«A Beautiful Day» Kritik: Joaquin Phoenix als traumatisierter Killer mit dem Hammer

Eugen Zentner 30. April 2018 0
«A Beautiful Day» Kritik: Joaquin Phoenix als traumatisierter Killer mit dem Hammer

Für seine Rolle als Joe in «A Beautiful Day» wurde Joaquin Phoenix auf dem Festival in Cannes als bester Darsteller ausgezeichnet. Jetzt kommt der brutale Killer in die deutschen Kinos. Einen Action-Film dürfen die Zuschauer aber nicht erwarten – eher eine Charakterstudie.

Unkonventionell und eigenwillig: So lassen sich die Filme von Lynne Ramsay beschreiben. Ihr jüngstes Werk «A Beautiful Day» macht es erneut unmissverständlich, dass sie eine Independent- Künstlerin ist. Im Zentrum des Streifens steht ein ehemaliger Söldner, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, gekidnappte Kinder aus den Händen ihrer Peiniger zu befreien. Joe, meisterhaft gespielt von Joaquin Phoenix, braucht keine schicken, technisch eindrucksvollen Waffen – er erledigt sein brachiales Handwerk mit einem schlichten Hammer.

Diese Prämisse lässt zunächst einen spektakulären Action-Thriller vermuten. Viele Regisseure, die von großen Studios abhängig sind, hätten tatsächlich einen solchen daraus gemacht. Nicht aber Lynne Ramsay. Sie interessiert sich eher für die psychische Befindlichkeit des Protagonisten, für dessen Gebrochenheit und Lebensbewältigung nach jahrelangen traumatisierenden Erfahrungen. Phoenix spricht im Film nur sehr wenige Worte. Umso mehr sagt sein stets gequälter Gesichtsausdruck. Die psychischen Narben treten deutlich nach außen. Er ist ein vom Leben Gezeichneter. Spuren hinterlassen haben vor allem häusliche und militärische Gewalt, wie in ganz kurzen Rückblenden angedeutet wird. Sie verraten nicht zuletzt, warum Joe in seinem Job stets zum Hammer greift.

Ihn nimmt der Killer auch zu seinem nächsten Auftrag mit. Er soll Nina, die Tochter, eines Politikers befreien, was ihm wie gewohnt souverän gelingt. Doch die Rache der Hintermänner lässt nicht lange auf sich warten. Was folgt, ist ein Blutbad. Viel davon bekommen die Zuschauer aber nicht mit. Stattdessen deutet Ramsey die martialische Selbstjustiz des Protagonisten nur an. Oft ist Joe erst dann zu sehen, wenn seine Gegner bereits blutend am Boden liegen. Die Regisseurin unterläuft so manch eine Erwartung und streut gelegentlich surreale Szenen ein. Ein Nachteil ist das nicht, zumal der Thriller sonst zu sehr Filmen wie «Taxe Driver» oder «Léon – der Profi» ähneln würde. Die eine oder andere Parallele lässt sich trotzdem nur sehr schwer übersehen.

Waren diese Vorbilder aber noch recht eingängig, wirkt «A Beautiful Day» an vielen Stellen sperrig und zäh. Der Zuschauer muss nicht nur etliche Lücken füllen, er ist auch gezwungen, die bisweilen unlogischen Zusammenhänge selber zu ordnen. Das dürfte die erfahrene Regisseurin so und nicht anders beabsichtigt haben. All die Irritationen und Unebenheiten dienen dazu, den Kunstcharakter des Films hervorzuheben. So viel Selbstbestimmtheit und Eigenwille ist durchaus bewundernswert. Doch nicht jeden zieht es ins Kino, um intellektuelle Herausforderungen zu meistern. Wer eine stringente Handlung und berieselnde Bilder mag, könnte sich an dem Film die Zähne ausbeißen. Leichte Kost ist «A Beautiful Day» nicht.

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