CODE 37: Kritik zur 2. Staffel der belgischen Krimiserie

Thomas Neumeier 9. Juli 2015 1
CODE 37: Kritik zur 2. Staffel der belgischen Krimiserie

Der „Code 37“ ist in Belgien die landläufige polizeiinterne Bezeichnung für Sexualstraftaten. Die gleichnamige Serie handelt in Gent, der Hauptstadt von Ostflandern. Im Mittelpunkt steht eine Polizeieinheit, die man hierzulande wohl als „die Sitte“ bezeichnen würde. Die durchsetzungsstarke und oft unbequeme Chefin dieser Einheit ist Hannah Maes (Veerle Baetens). Neben den tagesaktuellen Fällen ihrer Truppe ist sie auch noch einem älteren Verbrechen auf der Spur, eins, das sich gegen ihre Familie richtete und sie wie nichts anderes im Leben gezeichnet hat.

Code 37 hält in seiner bizarren und schonungslosen Art ein Alleinstellungsmerkmal unter den europäischen Krimiserien inne. Brutale, düstere, oft auch tragische Fälle konfrontieren die ambivalenten Charaktere mit den Abgründen der Gesellschaft, in der Sex vom Lust- zum Machtmittel pervertiert ist. Eine mutige Serie, die dort anfängt, wo andere Produktionen die Schere ansetzen würden. Die Kameraführung sticht besonders heraus. Schnelle Schnitte verleihen der Serie eine Menge Drive. Handkameras vergehen sich gern an außergewöhnlichen Perspektiven. Die Musik bleibt zurückhaltend und überlässt die Sprache den Bildern, die mitunter sehr drastisch ausfallen.

Die Anfangsschwierigkeiten von Staffel 1 sind in Staffel 2 restlos weggeblasen. Das Team und die einzelnen Charaktere funktionieren und harmonieren wunderbar miteinander, wobei es nicht selten auch mal roher zugeht. Auch an Zoten und Witzchen kommt man in dem Metier nicht vorbei. Sie sind ein Ventil der Ermittler, um ihre Arbeit und die damit verbundenen Abgründe verarbeiten zu können. In ihre Zuständigkeit fallen Vergewaltigungen, Kindesmissbrauch, illegale Pornografie, sexuelle Nötigung, Zwangsprostitution und in Staffel 2 nun auch Snuff-Filme. Nachtarbeit, Nikotinkonsum, belastete Familien und gescheiterte Beziehungen prägen den Alltag der Figuren. Durch Zoten und Witzchen versuchen sie ihre Arbeit zu ertragen und Menschen zu bleiben. Die einzelnen Folgen erzählen meist abgeschlossene Geschichten, doch es gibt auch einen weiterführenden Handlungsstrang, der mit jeder Folge neue Konturen bekommt. Hannah Maes ermittelt heimlich in eigener Sache. Als Jugendliche ist sie Zeugin eines brutalen Überfalls auf ihren Vater, einem Richter, geworden und musste die Vergewaltigung und Ermordung ihrer Mutter mitansehen. Ein Trauma, das sie Tag für Tag jagt und sie auch in ihrer Berufswahl beeinflusst hatte. Der Fall ist nämlich noch nicht geklärt, und jemand scheint alles dafür zu tun, dass das auch so bleibt. Staffel 2 setzt dort ein, wo uns das letzte Staffelfinale zurückgelassen hat.

Bei der Auswalzung möglichst vieler Sexualverbrechen und seiner Beteiligten können einige Klischee-Typen nicht ausbleiben. Selbst Hannah droht in der zweiten Staffelhälfte nach schockierenden Entwicklungen ein Klischee ihrer selbst zu werden. Daraus errettet sie sich wieder, um dann aus zuletzt irrationalen Gründen einen Showdown zum Staffelfinale hinzulegen, den es meines Erachtens nicht gebraucht hätte und wohl nur der zusätzlichen Dramatik wegen inszeniert wurde. Sei’s drum, das ist kein Beinbruch. Eine mutige Krimiserie, die in seiner Form und Ausgestaltung bis dato keine Konkurrenz in Europa hat.

2. Staffel, FSK18
Darsteller:
Hannah MaesVeerle Baetens
Bob De Groof – Michael Pas
Charles Ruiters – Marc Lauwrys
Kevin Desmet – Gilles De Schrijver
Koen Verberk – Geert Van Rampelberg
Robert Maes – Carry Goossens
Mark Vermaelen -Ben Segers
Walter Van Praet – Wouter Hendrickx
u. a.

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