Seoul Station (2016) – Filmkritik zum Zombie-Anime

Martin 10. April 2017 1
Seoul Station (2016) – Filmkritik zum Zombie-Anime

Die Zombie-Thematik wird in Live-Action-Filmen und -Serien zuhauf verarbeitet. Seltener sind da schon animierte Machwerke. Mit Seoul Station widmet sich Regisseur Yeon Sang-ho, zumindest vom Stoff und lokalen Kontext her, dem Prequel zu seinem mitreißendem  Train to Busan, die beide von Ausbruch und kurzfristigen Folgen der wiederauferstehenden Toten in Südkorea erzählen. Jedoch kann Seoul Station auch ohne Vorkenntnis des Nachfolgers genossen werden, da es keinerlei Anbindung an die Charaktere, sondern nur an den Ausbruch der Untotenseuche herstellt.

Ist das nun ein Vorteil oder Nachteil? Train to Busan gab einer im Vergleich zu Seoul Station relativ großen Menge von Charakteren in meist begrenztem Raum (Züge, Bahnstationen) Platz, um adrenalinanregende Sequenzen zu bieten. Das Hauptaugenmerk konzentriert sich jedoch auf die Beziehung von (entfremdetem) Vater zu seiner sehr jungen Tochter. Seoul Station dreht sich ebenfalls um Vater und hier erwachsende Tochter, trennt sie aber und die Aufmerksamkeit zwischen ihnen in zwei separate Handlungs- und Ortsstränge auf. Zudem wird der Film im Gegensatz zu Train to Busan viel stärker mit sozialem Kommentar versehen – Obdachlosigkeit, soziale (Un-)Gerechtigkeit, Spielsucht, Prostitution etc..

Niemand kann wirklich erwarten, dass das Rad der Innovation gerade mit Zombiefilmen neu erfunden wird – ausnehmen würde ich dort Zombie-Komödien wie Shaun of the Dead, Fido oder Dead Snow. Es sind die Beziehungen und Reaktionen von Charakteren und wie diese sich im Umfeld einer Welt, in der die biologisch bedingte Trennung von Leben und Tod komplett ausgehebelt wird, zeigen und verändern. Seoul Station leistet in diesem Aspekt wirklich gute Arbeit und bietet mit Hye-Sun eine Hauptfigur, zu dem der Zuschauer sehr gut Anschluss findet. Als Ex-Prostituierte, die ihre Miete nicht zahlen kann und deren Freund sie deshalb versucht, wieder in ihr altes Gewerbe zu bringen, ist sie beinahe eine tragische Figur.

Jedoch verhindert die besonders zu Beginn eher hölzern wirkende Animation à la Knight of Sidonia in manchen Alltags- und Action-Sequenzen eine tiefere oder schlagkräftigere Wirkung. Zudem wirkt das Drehbuch, also ob es Inkubationszeit an Story-Zwänge angepasst hätte, und nicht anders herum. Für einen gerade im Vergleich zu Train to Busan größer dargestellten Handlungsradius wirken die gezeigten Straßen oder Krankenhäuser (aus Budgetgründen?) manchmal etwas leer. Das sind die einzigen größeren Kritikpunkte, die ich anbringen kann.

Seoul Station punktet neben der Hauptdarstellerin vor allem durch seine Struktur, die es gekonnt versteht, individuelle Schicksale und Handlungsorte mit größer skalierter Sozialproblematik zu verdichten und zu eskalieren, nur um am Schluss wieder auf einen (nur scheinbar) interpersonellen Konflikt zurückzukehren. Jedoch muss dem Ende bescheinigt werden, dass es mit der etwas gezwungen erscheinenden Story-Wendung zwar im sozialkommentatorischen Fahrwasser des Film verbleibt, dieses aber dadurch in seiner emotionalen Wirkung verliert.

Fazit

Seoul Station bringt all das, was man von einem guten Zombiefilm erwarten kann – und das in animierter Form. Zwar reicht der Film nicht an seinen Nachfolgefilm Train to Busan heran, versteht es aber gekonnt, genreübliche Elemente mit sozialem Kommentar zu verquicken.

Seoul Station ist seit dem 31.03. auf Blu-ray und DVD erhältlich.

Deutscher Trailer:

Beitragsbild und Trailer: (c) Splendid

Seoul Station (2016) – Filmkritik zum Zombie-Anime

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