Orson Welles, Akira Kurosawa und Roman Polanski. Was haben diese drei Herren gemeinsam? Welles und Kurosawa gehören zu den renommiertesten und einflussreichsten Regisseuren aller Zeiten. Ersterer prägte das Kino durch seinen Geniestreich „Citizen Kane“ maßgeblich und erschuf mit „Touch of Evil“ einen der bekanntesten Einträge im Genre des Film-Noir. Letzterer legte mit „Seven Samurai“, „Yojimbo“ und „Sanjuro“ das Fundament für den Italowestern und verwirrte den Zuschauer in „Rashomon“ geschickt mit der Technik des unzuverlässigen Erzählens. Polanski, ein Regisseur, der als Künstler Ansehen genießt, privat jedoch äußerst umstritten ist, genießt nicht ganz den Ruhm der beiden oben genannten Filmschaffenden, ist aber dennoch mit „Chinatown“, „Rosemary’s Baby“ und „The Pianist“ in aller Munde, wenn es wieder Zeit ist, eine Liste der besten Filme aufzustellen. Abgesehen von den erwähnten Leistungen, ist eine weitere Überschneidung in der Filmography die Adaption von „MacBeth“. Auf ihre eigene Weiße ließen Welles, Kurosawa und Polanski ihre Interpretationen zum Leben erwecken und schufen dabei Werke, die sich hinter den oben genannten Filmen nicht verstecken müssen. Kurosawa ersetzte Schottland durch Japan, Welles spielte gleich selbst die Hauptrolle und Polanskis Tragödie ist tief pessimistisch.
Justin Kurzel, der als Designer im Theater bereits mit dem Stück vertraut wurde, zeichnet sich nun verantwortlich für die neueste Adaption und bietet abermals eine Interpretation, die sich von den bereits existierenden erheblich unterscheidet. Sein MacBeth fand bei der diesjährigen Oscar-Verleihung keinerlei Beachtung ist für Mandy aber der fünft beste Film von 2015.
MacBeth von Justin Kurzel ist ein Film für die Augen und Ohren. In diesem Bereich arbeitet der Regisseur in einem bereits bekannten Kreis, Cinematographer Adam Arkapaw und Komponist Jed Kurzel. Arkapaw lieferte schon die Bilder für Kurzels ersten Spielfilm „Snowtown“ und ist vor allem bekannt für seine Arbeit an der ersten Staffel der HBO-Serie „True Detective“, die speziell für ihren visuellen Stil gelobt wird. Jed Kurzel, der Bruder von Justin Kurzel, untermalte jene Bilder von Arkapaw in „Snowtown“ musikalisch und war für „Der Babadook“ und „Slow West“ zuständig.
Das eingespielte Team lässt den Zuschauer gebannt lauschen und sehen. Das mittelalterliche Schottland ist ein rauer Ort: karge Wiesen, Regen, verschneite Berge und eine vom Nebel gefangene Landschaft. Diese Bilder eines dreckigen, nicht einladenden Ortes werden stimmungsvoll von der trägen, tiefen, aber vor allem traurig anmutenden orchestralen Musik begleitet.
An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass nicht nur die realistische Wiedergabe jener Zeit einen Eindruck hinterlässt, sondern im besonderen die Verwendung von Zeitlupe und Farbfiltern der alten Vorlage einen modernen Touch gibt. In verschiedenen Farben getüncht, weicht dem Grau und Braun eine Welt von unter anderem Blau, Orange oder Rot. Selbstverständlich ist dies nicht nur ein visueller Kniff, sondern ein narratives Mittel, welches die Handlung unterstützt und beispielsweise den Wahn von MacBeth unterstreicht.
MacBeth, ein Königstreuer, der für seinen Herren Schlachten schlägt, dessen Leben aber durch eine Prophezeiung aus der Bahn geworfen wird. Anfangs glaubt er den Worten der Hexen nicht, die ihm die Thronfolge prophezeien , doch schnell wird er überzeugt, erreicht dieses Ziel und ist neuer König von Schottland. Diese Vorhersage war jedoch kein Geschenk und MacBeth, ein gelenktes Wesen der Tragik, verfällt dem Machthunger und Wahn.
Das Schauspiel ist im gleichen Sinne hervorzuheben, wie das Bild und der Ton. Michael Fassbender, im Moment bekannt als Magneto in den neuen X-Men Filmen und nominiert für einen Oscar für seine Leistung in „Steve Jobs“, verkörpert die Paranoia, den Wahnsinn, die Krankheit MacBeths absolut glaubwürdig. Er und seine schauspielerische Partnerin und im Film Ehefrau Mario Cotillard beweisen hier abermals warum sie zu den besten ihres Faches zählen.
Nun ist MacBeth eine Adaption eines Stückes von Shakespeare, was die Sprache des Drehbuchs maßgeblich geprägt hat. Ob man diese Art der Konversation mag oder nicht ist stark subjektiv und damit fällt oder steigt die Wertung. Es ist auf jeden Fall etwas besonderes, auch wenn alle Schauspieler gerne unverständlich nuscheln, manche Sätze zusammenhanglos wirken und nicht so recht passen wollen.
Insgesamt kann man sagen, dass der Film eine tolle Atmosphäre erzeugt und nach einer eher lahmen ersten Hälfte stetig an Spannung aufbaut, bis das fulminante Ende visuell und akustisch alle Register zieht. MacBeth ist eher ein Werk, welches Stil über Substanz stellt und so viele Fans der Vorlage enttäuscht hat. Wobei es wiederum genug Leser der Vorlage gibt, die den Film genau deswegen positiv würdigen.
Für Videospieler ist MacBeth daher interessant, da Justin Kurzel für die Verfilmung von Assassin’s Creed beauftragt ist, der noch dieses Jahr erscheinen soll. Im Boot sind hierbei wieder Adam Arkapaw, Michael Fassbender und Marion Cotillard.
Der Film erscheint am 7.04.2016!
(c) StudioCanal