Gauguin (2017): Filmkritik zum Biopic über Paul Gauguin

Dorit Scharf 1. November 2017 0
Gauguin (2017): Filmkritik zum Biopic über Paul Gauguin

Paris im Jahr 1891: Paul Gauguin (Vincent Cassel) sieht sich am Ende seiner Inspiration: „Ich ersticke. Ich finde hier keine Landschaft und kein Gesicht mehr, die es verdienen, gemalt zu werden.“ Die Pariser Kunstszene erscheint ihm zu konventionell und kommerziell. Seine Arbeiten als Tagelöhner stehlen ihm die Zeit zum Malen und bringen kaum Geld rein. Gauguins Ziel: Französisch Polynesien. In der exotischen Wildernis der Südsee, zwischen Palmen- und Meeresrauschen, erträumt er sich seine künstlerische Freiheit und Muse. Doch der Traum geht nicht ohne Opfer in Erfüllung: seine Künstlerfreunde wollen ihn nicht begleiten, seine Frau entscheidet sich mit den fünf Kindern in Paris zu bleiben.

In Polynesien angekommen, sucht Gauguin nach dem Primitiven, dem Ursprünglichen. Er lernt die Einheimische Tehura (Tuhei Adams) kennen und heiratet sie. Sie ist seine Muse und wird sein Model für viele seiner später berühmten Gemälde, die als Beginn des Expressionismus gelten. Seinem Nachbarn Jotépha (Pua-Tai Hikutini) bringt er das Schnitzen von Holzfiguren bei. Doch so ursprünglich und primitiv wie es sich Gauguin erträumt hat, ist die Insel nicht. Auch hier beginnt die Zivilisation seine Kunst ständig in den Konflikt mit dem Rohen und dem Kommerziellen zu stellen.

Lieber Western statt Biopic
Gauguin ist die freie Adaption von Paul Gauguins autobiographischen Reisebericht Noa Noa. Der französische Regisseur und Drehbuchautor Edouard Deluc hat selbst Kunst studiert und wollte das Schaffen Gauguins darstellen ohne zu sehr seine künstlerische Leistung in den Vordergrund zu stellen. Stattdessen sollte Gauguin vielmehr ein Abenteuerfilm werden, der sich am amerikanischen Western orientiert anstatt am Genre des Biopics.

Somit konzentriert sich Gauguin auf die Jahre 1891 bis 1893 und bildet nicht, wie klassische Biopics, das komplette Leben des Künstlers ab. Stattdessen steht Gauguins Suche nach Inspiration, nach dem Wilden, dem Rohen im Vordergrund. Der Künstler findet sich immer wieder zerissen zwischen seinen praktischen Bedürfnissen und der Suche nach kompletter künstlerischen Freiheit. Das zeigt Deluc mit vielen Nachtszenen in denen Gauguin durch den Wald reitet, Tehura zu Hause Angst vor Geistern hat oder Gauguin im Regen malt.

Auch als Zuschauer bleibt man zerissen. Für einen Western verläuft die Handlung fast ein wenig zu langsam, für ein Biopic fehlt das große Ganze. Was bleibt ist ein Film über die Suche eines Künstlers – nach sich selbst, dem Kind, dem Wilden, dem Ungeformten in sich und in seiner Umgebung um sie dann auf der Leinweind selbst zu formen und das eigene Bild zu schaffen. Gauguin zeigt das fiktiv adaptierte Chaos, das sich hinter den heute ordentlich gerahmten Bildern verbirgt.

Edouard Delucs Film Gauguin kommt am 2. November in die deutschen Kinos.

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