„The Party“: Kritik zu Sally Potters bitterböser Politkomödie im Berlinale-Wettbewerb

Nadine Emmerich 4. März 2017 0
„The Party“: Kritik zu Sally Potters bitterböser Politkomödie im Berlinale-Wettbewerb

Nach jahrelangem politischen Höchsteinsatz hat Janet es geschafft: Sie ist Ministerin im Schattenkabinett und steht kurz davor, Englands neue Gesundheitsministerin zu werden. Das soll zusammen mit Ehemann Bill und ein paar Freunden gefeiert werden. Doch dann stiehlt ihr der Gatte die Schau und platzt mit zwei Enthüllungen heraus, die es in sich haben. Mit der in schwarzweiß gedrehten Komödie „The Party“ hat die britische Regisseurin Sally Potter („Orlando“, „Ginger & Rosa“) den diesjährigen Berlinale-Wettbewerb mit messerscharfen Dialogen und viel Witz aufgemischt.

Während Janet (Kristin Scott Thomas) noch in der Küche rotiert, trudelt die linksliberale Intellektuellen-Clique ein. Da ist April (Patricia Clarkson), die nicht an Parteipolitik glaubt, wie sie wiederholt beteuert, aber dennoch furchtbar stolz auf ihre toughe Freundin ist. Und da ist ihr deutscher Noch-Ehemann Gottfried (toll gespielt von Bruno Ganz), ein esoterischer Lebensberater, der sich direkt meditativ in den Schneidersitz begibt und philosophisch wird.

Da sind Martha (Cherry Jones) und Jinny (Emily Mortimer), eine lesbische Professorin und ihre Jahrzehnte jüngere Freundin, die just erfahren hat, dass die künstliche Befruchtung sie zur Mutter von Drillingen machen wird. Als letzter trudelt Finanzhai Tom (Cillian Murphy) ein, der stark schwitzend und offensichtlich ziemlich neben der Spur im Bad als erstes ein Näschen Koks braucht und dabei mit einer Pistole rumfuchtelt.

Welcome to the Party also. Doch gerade als es losgehen soll, legt Janets etwas senil wirkender Ehemann Bill (Timothy Spall) ein Geständnis ab. Eigentlich sind es gleich zwei, und man weiß nicht recht, welche Beichte explosiver ist. Auf jeden Fall steht plötzlich steht nicht nur Janets bis eben noch heile Welt auf dem Kopf. Nach und nach geraten sämtliche Beziehungen untereinander ebenso wie politische Überzeugungen auf den Prüfstand, offenbaren sich Dinge, die mutmaßlich für immer geheim oder zumindest ungesagt bleiben sollten. Natürlich wird es zum Ende hin dramatisch, schließlich versteckt Tom ja eine Pistole unterm Jackett.

„The Party“ – in nur zwei Wochen gedreht – ist mal endlich ein Film, bei dem man bedauert, dass er nur 71 Minuten lang ist. Vor allem Patricia Clarkson feuert im Minutentakt so wunderbar zynische Spitzen auf ihr verlogenes und zerrüttetes Umfeld ab, dass man sich wünscht, der bitterböse Spaß möge nie ein Ende haben.

Potter bezeichnete die rabenschwarze Komödie in einem Interview übrigens als Reaktion auf die englische Politik. Als sie 2015 am Drehbuch gearbeitet habe, habe sie überlegt, wie sie eine Komödie schreiben könnte, die das Gefühl von chronischer Unehrlichkeit thematisiere.

Noch kein Starttermin in Deutschland.
Szene aus „The Party“:

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Beitragsbild: (c) Berlinale / Adventure Pictures Limited 2017

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