Swiss Army Man: Kritik zum wohl skurrilsten Featurefilm des Jahres

Sophia Freiheit 15. Oktober 2016 0
Swiss Army Man: Kritik zum wohl skurrilsten Featurefilm des Jahres

Spätestens seit Veröffentlichung des Trailers ist dieser Film in aller Munde und scheidet die Geister. „Was soll das?“ fragen sich wohl die meisten. Bei der ausverkauften Premiere auf dem Sundance Filmfestival verließen sogar einige Besucher vorzeitig den Kinosaal. Zugegeben etwas fragwürdig, diese Leiche die plötzlich wieder lebendig wird. Komisch nur, dass sich bei Filmen wie Ted oder Paddington niemand so aufgeregt hat. Swiss Army Man ist das Feature-Debüt der Regisseure Daniel Kwan und Daniel Scheinert.

Der Film erzählt die Geschichte von einem gestrandeten Schiffbrüchigen namens Hank (Paul Dano), der sich erhängen will weil er kein Entkommen von der verlassenen Insel sieht. Just in dem Moment als er den Strick schon um den Hals hat, erblickt er einen angespülten Mann (Daniel Radcliffe) am Strand und kann seinen Suizid gerade noch abwenden. Als er zu der Person gelangt, muss er feststellen das diese mausetot ist – zumindest bis dieser anfängt zu furzen. Hoffnung kommt in Hank auf und die Leiche wird immer lebendiger und eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden entwickelt sich und für Hank nicht zuletzt eine Reise zu sich selbst.

Der Titel leitet sich vom Swiss Army Knife ab, also dem Schweizer Taschenmesser, welche Funktion hier also auf einen Mann, vielmehr eine Leiche namens Manny, projiziert wird. Manny wird zur Allzweckwaffe von Hank und symbolisiert im Prinzip die einzige Hoffnung, von der Insel zu fliehen und nach Hause zu kehren. Die Leiche reflektiert die Wünsche und Bedürfnisse von Hank und deshalb sind die Dialoge auch eigentlich als Monologe anzusehen. Obwohl sich die Gespräche anfangs größtenteils um Sex und Masturbation drehen, werden sie doch mit der Zeit immer tiefgründiger und es wird deutlich, dass in Hanks Leben nicht alles so gelaufen ist, wie er es sich vorgestellt hat: Er hat ein gestörtes Verhältnis zu seinem Vater und er hat sich nie getraut der Liebe seines Lebens seine Gefühle zu gestehen.

Eine Art modernes Robinson Crusoe und ähnlich wie in Cast Away Wilson die Bezugsperson für Chuck Noland wird, hilft Manny Hank, zu sich selbst zu finden. Ob dies nun in Form eines Kannibalen, eines Volleyballs oder eben einer Leiche geschieht, sollte im Endeffekt doch zweitrangig sein.

So ist der Film insgesamt absolut absurd, skurril und wahnwitzig aber hat dennoch eine tief tragische Komponente durch die Gesellschaftskritik und die cleveren Gespräch unter den Männern deutlich wird. Daniel Radcliffe brilliert in seiner Rolle und kann endlich den Staub des Harry Potters von seinen Schultern schütteln. Der Film verfolgt eine einzigartige Idee und zeigt, dass es auch Konventionen außerhalb Hollywoods gibt. Wer es schafft den etwas fragwürdigen Start nicht ganz so ernst zu nehmen, der wird auf jedenfalls unterhalten. Auch wenn der Film polarisiert und Tabuthemen anspricht, so kann er doch die Menschen tief berühren, die sich auf ihn einlassen.

Swiss Army Man läuft seit dem 13. Oktober 2016 in den deutschen Kinos.

Beitragsbild: © A24.

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