Filmkritik: „Deadpool 2“ von David Leitch

Christopher Hechler 15. Mai 2018 0
Filmkritik: „Deadpool 2“ von David Leitch

Als Ryan Reynolds 2009 im enttäuschenden Spin-off X-Men Origins: Wolverine das erste mal die Rolle des Deadpool übernahm, war dies nicht nur eine komplette Dekonstruktion dessen, was den Charakter auszeichnet, sondern darüber hinaus der sprichwörtliche Schlag ins Gesicht für Fans der Comics. Auch seine zweite Superhelden-Rolle, dieses mal im DC-Universum als Green Lantern, tat Reynolds keinen Gefallen. Über den unsäglich schlechten CGI-Anzug hinaus floppte der Film auf mehreren Ebenen, nicht zuletzt am internationalen Box-Office.

Als bekannt wurde, dass der Deadpool Solofilm der Comicfigur mitsamt abgedrehtem Humor, dem regelmäßigen durchbrechen der vierten Wand und blutigen Gewaltexzessen treu bleiben sollte, war die Vorfreude groß. Trotz einiger Schwächen konnte der Film nicht nur die Kritiker überzeugen, sondern stellte im Großen und Ganzen auch die Fans zufrieden, spielte knappe 800 Millionen Dollar weltweit ein und machte nebenbei den Weg für Logan frei, der aufgrund des großen Erfolgs von Deadpool ebenfalls mit einem R-Rating (das US-Pendant zu deutschen FSK-16 respektive FSK-18 Freigabe) in die Kinos kam. Deadpool war also nicht nur Reynolds persönliche Absolution und Wiedergutmachung für seine cineastischen Sünden, sondern auch Beweis dafür, dass Comicverfilmungen für Erwachsene durchaus funktionieren.

Zwei Jahre später steht nun also der von David Leitch inszenierte DEADPOOL 2 in den Startlöchern und verspricht, entgegen den allgemeinen Sequel-Regeln „noch größer, noch besser, noch mehr von allem“, den Charme des ersten Teils – der sich gerade durch das vergleichsweise geringe Budget etablierte – beizubehalten.

Die Handlung ist schnell erzählt: Deadpool hat sein Glück im morden von bösen Jungs und der Beziehung zu seiner Freundin Vanessa gefunden. Nach einigen Zwischenfällen wird er mit einem jungen Mutanten mit flammenden Fäusten und dessen Jäger, dem zeitreisenden Cable, konfrontiert, muss sich selbst weiterentwickeln, gründet nebenbei ein Superhelden-Team und verspricht dem Zuschauer dabei selbst, ein „Familienfilm“ zu sein. Das klingt alles recht überdreht und ist es auch. Aus Spoilergründen verzichte ich darauf weiter ins Detail zu gehen, denn DEADPOOL 2 ist ein Film, der vor allem dann am meisten spaß macht, wenn man so wenig wie möglich weiß.

Um das Fazit deshalb gleich etwas vorweg zu nehmen: DEADPOOL 2 ist in allen Belangen besser als sein Vorgänger. Das fängt schon beim Humor an. Gerade derjenige, der die vielen popkulturellen Querverweise versteht und sich auch innerhalb des Marvel Comic- und Kinouniversums etwas auskennt, erlebt hier ein wahres Gag-Feuerwerk, bei dem die allermeisten Raketen zünden und zum lauten Lachen einladen. Das liegt Glücklicherweise nicht nur an den sarkastischen Kommentaren der Hauptfigur, sondern auch an den völlig überzogenen Geschehnissen, die in so manchen Momenten – gerade in den blutigeren -an Jeff Wadlow’s Kick-Ass 2 erinnern. Auch beim Gewaltgrad geht man hier ähnliche Wege. Abgetrennte Körperteile und dargestellte Innereien gehören genauso zum Splatterkosmos eines Deadpool wie dessen regelmäßig zur schau gestellten Verstümmelungen, die vielleicht einmal zu oft zu sehen sind. Zuviel vorgenommen hat man sich auch bei den Actionszenen, die zwar insgesamt recht anschaulich gerieten, hin und wieder aber unter schlechtem CGI leiden. Hier wäre, anders als bei der zum Großteil punktgenau besetzten Schauspielerriege, weniger gleich mehr gewesen.

Das Ryan Reynolds in seiner Paraderolle brilliert war zu erwarten. Umso erfreulicher ist es also, dass auch der Rest des Casts ordentliche Leistungen abliefert. Hervorzuheben gilt es dabei Josh Brolin als Cable, der derzeit noch am anderen Ende des Lizenz-Universums als Oberbösewicht Thanos den Avengers einheizt und hier eine völlig andere Rolle, ebenfalls überzeugend und mit der eigenen persönlichen Note, verkörpert. Einzig Julian Dennison als junger Mutant weiß nicht so richtig zu überzeugen und bleibt bis zum Ende des Films unsympathisch.

Seine wenigen Mängel weiß der Film mit gekonnter Inszenierung, absurdem Wahnwitz und auch der ein oder anderen – im Kontext einer mainstreamigen Comicverfilmung – recht mutigen Idee wett zu machen. Das freut nicht nur Fans des Vorgängers, sondern auch diejenigen, die den generischen und gleichförmigen Filmen des Marvel Cinematic Universe, respektive DC Extended Universe, überdrüssig geworden sind. Man könnte sogar noch einen Schritt weiter gehen und DEADPOOL 2, in all seiner inszenatorischen Konsequenz die eigene Ernstlosigkeit kontrastierend, als satirische Antithese auf die überbordende Fülle an Superhelden-Filmen sehen, die ein Publikum anspricht und vor allem auch unterhält, das sich von den Avengers dieser Welt längst abgewandt hat.

Oder man nimmt DEADPOOL 2 einfach als das, was es ist: Eine der besten Comicverfilmungen der letzten Jahre.

Kinostart: 17. Mai 2018.

Der aktuelle DEADPOOL 2 Trailer:

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