Es gibt zwei todsichere Zeichen, an denen man erkennt, dass man alt wird. Erstens, wenn man die Trends der jüngeren Generationen nicht mehr versteht. Und zweitens, wenn man sich fragt, wo die eigene, jugendliche Naivität und der Idealismus von einst eigentlich geblieben sind. We love to dance hat mir gezeigt, dass es bei mir wohl so weit ist: ich werde alt.
Der Traum vom großen Durchbruch, der Emanzipation vom Etablierten. Von der Schaffung einer Identität durch das eigene Können. Sturm und Drang. Dieser State of Mind ist spätestens seit Dirty Dancing die Essenz der nahezu aller Tanzfilme. Und We love to dance bedient als solcher genau diese Themen und Ideale.
Im Zentrum steht dabei ein junger Mann, einfach nur „Tu“ genannt. Tu (Tia-Taharoa Maipi) lebt in einer neuseeländischen Kleinstadt. Die Schulzeit ist noch gar nicht lange her, der Job in der Werkstatt hart, der konservative Vater will ihn zur Armee schicken – Familientradition. So weit, so normal. Tus großes Hobby aber ist das Tanzen. Entweder im Club oder mit seiner Crew, mit welcher er sich auf das alljährliche, nationale Breakdance-Turnier vorbereitet. Wobei, „Breakdance“ heißt es ja nicht mehr – heutzutage tanzt man „HipHop“. Eines Tages bietet sich für Tu die große Chance: er wird zum Casting der K-Crew, der besten und erfolgreichsten Tanzgruppe des Landes, eingeladen. Der Durchbruch ist in greifbarer Nähe.
Karten auf den Tisch: We love to dance wandelt auf bekannten Genre-Pfaden und kommt mit hauptsächlich stereotypen Figuren daher. Die sind zum Großteil immerhin recht sympathisch und wirken auch wie halbwegs authentische Jugendliche. Gerade beim Hauptcharakter tut sich der Film jedoch schwer. Dessen Entwicklung ist nicht ansatzweise so stark und packend, wie sie in einem Coming-of-Age-Film sein sollte.
Sei’s drum. Als Tanzfilm ist We love to dance ein Film der Attraktion und des Spektakels. Es geht um den Tanz, um die Choreografien, um die körperliche Ekstase. Davon hat die neuseeländische Produktion aber leider zu wenig zu bieten. Wo andere Genre-Vertreter mehrere beeindruckende Tanz-Sequenzen über den gesamten Film verteilen, wartet We love to dance in der ersten Stunde nur mit Bruchstücken auf. Das Hauptproblem ist nicht einmal, dass zu wenig getanzt wird – sondern dass diese Szenen nicht ausreichend eingefangen werden. Besonders Tus Performances werden immer wieder durch schnelle Schnitte zerhackt oder kommen nicht zur Geltung, weil der Tänzer nur zur Hälfte im Bild ist. Gelegentlich fragt man sich, ob der junge Mann denn wirklich so gut tanzen kann, wie es uns der Film weismachen will. Bis zum Finale sieht man davon nämlich nicht viel.
Dann jedoch kann We love to dance endlich abliefern. Die letzte halbe Stunde bietet eine Handvoll ziemlich guter, mitreißender Choreos, die von einer soliden Auswahl ordentlich pumpender Songs untermalt werden. Überhaupt: bei der Musikauswahl weiß der Film mehr zu überzeugen als seine amerikanischen Vorlagen. Und auch handwerklich steht er ihnen absolut in Nichts nach.
Fazit
Das größte Versäumnis von We love to dance bleibt, dass er erst im letzten Akt wirklich in Fahrt kommt. Alles andere bewegt sich im Bereich des soliden und erwartbaren. Um aber fair zu sein: dieser Film will eine jugendliche Zielgruppe zwischen 12 und 20 Jahren bedienen. Und das gelingt ihm mit seiner grundlegend positiven Botschaft über Freundschaft, Loyalität und „Gib dein Bestes“-Mentalität auch sehr gut. Deshalb gibt’s diesmal eine Konsens-Wertung – wer zur Zielgruppe gehört, sollte sich noch ein bis zwei Sterne dazudenken.
We love to dance feiert am 20. März in ausgewählten deutschen Kinos seine Vorpremiere. Eine Liste dieser Kino findet ihr hier. Bundesweiter Kinostart ist am 24. März 2016.
Bild & Trailer: (c) Capelight Pictures