Victoria (2015) Kritik zum Film

Pascal Dreier & Marco Huppertz 12. November 2015 0
Victoria (2015) Kritik zum Film

Victoria – eine deutsche Produktion, die schauspielerisch, dramaturgisch und ästhetisch überrascht. Der Film dreht noch eine Ehrenrunde, denn er wurde in einem Take gedreht. Auf den ersten Blick könnte da der Eindruck entstehen, dass man sich an „Birdman“ orientiert hat. Doch „Birdman“ wurde zu einem Take zusammengeschnitten. Bei Victoria wurde die Kamera knapp über zwei Stunden lang hingegen nicht ein einziges Mal abgesetzt. Eine besondere Herausforderung, sowohl für die Schauspieler als auch für das Filmteam. Sechs Regieassistenten und drei Ton-Teams waren vonnöten, um diesen bisher einmaligen Film zu verwirklichen. Nach zahlreichen Proben liefen zwei Versuche schief. Beim dritten Mal musste es funktionieren, und das hat es.

Story

In Victorias mit Likes überflutetem Tinder Profil würde wohl stehen: mid 20, born in Madrid, open minded, funny, artaddicted, searching for new friends. Victoria (Laia Costa), die vor kurzem nach Berlin gezogen ist, trifft auf eine Gruppe „waschechter Berliner Jungs“. In diesem Fall vier junge Männer mit Herz, welche ihr erster richtiger Anschluss in Berlin werden sollen. Nun, dies sind die Grundkomponenten, die dann, durch ihre Entwicklung, aus diesem Film einen höchst intensiven Rausch machen. Was mit einer harmlosen Party im Berliner Nachtleben beginnt, führt zu einem Banküberfall, bei dem leider viel zu viel schief geht. Die Geschichte dieser Berliner Nacht tut durch ihre überspitzte Interpretation dem Tempo und Unterhaltungsfaktor des Films gut. Die Nähe zu den Charakteren macht die immer dunkler werdende Geschichte so glaubhaft. Die fehlenden Schnitte lassen die Zuschauer von den ersten Minuten an in die Erlebnisse dieser Nacht eintauchen und lassen sie erst wieder los, wenn der Abspann einsetzt. Die 140 Minuten dazwischen basieren auf einem nur zwölf Seiten langen Drehbuch. Für die Darsteller viel Raum zum Improvisieren – das ist ihnen bestens gelungen.

Bild / Ton

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Die Bilder wurden von Sturla Brandth Grøvlen erstklassig komponiert. Der Streifen ist also wirklich schön anzusehen, besonders wenn man sich die bei 22 Locations ständig wechselnden Lichtverhältnisse und improvisierten Dialoge vor Augen führt. Durch die fehlenden Schnitte fühlt man sich im Geschehen gefangen, was eine positive Auswirkung auf den Zuschauer hat. Unter anderem dadurch entsteht der – mit beabsichtigt unruhigen Bildern – dokumentarische Stil des Films, welcher noch tiefer in die Handlung eintauchen lässt. Schon nach den ersten Minuten kaufen wir alles ab, was passiert. Man fühlt sich wie der stille Beobachter, der das Geschehen aus nächster Nähe verfolgt. Dadurch treffen einen die Emotionen besonders in den Actionsequenzen viel stärker, als würden die Szenen durch hektische Schnitte unterbrochen werden.

Wir hatten den Ton sowie die Kamera betreffend unsere „Oh, das muss ziemlich umständlich gewesen sein“-Momente. Für die Techs unter euch: es wurde fast gar nicht (nach)synchronisiert. Neben einem Mikrofon auf der Kamera gab es für die kniffligen Stellen gleich mehrere Angler, die übernehmen konnten. Sowohl die Autos, als auch die Darsteller waren mit Mikros oder Lavaliers ausgestattet.

Für die Filmmusik verantwortlich war der deutsche Komponist und Produzent Nils Frahm. Ähnlich wie der Film, wurde der Soundtrack an einem Take, in einer Studiosession mit mehreren Musikern, aufgenommen.

Fazit

Die schauspielerischen Leistungen sind wirklich hervorragend, und wirken unglaublich intensiv. Womöglich hat sich die chronologische Am-Stück-Drehweise nicht nur im Marketing bezahlt gemacht. Also Chapeau an das Team um Sebastian Schipper (Regie) und viel Erfolg bei den kommenden Festivals, inklusive Academy Award!

Klare Empfehlung von uns: schau den Film, du tust dir und dem deutschen Kino Gutes damit. Ab dem 20. November ist VITORIA auf DVD und Blu-ray erhältlich!

Beitragsbild: Senator (c) / *AffiliateLink

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