Ganze 20 Jahre hat es gedauert, die kurze aber intensive Lebensgeschichte des Rappers Tupac Amaru Shakur auf die große Kinoleinwand zu bringen. Kritische Stimmen munkeln, dass zuvor Tupacs „Dear Mama“ Afeni Shakur, mit der Verfilmung nicht einverstanden war – sie starb im Mai 2016 an einem Herzinfarkt.
Die Vorfreude auf das Biopic war groß, denn Tupacs beeindruckendes Lebenswerk musste früher oder später verfilmt werden. Es ist eine unerzählte Geschichte von Ruhm, Glück, Konflikten und Gewalt. Für die einen ist er die Hip-Hop-Legende schlechthin, für die anderen ein krimineller Rapper, der knapp ein Jahr seines kurzen Lebens im Gefängnis saß.
Regisseur Benny Boom gehört, genau wie fast alle Schauspieler im Film, noch lange nicht zur ersten Liga Hollywoods und daher fehlt ihm in gewissen Bereichen sicher die Erfahrung – eine Tatsache, die man dem Film leider stark anmerkt. So misslingt die Biografie besonders auf dramaturgischer Ebene und kann sich nicht richtig entscheiden, in welche Richtung sie gehen will.
All Eyez On Me startet mit einem wagen dramaturgischen Gerüst: Tupac wird während seiner Haft aus dem Gefängnis interviewt und erzählt einzelne Anekdoten seines Lebens, die als Flashbacks visualisiert werden. Durch die Interviewsituation sind die Episoden chronologisch in Kapitel gegliedert. Sie starten mit der Kindheit des Rappers, erzählen von dem politischen Engagement seiner Eltern in der Black Panther Bewegung und seiner tiefen Freundschaft zu Jada Pinkett(-Smith), gut gespielt von Kat Graham. Doch Tupac ist nicht nur Gangster, er ist vor allem eins: Virtuose. Schon in jungen Jahren identifiziert er sich mit Shakespeares Poetik und belegt Literatur-, Ballett- und Theaterkurse in der Schule. Eines Tages entdeckt er Hip-Hop als Medium für sich, um seiner Realität als junger schwarzer Mann eine Stimme zu geben. Seine gesellschaftskritischen Texte treffen den Nerv der Zeit. Doch sein Erfolg und die plötzliche Berühmtheit werden gleichzeitig auch sein Untergang sein: Immer wieder legt er sich mit den falschen Leuten an und gerät mit dem Gesetz in Konflikt. Am 13. September 1996 wird er auf offener Straße im Alter von nur 25 Jahren in Las Vegas erschossen – die genauen Todesumstände sind bis heute nicht aufgeklärt.
Tupac wird von Demetrius Shipp Jr. gespielt, welcher optisch ein sehr guter Fang ist. Leider ist er ein blutiger Anfänger und so kauft man ihm die Rolle nicht immer ab – zugegeben, die Fußstapfen in die er treten sollte waren auch nicht sonderlich klein.
So komplex wie Tupacs Leben, gestaltet sich auch der Film: mit einer Spiellänge von 140 Minuten ist All Eyez On Me viel zu lang, kommt inhaltlich paradoxerweise aber an vielen Stellen zu kurz. So versucht Regisseur Boom krampfhaft, alle wichtigen Etappen seines Lebens anzuschneiden, ohne tiefgründig darauf einzugehen. Das wird besonders bei den Figureneinführungen der Nebencharaktere problematisch – so können nur Fans, die sich mit den Dramen um Biggie Smalls, Snoop Dog und Suge Knight auskennen, folgen. Während der Film anfangs den musikalischen Aspekt vernachlässigt, müssen sich gegen Ende die geschichtlichen und gesellschaftskritischen Thematiken hinten anstellen. Schade, denn der Film hätte mehr sein können als eine plumpe Nacherzählung von Ereignissen – er startet zumindest vielversprechend mit einer starken Frauenrolle der Mutter Afeni Shakur, toll gespielt von Danai Gurira. Nach circa der Hälfte des Films wird die Interviewstruktur gebrochen und dann fällt auch das dramaturgische Gerüst wie ein Kartenhaus zusammen.
Zielgruppe des Films sind überwiegend Fans von Tupac, die sicher auch ihre Freude haben werden. Auch wenn der Film lange kein Straight Outta Compton geworden ist, so wird an der ein oder anderen Stelle doch ein authentisches Bild gezeichnet. Einen Pluspunkt gibt es auch für die Verwendung der Originalmusik und auch im Abspann kommen Fans durch O-Tönen des Rappers nochmal richtig auf ihre Kosten – wenngleich dies kein revolutionäres Mittel für eine Filmbiografie ist. Es stellt sich also die Frage, ob eine Dokumentation nicht im vorhinein eine bessere Idee gewesen wäre?!
Wer den Film im Kino sehen möchte, sollte sich auf jeden Fall für die OV entscheiden. Die deutsche Synchronisation wirkt an vielen Stellen absurd. Trotz der exzessiven Verwendung des bösen F-Worts ist der Film ab 12 Jahren freigegeben.
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Beitragsbild: ©Constantin Film Verleih GmbH.