistisches Bild. Großer Kritikpunkt, und Grund für Nichtgefallen, von vielen hingegen war die langsame Erzählstruktur und der flache Spannungsbogen.

Hier also eine Empfehlung und eine Warnung: Unbedingt „The Wire“ konsumieren, falls noch nicht getan. Sollte man die Serie jedoch schon gesehen haben und den oben genannten Kritikpunkt unterschreiben, ist es ratsam „Show Me a Hero“ links liegen zu lassen.

Die neue HBO-Mini-Serie von „The Wire“-Schöpfer David Simon wirft seine Aufmerksamkeit auf die Stadt Yonkers, New York, im Zeitraum von 1987 bis 1994. Der Angelpunkt der Handlung ist ein kontroverses Bauprojekt, mit welchem ein Teil der Minderheiten in die hauptsächlich weiße Ostseite umgesiedelt werden soll. Die dadurch entstehenden Grabenkämpfe, in der Politik und der Gesellschaft im Allgemeinen, auf der einen, und das Leben, sowie die Karriere des noch jungen Politikers Nick Wasicsko, auf der anderen Seite, bilden hierbei die Handlung.

In sehr gemächlichem Tempo widmet sich jeweils eine Folge einem Jahr, zeigt die Veränderungen und Stillstände in Institution sowie Person auf und vermittelt somit auf der Metaebene zusätzlich die kriechende Zielfindung in der Politik.

Überaus überzeugend ist Oscar Isaac als zielstrebender, aber auch mit Selbstzweifeln geplagter, Nick Wasicsko. Der heute äußerst gefragte, junge Schauspieler bietet eine tiefgreifende Darstellung und taucht tief in die reale Person ein. Sein Alter Ego ist eine nahbare, verletzliche, als zu menschliche Person. Neben ihm brillieren bekannten Gesichter aus Film (Alfred Molina, Winona Ryder, Catherine Keener) und Fernsehen (Jon Bernthal, Terry Kinney, James Belushi, Clarke Peters) als auch eine Vielzahl von unbekannteren Darstellern.

Unter der notwendig nüchternen, da realistischen Regie von Oscar-Preisträger Paul Haggis lernt der Zuschauer von den Zuständen in der nicht allzu entfernten Vergangenheit Amerikas. „Show Me a Hero“ kritisiert nicht nur das Innenleben der korrupten, widersprüchlichen, verrosteten Politik und dem Rassenverständnis der Vergangenheit, sondern ist speziell heute in der Welt von aufkeimendem Rassismus und Ausländerfeindlichkeit von äußerster Relevanz.

Besteht das Interesse für wenige Stunden in das Gedankenleben und die Strukturen der amerikanischen Politik einzutauchen und genießt man eine behäbige Erzählung die nach und nach ihre Tiefe in Handlung sowie Charakterisierung offenbart, ist „Show Me a Hero“ eine Mini-Serie, die eine Chance verdient hat.

 (c) HBO